Die Arbeitslosigkeit in Oberösterreich explodiert, besonders betroffen sind Langzeitarbeitslose: Mehr als 13.000 Menschen suchen seit über einem Jahr einen neuen Job – das ist ein Anstieg um 56%. Aber es gibt viel zu wenig Arbeit. Auf neun Jobsuchende kommt nur eine freie Stelle. Während die Bundesregierung ratlos wirkt, kommt aus Oberösterreich jetzt ein konkreter Vorschlag: Soziallandesrätin Birgit Gerstorfer will in den Gemeinden 1.000 neue Jobs für Langzeitarbeitslose über 50 schaffen.
Das Arbeitsmarktservice (AMS) hat die aktuellen Zahlen zur Job-Krise präsentiert – es sind keine guten Nachrichten. 535.000 Menschen sind in Österreich derzeit auf Jobsuche, um 27% mehr als im selben Zeitraum des Vorjahres. In Oberösterreich sind 62.600 Personen arbeitslos oder in Schulungen. Die Alarmglocken schrillen vor allem bei jener Gruppe, die es am Arbeitsmarkt ohnehin am schwersten hat: Die Zahl der langzeitarbeitslosen Menschen explodiert.
13.083 Oberösterreicherinnen und Oberösterreich suchen seit mehr als einem Jahr Arbeit – das ist ein Anstieg von 56% bei den sogenannten Langzeitarbeitslosen. Das wird sich wohl so schnell auch nicht ändern: Auf neun Jobsuchende kommt nur eine freie Stelle. Von der türkis-grünen Bundesregierung kommt keine Hilfe. Kanzler Sebastian Kurz schweigt zu drohenden Kündigungswellen wie jener beim MAN-Werk in Steyr und der neue Arbeitsminister Martin Kocher will das Arbeitslosengeld sogar kürzen. Während die Regierung ratlos wirkt, kommt jetzt ein Vorschlag aus Oberösterreich. SPÖ-Soziallandesrätin Birgit Gerstorfer will 1.000 neue Jobs für ältere Arbeitslose schaffen. Sie sollen Aufgaben in den Gemeinden übernehmen.
„Auf der einen Seite gibt es Menschen, die eine Arbeit suchen und auf der anderen Seite gibt es viele notwendige Tätigkeiten direkt in den Gemeinden“, sagt Landesrätin Gerstorfer. Sie schlägt eine „Joboffensive 50 Plus“ vor: Langzeit-Jobsuchende über 50 sollen dringend benötigte Aufgaben in den Gemeinden übernehmen, etwa in Kindergärten oder Pflegeeinrichtungen, die in der Corona-Krise verstärkt Personal brauchen. Auch sogenannte Anti-Corona-Servicezentren sollen in allen Bezirken entstehen – bürgernahe Anlaufstellen für alles rund um Corona. Dort und direkt in den Gemeinden könnten so sofort 1.000 neue Jobs entstehen, sagt Gerstorfer. Land Oberösterreich und AMS sollen die Lohnkosten für ein Jahr übernehmen. Die Soziallandesrätin beziffert die Kosten für die 1.000 neuen Arbeitsplätze mit 25 Millionen Euro.
Neue Jobs zu schaffen ist sogar günstiger als für die Arbeitslosigkeit zu zahlen, sagen Experten der Arbeiterkammer. Denn die kostet dem Staat viel Geld: Darunter fallen nicht nur die Kosten für das Arbeitslosengeld, sondern auch der Entfall von Steuereinnahmen – Menschen ohne Job zahlen schließlich keine Einkommenssteuer und wohl auch weniger Mehrwertsteuer, weil ihnen weniger Geld für Einkauf und Konsum bleibt.
Neue Jobs für Langzeitarbeitslose haben auch noch einen anderen Effekt. Ältere Menschen, die lange auf Jobsuche sind, sind besonders armutsgefährdet. Das liegt am niedrigen Arbeitslosengeld – Jobsuchende bekommen nur 55% des letzten Netto-Lohns. Das durchschnittliche Arbeitslosengeld von 980€ pro Monat liegt unter der Schwelle für Armutsgefährdung (1.286€). Davon müssen Miete, Essen oder Ausgaben für die eigenen Kinder bezahlt werden. Es überrascht nicht, dass 70% der Langzeitarbeitslosen armutsgefährdet sind.
Oberösterreichs Soziallandesrätin Gerstorfer fordert schon seit Beginn der Krise eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf 70% des letzten Lohns. Das könne die Betroffenen aus der Armut holen. Auch die Bundes-SPÖ, Gewerkschaft und Arbeitsmarkt-Experten fordern die Erhöhung seit Langem. Schließlich können die Menschen nichts dafür, wenn sie wegen der Krise ihren Job verlieren und keinen neuen finden, so die Argumentation.
Im internationalen Vergleich hat Österreich jedenfalls Aufholbedarf. Länder wie Belgien (90%), Portugal (75%) oder Schweden (70%) zahlen deutlichen mehr Arbeitslosengeld. In Österreich scheitert eine Erhöhung bisher an Türkis-Grün.
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