Österreich

Ex ÖVP-Politiker Khol rät Parteikollegen: „SMS jeden Tag löschen“ & „Rechtsstaat ertragen“

Diesmal sind es keine geheimen Chats, sondern ein öffentliches Interview des Ex-ÖVP-Politikers Andreas Khol, das Einblick in das Weltbild der Türkisen gibt. Khol rät jungen Politikern, SMS „jeden Tag“ zu löschen. Und Politiker seien in Wahrheit arm dran: „Ohne Brotberuf wird man als Politiker schnell zum Sozialfall.“

Der ehemalige ÖVP-Klubchef und Nationalratspräsident Andreas Khol nimmt in einem Kurier-Interview ausführlich Stellung zu den aktuellen Ermittlungen gegen Kanzler Kurz und Co – und gibt dabei seinen Parteifreunden absurde Tipps. Der Bundeskanzler etwa müsse den „Rechtsstaat ertragen“ und jungen Nachwuchs-Politikern rät Khol: „SMS jeden Tag löschen, heikle Gespräche im Festnetz führen“.

Andreas Khol im Kurier-Interview: Blümel muss Gesetze nicht wissen

Andreas Khol war unter anderem ÖVP-Nationalratspräsident. // Bild: Wikimedia/Gryffindor (CC BY-SA 3.0)

Andreas Kohl war 23 Jahre lang Parlamentsabgeordneter für die ÖVP, vier Jahre davon als Präsident des Nationalrates. Bei der letzten Bundespräsidentschaftswahl 2016 trat er für die ÖVP an. Allerdings mit mäßigem Erfolg: Mit 11,12% belegte er Platz 5 von 6, nur Richard Lugner erhielt noch weniger Stimmen als Khol.

Das hält den eingefleischten ÖVPler nicht davon ab, sich immer wieder politisch zu Wort zu melden. Ein Interview in der Tageszeitung „Kurier“ sorgt jetzt für viel Aufregung.

Darin verteidigt Khol etwa Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP), als der sich anfangs weigerte, Akten an den Untersuchungs-Ausschuss auszuliefern. Erst nach der drohenden Exekution durch den Verfassungsgerichtshof lenkte Blümel ein. Ex-ÖVP-Politiker Khol nimmt seinen Parteifreund in Schutz: Er hätte nicht wissen können, dass er die Akten sofort ausliefern muss, denn „Blümel ist Master of Business Administration, er musste es nicht wissen“.

Die Regeln eines Untersuchungs-Ausschusses sind seit Jahren unverändert – und wohl auch dem amtierenden Finanzminister bewusst. Ein U-Ausschuss darf Unterlagen von allen Organen des Bundes, der Länder und der Gemeinden anfordern. Und die Organe müssen auch liefern.

Das Khol´sche „Grundgesetz: SMS jeden Tag löschen“

Das trifft auch auf E-Mails oder Chat-Protokolle zu, wenn sie für den Untersuchungsgegenstand wichtig sind. Auch dazu hat Andreas Khol einen Tipp parat. Jungen Nachwuchs-Politikern rät er:

„Es gibt ein Grundgesetz: SMS jeden Tag löschen, heikle Gespräche im Festnetz führen. Man muss die Regeln des Spiels kennen.“

Das, was ÖVPler Khol als Spiel bezeichnet, hat in den letzten Wochen viele Menschen verärgert. In den ÖVP-Chats wurde etwa bekannt, dass sich Thomas Schmid mit Hilfe von Kurz und Blümel selbst an die Spitze der staatlichen Beteiligungsgesellschaft ÖBAB hievte. Ein Posten, der mit einem Jahresgehalt bis zu 610.000 Euro aus Steuergeld dotiert ist.

Großbritannien diskutiert Lösch-Verbot für Regierungsmitglieder

Während Khol österreichischen Politikerinnen und Politikern das Löschen ihrer Nachrichten rät, will man in Großbritannien einen ganz anderen Weg einschlagen. Dort diskutiert die Politik derzeit über einen Gesetzesvorschlag, der Regierungsmitgliedern das Löschen von Chats ausdrücklich verbietet, wenn es darin um wichtige politische Entscheidungen geht.

Die Idee hinter dem Vorstoß: Parlamentarische Untersuchungen über die Corona-Politik der britischen Regierung sollen auch im Nachhinein transparent sein. Nur so könne man in dieser „nationalen Notlage“ Entscheidungen prüfen und aus Fehlern lernen. Die Initiatoren berufen sich auf das Recht auf Informationsfreiheit – das gilt auch in Österreich.

Khol rät Kurz, den Rechtsstaat zu „ertragen“

Die aktuellen Ermittlungen gegen Bundeskanzler Sebastian Kurz bezeichnet Khol als „Lern- und Reifeprozess, den er jetzt einfach durchstehen muss“. Sein Ratschlag an Kurz: „Weitermachen, Regieren, das Notwendige tun und den Rechtsstaat ertragen.“

Politiker, die die unabhängige Justiz „ertragen“ und das „Spiel“ kennen müssen – Khol zeichnet in seinem Interview ein völlig verdrehtes Bild, in dem Politiker die eigentlich armen im politischen System sind.

„Politiker ist ein sehr unsicherer Beruf geworden“, sagt Kohl. „Ich bedauere, dass es kaum mehr Ärzte, Richter, Rechtsanwälte oder Spitzenbeamte im Parlament gibt, weil das Risiko zu groß ist. Ohne Brotberuf wird man als Politiker sehr schnell zum Sozialfall.“

Es gibt im Parlament übrigens auch kaum Arbeiterinnen und Arbeiter. Und vom Gehalt eines Nationalratsabgeordneten – 9.228 Euro brutto pro Monat – können viele nur träumen.

NeueZeit Redaktion

Ähnliche Artikel

  • Niederösterreich

Exklusiv-News aus Niederösterreich: „Freibad-Eintritts-Preise werden 2026 zwischen 15 und 20 Prozent erhöht“

Nächste Saison werden unzählige Freibäder in Niederösterreich ihre Preise drastisch erhöhen müssen - um 15-20…

18. August 2025
  • Oberösterreich

Klimasünder Elon Musk: Sein Privatjet stößt pro Jahr doppelt so viel CO₂ aus, wie die Stadt Steyr in 5 Jahren

E-Bus statt Privatjet: Seit Anfang Mai düsen neue, nachhaltige E-Busse durch Steyr. In den nächsten…

18. August 2025
  • Kärnten

1 Milliarde Euro Fördergeld für Kärnten von der EU: Das ermöglichte 11.051 heimische Projekte

Von 2014 bis 2020 bekam Kärnten knapp 1 Milliarde Euro an EU-Förderungen. Damit konnte das…

18. August 2025
  • Allgemein

Werft Korneuburg: SPÖ pocht auf 78.000m² Naherholungs-Gebiet auf Halbinsel

Werft Korneuburg: Menschen sitzen am Ufer, die Füße im Wasser, Kinder lassen kleine Boote treiben,…

13. August 2025
  • Niederösterreich

9,6 Milliarden Euro: Schulden von Niederösterreich so hoch wie noch nie

 Wenn man die Bundeshauptstadt Wien ausklammert und alle übrigen acht Bundesländer vergleicht, hat Niederösterreich den…

7. August 2025
  • Gesellschaft

Michael Schwarzlmüller: Zu Besuch beim Cowboy der Kalkalpen

Reichraming: Als Kind liest Michael Schwarzlmüller Karl May-Romane und schaut Westernfilme. Als Erwachsener bietet er…

6. August 2025