Lobbyismus - NeueZeit.at https://neuezeit.at/tag/lobbyismus/ Nachrichten, Analysen, Hintergründe Sun, 17 Dec 2023 22:12:33 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.5.3 https://neuezeit.at/wp-content/uploads/2022/07/cropped-NZ-Tab-Img-32x32.png Lobbyismus - NeueZeit.at https://neuezeit.at/tag/lobbyismus/ 32 32 116639545 Heimliche Gasgeschäfte: Energieriesen lobbyieren hinter verschlossenen Türen https://neuezeit.at/gas-konferenz-wien/ https://neuezeit.at/gas-konferenz-wien/#respond Tue, 28 Mar 2023 15:32:41 +0000 https://neuezeit.at/?p=18943 Bis 29. März findet in Wien das europaweit wichtigste Treffen der globalen Gas-Elite statt: Die Gas-Konferenz. Hinter verschlossenen Türen treffen sich auf Einladung der OMV Energiebosse, Investoren und Politiker:innen aus aller Welt. Die Teilnahmegebühr beträgt saftige 5.000 Euro. Journalist:innen haben keinen Zutritt. Über die Köpfe der Bevölkerung hinweg wird drei Tage diskutiert, wie auch in […]

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Bis 29. März findet in Wien das europaweit wichtigste Treffen der globalen Gas-Elite statt: Die Gas-Konferenz. Hinter verschlossenen Türen treffen sich auf Einladung der OMV Energiebosse, Investoren und Politiker:innen aus aller Welt. Die Teilnahmegebühr beträgt saftige 5.000 Euro. Journalist:innen haben keinen Zutritt. Über die Köpfe der Bevölkerung hinweg wird drei Tage diskutiert, wie auch in Zukunft mit Öl und Gas Gewinne eingefahren werden können.

Von 27. bis 29. März findet in Wien die europäische Gaskonferenz statt. Bei dieser Veranstaltung treffen sich einflussreiche Menschen aus der Energie- und Gas-Industrie. Aber auch Vertreter von Banken, Investoren wie der amerikanische Vermögensverwalter Blackrock und Vertreter aus der Politik sind anwesend. Von der EU-Kommission über das deutsche Kanzleramt bis zum österreichischen Energieministerium.

Finanzkonzerne wollen bei der Gas-Konferenz in Wien Gewinne absichern

Die Gaskonferenz wird vom „Energy Council“ ausgetragen. Das ist ein weltweiter Verband von Energieunternehmen, hauptsächlich Öl- und Gaskonzernen. Ihnen geht es darum, auch in Zukunft mit Öl und Gas Gewinne einzufahren. Dazu brauchen sie aber Geld von Investoren. Auf der Homepage des Energy Council heißt es:

Unser Mitgliedsnetzwerk verbindet leitende Führungskräfte im Energiesektor mit Finanz- und Investmentexperten, um den Zugang zu Kapital zu ermöglichen und Geschäfte zu erleichtern.

Man könnte die Gaskonferenz auch als Lobby-Treffen der globalen Öl- und Gasindustrie bezeichnen. Denn es finden auch Treffen zwischen Politiker:innen und Vertreter:innen von Energiekonzernen statt. Neben internationalen Politikern ist das österreichische Energieministerium ebenso vertreten wie das Wirtschaftsministerium, das Finanzministerium und die Wirtschaftskammer. Wer genau aus den österreichischen Ministerien an der Gaskonferenz teilnimmt, ist nicht bekannt. Man weiß nur, dass der stellvertretende Generaldirektor für Energie der europäischen Kommission Matthäus Baldwin an der Konferenz teilnehmen wird.

Gas-Konferenz in Wien für Global 2000 “völlig aus der Zeit gefallen”

Die Gaskonferenz wird von heftigen Protesten begleitet. Doch auch viele Expert:innen und NGOs kritisieren die Veranstaltung. Zum Beispiel Johannes Wahlmüller, Klima- und Energiesprecher von Global 2000: Statt die Klimakrise durch den Ausbau der Gasinfrastruktur noch mehr anzuheizen, fordert Wahlmüller, den Ausbau erneuerbarer Energien voranzutreiben. Für Global 2000 ist die Wiener Gas-Konferenz „völlig aus der Zeit gefallen und völlig deplatziert“.

Doch worüber wird hier überhaupt verhandelt? Es geht um die zukünftige Energieversorgung Europas: Die EU hat ein Interesse daran, ihre Abhängigkeit von Gaskonzernen aus Russland zu verringern. Sie will allerdings nicht komplett aus Öl und Gas aussteigen. Stattdessen will sie in Zukunft Gas von vielen verschiedenen Lieferanten kaufen, um das Ausfallrisiko zu minimieren. Österreich zum Beispiel erhielt vor dem Ukraine-Krieg bis zu 80 Prozent seiner Gasversorgung aus Russland und war damit extrem abhängig von einem einzigen Land.

Energiekrise: Soll umstrittenes Fracking die Lösung sein?

Eine Alternative zu russischem Gas, die auf der Gaskonferenz Thema ist, ist Flüssiggas. Das wird mit großen Tankschiffen zum Beispiel aus den USA nach Europa verfrachtet. Dafür braucht es eigene Anlagen zum Entladen der Tankschiffe, die an ein Gasnetz angeschlossen sind, sogenannte LNG-Terminals.

Um neue LNG-Terminals und andere Infrastruktur zu bauen, braucht es Investitionen. Hier kommen dann die Banken und Finanzkonzerne ins Spiel. Sie erhoffen sich aus den Investitionen hohe Profite. Der Bau dieser LNG-Terminals zahlt sich aber nur aus, wenn sie über viele Jahre genutzt werden. Die Herstellung und der Transport von Flüssiggas braucht enorm viel Energie. Es ist daher sehr viel umweltschädlicher als Gas, das über Pipelines geliefert wird. 

Bisher gibt es nur wenige solcher LNG-Terminals. Denn bis vor Kurzem war Flüssiggas wegen der umstrittenen Fördermethode, dem Fracking, in Europa verpönt. Mittlerweile sieht die Sache aber anders aus.

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8 von 10 Finanzberatern der EU kommen von Banken, Versicherungen und Co. https://neuezeit.at/lobbying_klimaschutz_banken_beispiele/ https://neuezeit.at/lobbying_klimaschutz_banken_beispiele/#respond Fri, 09 Oct 2020 10:38:47 +0000 https://neuezeit.at/?p=3184 Unternehmen beeinflussen durch Lobbying die Politik in der EU und einzelnen Nationalstaaten. Mit fragwürdigen Methoden und viel Geld. Die Neue Zeit hat sich ein paar besonders drastische Beispiele angesehen. Lobbying wird immer professioneller und geschieht meist auf EU-Ebene. Denn dort werden die großen Vorgaben getroffen, die dann in den Mitgliedsstaaten umgesetzt werden. Aber natürlich bemühen […]

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Unternehmen beeinflussen durch Lobbying die Politik in der EU und einzelnen Nationalstaaten. Mit fragwürdigen Methoden und viel Geld. Die Neue Zeit hat sich ein paar besonders drastische Beispiele angesehen.

Lobbying wird immer professioneller und geschieht meist auf EU-Ebene. Denn dort werden die großen Vorgaben getroffen, die dann in den Mitgliedsstaaten umgesetzt werden. Aber natürlich bemühen sich Unternehmen auch in Österreich um wohlwollende Politik.

Uniqua: durch die Drehtür ins Finanzministerium

Aus Sicht einer österreichischen Versicherung ist es zum Beispiel wichtig, gute Lobbyistinnen und Lobbyisten aufs Finanzministerium und die zuständigen Politikerinnen und Politiker anzusetzen. Im Idealfall will sie einen guten Draht zur Ministerin oder zum Minister. Noch ein bisschen besser ist es in Österreich für die Uniqua-Versicherung gelaufen. Hartwig Löger wechselte 2017 direkt vom Vorstand der Uniqua für die ÖVP ins Finanzministerium. “Revolving door” oder “Drehtür-Effekt” nennt man diesen unmittelbaren Wechsel zwischen Wirtschaft und Politik. In Österreich ist das völlig legal.

Versicherungen verzocken Pensionen

Als frisch gebackener Finanzminister erklärte Löger alsbald eines seiner großen Ziele. Er wollte die private Pensionsvorsorge ausbauen und dafür die staatlichen Pensionen zurückdrängen. Für Versicherungen wie die Uniqua ist das ein Riesen-Geschäft. Aber für die Bürgerinnen und Bürger? Allein 2018 haben private Pensionsversicherungen eine Milliarde an Pensionsgeldern der Österreicherinnen und Österreicher verspekuliert. Spitzenreiter waren Raiffeisen und ausgerechnet die Uniqua mit der Valida Pensionsversicherung. Sie verzockten über 399 Millionen Euro Pensionsrücklagen.

Telekom-Regulator wurde Vodafone-Lobbyist

Das Ganze funktioniert natürlich auch umgekehrt. Dabei sind ehemalige hochrangige Beamte fast noch hilfreicher als Politikerinnen und Politiker. Denn sie kennen das Innenleben der Behörden in- und auswendig. Im Jahr 2018 wechselte ein gewisser Reinald Krueger ins Lobbying des Mobilfunkanbieters Vodafone. Krueger war zuvor 10 Jahre lang Leiter der EU-Regulationsbehörde für Telekommunikation. Also der Aufsichtsbehörde, mit der Vodafone immer wieder Konflikte hat. Ein Schelm, wer Böses denkt.

Wolfgang Schüssel und der Atomstrom

Im Zuge der Klimakrise will die EU den Energiesektor stärker reglementieren. Dagegen wehren sich die Konzerne vehement. Die Branche hat auch ein Dauer-Aufreger-Thema: Atomstrom. Umso engagierter ist das Lobbying der Energiekonzerne in Brüssel und den Nationalstaaten – inklusive dem Bemühen um Seitenwechslerinnen und Seitenwechsler zwischen Politk oder Verwaltung und Lobbying. Und wieder ist ein Österreicher am Start: Der ehemalige ÖVP-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel verfügt über ausgezeichnete Kontakte in der EU. Er galt sogar als möglicher EU-Kommissionspräsident. Daraus wurde nichts. Stattdessen sitzt er im Aufsichtsrat des deutschen Energieriesen RWE und macht sich für seine Interessen stark. RWE macht aktuell durch die Rodung des Hambacher Forsts auf sich aufmerksam. Der Konzern betreibt Kohle- und Atomkraftwerke und zeichnet sich durch einen besonders geringen Anteil erneuerbarer Energien aus.

Lobbying gegen Klimaschutz

Im Bereich Klimaschutz zeigen sich die schädlichen Auswirkungen von Lobbying derzeit am deutlichsten. Für zahlreiche Konzerne stehen Unsummen auf dem Spiel. Dementsprechend beschäftigen sie eine ganze Armada an Lobbyistinnen und Lobbyisten. Sie steigen in Brüssel beim Klimaschutz auf die Bremse. Damit das gelingt, versucht kaum mehr ein Unternehmen, den vom Menschen gemachten Klima-Wandel zu leugnen. Die neue Strategie heißt Aufschieben von Maßnahmen und CO2 „neutralisieren“. Also weiter ungebremst CO2 ausstoßen und dafür Bäume pflanzen. Um Klimaschutz-Vorhaben aufzuschieben, wird gern auf die „internationalen Märkte“ verwiesen. Also kurz: “Klimaschutz ja. Aber erst, wenn es alle machen. Sonst haben wir in der EU Wettbewerbsnachteile.” Dafür wird auf allen Ebenen lobbyiert. Allein die Gasindustrie ließ sich beispielsweise ihr EU-Lobbying 2016 über 100 Millionen Euro kosten. Mehr als 1.000 Personen waren dafür beschäftigt.

Bankenkrise: Die Finanzlobby in Aktion

Vorbild dafür ist wohl auch der Bankensektor. Im Zuge der letzten Wirtschaftskrise standen mehrere der großen europäischen Banken kurz vor dem Konkurs. Die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler mussten sie retten. „Too big to fail“ hieß es damals. Das bedeutet: Die marktbeherrschenden Banken sind so groß, dass ihr Konkurs die gesamte europäische Wirtschaft mitreißen würde. Zumindest befürchtete man das. Deshalb sollten Banken reguliert und zu große Bankenfusionen in Zukunft verhindert werden. Bei den Instituten herrschte Alarmstimmung: Eine Armee von 1.700 Lobbyistinnen und Lobbyisten mit einem Jahresbudget von 120 Millionen Euro wurde nach Brüssel geschickt.

Meinung um 180 Grad gedreht

Mit Erfolg: Sie konnten die Meinung der EU-Verantwortlichen um 180 Grad drehen. Zunächst war die Rede davon, Banken müssten kleiner werden. Die Pleite einer einzelnen sollte nicht mehr die Wirtschaft ganzer Staaten oder Wirtschaftsräume gefährden. Nach konsequentem Lobbying der Großbanken beschloss die EU schließlich das genaue Gegenteil. Europa sei „overbanked“ mit zu vielen kleinen Banken, Großbanken sollten gestärkt werden. Deshalb sind die Rahmenbedingungen für Großbanken heute deutlich besser als je zuvor.

Und daran wird sich in absehbarer Zeit wohl nichts ändern. Denn 80% der Beraterinnen und Berater der EU zu Finanzfragen stammen aus der Finanzindustrie.

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Lobbyismus: Wie Wirtschaft und Reiche die Demokratie aushebeln https://neuezeit.at/lobbyismus-einfach-erklaert/ https://neuezeit.at/lobbyismus-einfach-erklaert/#respond Wed, 07 Oct 2020 05:05:58 +0000 https://neuezeit.at/?p=3053 Unter Lobbying verstehen die meisten von uns klassische Freunderlwirtschaft und Korruption. Dabei macht das nur einen kleinen – illegalen – Teil des Lobbyismus aus. In Wirklichkeit ist Lobbying meist unspektakulär und legal. Aber umso gefährlicher für die Demokratie.  Wenn wir „Lobbying“, oder seltener „Public Affairs“, hören, denken wir an teuer gekleidete Männer. Bei zwielichtigen Treffen […]

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Unter Lobbying verstehen die meisten von uns klassische Freunderlwirtschaft und Korruption. Dabei macht das nur einen kleinen – illegalen – Teil des Lobbyismus aus. In Wirklichkeit ist Lobbying meist unspektakulär und legal. Aber umso gefährlicher für die Demokratie. 

Wenn wir „Lobbying“, oder seltener „Public Affairs“, hören, denken wir an teuer gekleidete Männer. Bei zwielichtigen Treffen übergeben sie Kuverts an Politiker und kaufen so Gesetze. Das kommt durchaus vor und nennt sich Korruption. Natürlich passiert Bestechung im Rahmen von Lobbying – oder stattdessen. Sie ist allerdings nur die Spitze des Eisbergs. Ein Großteil der Einflussnahme auf österreichische und europäische Politik ist ein legal, aber nicht minder gefährlich.

Lobbying tarnt sich als Service

Lobbyisten treten meist nicht als “Beeinflusser” auf. Sie bieten europäischen oder nationalen Abgeordneten, Ministerinnen und Ministern, Kommissarinnen und Kommissaren Unterstützung an. Beispielsweise gut aufbereitete Informationen zu Themen, die ihren Auftraggebern wichtig sind – natürlich aus deren Sicht. Diese stellen sie dann den verantwortlichen (und gewinnbaren) Politikerinnen und Politikern, ihrem Team oder Beamtinnen und Beamten zur Verfügung. Die und ihre Büros greifen gern darauf zurück, denn dadurch sparen sie wertvolle Zeit. Häufig bieten Lobbyistinnen und Lobbyisten auch Hintergrundgespräche oder sonstige Unterstützung durch  Expertinnen und Experten an. Vordergründig natürlich absolut sachlich. Bei genauerer Betrachtung allerdings … .

So gelingt es ihnen, dass Politik und Verwaltung Themen aus ihrer Perspektive, bzw. der ihrer AuftraggeberInnen sehen. Von da weg ist es nur noch ein kleiner Schritt, bis auch entsprechende Gesetze und Verordnungen entstehen.

Wer Gesetze schreibt, ist besonders gefragt

PolitikerInnen – vor allem Parlamentarierinnen und Parlamentarier – haben  aus der Sicht des Lobbyismus allerdings einen Haken: Sie wollen gewählt werden. Das macht sie für allerlei andere Einflüsse empfänglich. Beispielsweise die öffentliche Meinung, die ihrer Wählerinnen und Wähler oder Parteien. Aus Sicht der Lobbyistinnen und Lobbyisten macht sie das unberechenbar. Deshalb setzen sie gern anderswo an: bei der Verwaltung. Die Beamtinnen und Beamten dort müssen nicht gewählt werden. Sie unterliegen auch sonst weniger Einflüssen, die das Lobbying erschweren. Vor allem bereiten sie Gesetzesvorhaben vor und schreiben die Gesetze tatsächlich. Dabei sind sie auch für die Details zuständig, während es in der politischen Debatte eher um Überschriften geht. Und oft kann das richtige Detail ein Gesetz unter der falschen Überschrift drehen. Auf jeden Fall aber hat die Person, die ein Gesetz oder eine Regulierung schreibt auch viel Einfluss darauf.

Thinktanks: Trojanische Pferde des Lobbyings

Um ihre Sichtweise – oder die ihrer Auftraggeberinnen und Auftraggeber – als “die Wahrheit” darzustellen, nutzen Lobbyistinnen und Lobbyisten gern einen Trick: sie gründen vermeintlich unabhängige „Thinktanks“. Die schauen nach außen hin wie saubere Forschungseinrichtungen aus. Bei genauer Betrachtung sind sie aber trojanische Pferde: Sie sollen dem Standpunkt ihrer AuftraggeberInnen einen „wissenschaftlichen“, „objektiven“ Anstrich geben. Das Interesse der Wirtschaft wird da plötzlich zur vermeintlich objektiven Tatsache.

Drehtüreffekt: Politiker als Lobbyisten und umgekehrt

Lobbyistinnen und Lobbyisten können entweder direkt für Unternehmen und Interessensvertretungen arbeiten, oder für eigene Lobbying-Agenturen. Häufig sind sie Ex-PolitikerInnen und Politiker, oder Menschen, die zuvor für Politik und in Behörden gearbeitet haben. Sie haben einen entscheidenden Vorteil: Sie kennen viele der Leute, die sie beeinflussen wollen, persönlich. Häufig sind sie sogar befreundet, oder schulden sich gegenseitig Gefallen.

Das Spiel funktioniert natürlich auch in die andere Richtung: Ehemalige hochrangige Manager landen nicht selten als „Quereinsteiger“ in der Politik. Das Ganze nennt man dann “Drehtürprinzip” oder “Revolving-doors”. Das ist vor allem dann ein Problem, wenn Leute direkt zwischen Politik, Verwaltung und Lobbying wechseln.

Schlanker Staat hilft Lobbyisten

Dabei haben Lobbyistinnen und Lobbyisten vor allem in der EU einen Trumpf auf ihrer Seite: Die Verwaltung der EU hat zu wenig Geld und Personal. Auch wenn wir immer hören, wie teuer die EU sei, sprechen die Zahlen eine andere Sprache. Der gesamte Verwaltungsapparat der EU ist kleiner, als der vieler Mitgliedstaaten.

Die Folge ist Zeitmangel und da “helfen” Lobbyistinnen und Lobbyisten mit entsprechenden Unterlagen und Informationen. Natürlich solche, die die Sichtweise ihrer Unternehmen oder AuftraggeberInnen untermauern. Für die EU-Kommission arbeiten insgesamt knapp 34.000 Menschen. Ihnen stehen schätzungsweise 25.000 Lobbyistinnen und Lobbyisten mit einem Budget von 1,5 Milliarden gegenüber.

Lobbyismus untergräbt Demokratie

Dabei kommen in Brüssel laut EU-Transparenzregister auf zwei Interessensvertretungen für Arbeitnehmerinnen 100 der Wirtschaft. Anders formuliert: Wenige Menschen mit viel Geld haben eine 50 Mal stärkere Stimme, als viele Menschen mit wenig Geld.

So untergräbt Lobbying das demokratische System, in dem gilt: Jede Stimme ist gleich viel wert. Der Wechsel vom Zensuswahlrecht – also Stimmrecht nur für Wohlhabende – zum modernen allgemeinen Wahlrecht ist eine historische Errungenschaft. Lobbying rüttelt daran. Es ist wie ein Verstärker der Reichen, der dafür sorgt, dass ihre Stimme wieder mehr wert ist.

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