Österreich

Wir sollen länger arbeiten: ÖVP & Grüne wollen geblockte Altersteilzeit abschaffen

ÖVP und Grüne wollen die sogenannte „geblockte Altersteilzeit“ abschaffen. Bisher nutzen das Modell viele ältere Beschäftigte, um etwas früher in Pension gehen zu können. Diese Möglichkeit will die Regierung ab 2024 stufenweise abdrehen. Gewerkschaft und Arbeiterkammer sprechen von einem „Anschlag auf ältere Arbeitnehmer“.

Türkis-Grün will ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer länger in Beschäftigung halten und so dem Arbeitskräftemangel entgegenwirken. Das Mittel dazu, das die Regierung auf ihrer Klausur in Mauerbach präsentiert hat, ist allerdings heftig umstritten: ÖVP und Grüne wollen die sogenannte „geblockte Altersteilzeit“ abschaffen.

Derzeit haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ab fünf Jahren vor Pensionsantritt die Möglichkeit, in Altersteilzeit zu gehen. Frauen können das also ab 55 Jahren, Männer ab 60 Jahren in Anspruch nehmen.

Die Altersteilzeit ermöglicht, die Arbeitszeit um 40 bis 60 Prozent zu reduzieren. Ein Teil des Lohnverlusts wird durch das „Altersteilzeitgeld“ ausgeglichen. Bei 40 Prozent weniger Arbeitszeit bleiben so immer noch 80 Prozent des bisherigen Einkommens. Ein weiterer Vorteil des Modells: Es gehen keine Pensionsansprüche verloren.

Türkis-Grün will „geblockte Altersteilzeit“ in Österreich ab 2024 abschaffen

Derzeit kann die Altersteilzeit noch blockweise konsumiert werden. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können mit ihrem Unternehmen vereinbaren, dass sie trotz Altersteilzeit eine bestimmte Zeit noch voll weiterarbeiten – und dann dafür ganz aufhören. In dieser „Freizeitphase“ sind die Beschäftigten dann zwar noch beim Unternehmen angestellt, müssen aber nicht mehr in die Arbeit kommen. In der Praxis kommt das also einem frühzeitigen Pensionsantritt gleich.

Und genau diese Möglichkeit will Türkis-Grün nun stufenweise abschaffen. Das Anspruchsalter soll ab 2024 um jeweils sechs Monate pro Jahr angehoben werden, bis die Möglichkeit zur geblockten Altersteilzeit dann voll ausläuft.

Begründung von Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP): Das Modell sei nicht mehr zeitgemäß und wirke sich negativ auf den Arbeitsmarkt aus. Zudem soll die Abschaffung den Arbeitskräftemangel abfedern.

Gewerkschaft: „Anschlag auf ältere Arbeitnehmer“

Arbeitnehmer-Vertreter kritisieren das türkis-grüne Vorhaben scharf. Ingrid Reischl, leitende Sekretärin beim ÖGB, spricht sogar von einem „Anschlag der Regierung auf ältere ArbeitnehmerInnen“. Die geblockte Altersteilzeit sei besonders wichtig gewesen für Beschäftigte in psychisch und körperlich belastenden Jobs. Jetzt würde älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen als einzige Alternative nur mehr die Invaliditätspension übrig bleiben.

ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian kritisiert die geplante Maßnahme auf Twitter: „Menschen länger im Berufsleben zu halten, wird nicht funktionieren, indem man ihnen die geblockte Altersteilzeit verwehrt. Es funktioniert mit fairen Arbeitsbedingungen und besserer Bezahlung.“

Auch die Arbeiterkammer ist gegen die Abschaffung. „Viele ältere Beschäftige schleppen sich jetzt schon gerade noch irgendwie zur Pension“, sagt AK OÖ Präsident Andreas Stangl. „Und nun legt ihnen die Bundesregierung ein weiteres Mal Steine in den Weg.“

Die NEOS hingegen begrüßen die Maßnahme. Denn die Unternehmen würden derzeit mit Steuergeld dafür bezahlt werden, dass sie ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter früher in Pension schicken.

2022 waren im Schnit 36.000 Menschen in Altersteilzeit

Im Vorjahr waren rund 36.000 Menschen pro Monat in Altersteizeit. Etwa 8.500 davon nutzten das geblockte Modell. Von Jänner bis September 2022 kostete die Altersteizeit 390 Millionen Euro. Rund 68 Millionen davon entfielen auf die Block-Variante.

Kritik am Regierungsvorhaben kommt auch von Expertinnen. Christine Mayrhuber vom Wirtschaftsforschungsinstitut findet den Ansatz, den Arbeitskräftemangel über ältere Beschäftigte abzufedern, grundsätzlich sinnvoll. Die Abschaffung der geblockten Altersteilzeit sei aber kein geeigneter Beitrag dazu, sagt die Expertin im Ö1-Interview. Um älteren Beschäftigten längeres Arbeiten schmackhaft zu machen, fordert Mayrhuber stattdessen bessere Arbeitsbedingungen – das inkludiere auch Wertschätzung und Anerkennung von älteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

NeueZeit Redaktion

Ähnliche Artikel

  • Oberösterreich

FAQ zum neuen Hundehaltegesetz in OÖ: So bist du mit deinem Vierbeiner im legalen Bereich

Am 1. Dezember 2024 tritt in Oberösterreich das neue Hundehaltegesetz in Kraft. Initiiert hat es…

21. November 2024
  • Politik

VW in der Krise: 30.000 von 120.000 Mitarbeiter:innen bangen um ihre Jobs

30.000 Jobs beim deutschen Automobilhersteller VW wackeln. Außerdem soll die Belegschaft von Volkswagen auf 10…

21. November 2024
  • Steiermark

B70 neu: Warum sich die steirische SPÖ zum Ausbau der Landesstraße bekennt

Der steirische Bezirk Voitsberg kämpft mit Verkehr, Lärm und Feinstaub – der Ausbau der Landesstraße…

18. November 2024
  • Wirtschaft

Frechheit! René Benko residiert in Privatvilla, während 1.350 Kika/Leiner-Mitarbeiter Jobs verlieren

Die Möbelkette Kika/Leiner ist pleite. Schon wieder, denn das Sanierungsverfahren ist gescheitert. Bereits 2023 musste…

18. November 2024
  • Allgemein

Novomatic AG und Admiral Casinos & Entertainment AG begehren die Veröffentlichung folgender GEGENDARSTELLUNGEN

Gegendarstellung namens der Novomatic AG   „Gegendarstellung:  Sie halten auf der Website (§ 1 Abs 1…

15. November 2024
  • Oberösterreich

Musik, Sport, Politik: Hier sind fünf berühmte Oberösterreicher, die jeder kennen sollte

Von der Musik über den Sport bis hin zur Politik: Oberösterreich hat viele Talente und…

15. November 2024