Österreich

„Anstiftung zur Bestechung“ bei OÖ-Finanzamt: Justiz will gegen ÖVP-Klubchef Wöginger ermitteln

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) verdächtigt den amtierenden ÖVP-Klubobmann August Wöginger der „Anstiftung zum Amtsmissbrauch“. Wöginger soll interveniert haben, um den Chefposten eines Finanzamtes in Oberösterreich parteipolitisch zu besetzen. Vor offiziellen Ermittlungen müsste Wöginger als Abgeordneter vom Parlament ausgeliefert werden. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Nimmt das überhaupt kein Ende mehr? Der nächste hochrangige ÖVP-Politiker steht im Visier der Justiz: Klubobmann August Wöginger soll 2017 interveniert haben, um einen türkisen Bürgermeister einer kleinen oberösterreichischen Gemeinde zum neuen Leiter des Finanzamtes Braunau-Ried-Schärding zu machen. Den Besetzungswunsch soll Wöginger beim damaligen Generalsekretär im Finanzministerium, Thomas Schmid, deponiert haben. Das berichtet der „Standard“.

Der ÖVP-Bürgermeister bekam schlussendlich den Zuschlag und setzte sich gegen eine besser qualifizierte Bewerberin durch.

Vor Ermittlungen gegen August Wöginger muss Parlament Immunität aufheben

Die WKStA wertet das mutmaßliche Eingreifen von Wöginger als „Anstiftung zum Amtsmissbrauch“. Bevor die Staatsanwaltschaft offizielle Ermittlungen in der Causa aufnehmen kann, müsste ÖVP-Klubobmann August Wöginger aber vom Nationalrat ausgeliefert werden. Bis dahin genießt er wie alle anderen Abgeordneten „Immunität“. Ein entsprechendes Auslieferungs-Ansuchen hat die Staatsanwaltschaft bereits im Parlament eingebracht. Ob der Nationalrat zustimmt, ist noch unklar.

Nach Ex-Kanzler Sebastian Kurz und Ex-Finanzminister Gernot Blümel ist August Wöginger schon der dritte prominente ÖVP-Politiker, der ins Visier der Korruptionsermittler gerät.

Um diese Postenbesetzung geht es: Chefposten des Finanzamtes Braunau-Ried-Schärding

Um diese Postenbesetzung geht es: 2017 sucht das Finanzamt Braunau-Ried-Schärding im oberösterreichischen Innviertel einen neuen Chef oder eine neue Chefin. Als aussichtsreichste Kandidatin gilt lange Zeit Christa Scharf, eine langjährige leitende Beamtin des besagten Finanzamtes. Zur Zeit der Bewerbung leitete sie es sogar schon interimistisch.

Doch statt ihr kam ein Quereinsteiger zum Zug, der erst kurz zuvor von der Polizei ins Finanzamt gewechselt war. Seine vermeintlich größte Stärke: Er war ÖVP-Bürgermeister einer kleinen Gemeinde.

Das Bundesverwaltungsgericht urteilte dazu schon im Sommer 2021: Die Bestellung war diskriminierend, der eigentlich qualifizierteren Bewerberin Christa Scharf steht Schadenersatz zu (die NeueZeit hat berichtet). Für die Besetzung des Finanzamt-Chefpostens seien laut Gericht „sachfremde Gründe“ ausschlaggebend gewesen.

Außerdem thematisierte das Gericht die ÖVP-Nähe einzelner Mitglieder der Begutachtungskommission, die die Bewerberinnen und Bewerber entsprechend ihrer „Qualifikation“ reihte.

August Wöginger bestreitet die Vorwürfe

Die treibende Kraft im Hintergrund dieses Postenschachers soll ÖVP-Klubobmann August Wöginger gewesen sein. Das zumindest vermutet jetzt die WKStA.

Wöginger selbst bestreitet die Vorwürfe in einer ersten Stellungnahme. Er habe „zu keinem Zeitpunkt Einfluss auf die unabhängige Kommission, die entschieden hat, genommen“. Wöginger, für den die Unschuldsvermutung gilt, habe sich aber „natürlich gefreut“, dass für die Position jemand aus meiner Region zum Zug gekommen ist.“

Neben Wöginger verdächtigt die Staatsanwaltschaft auch ÖVP-Mann Thomas Schmid sowie vier der fünf Mitglieder der Begutachtungskommission. Gegen sie wird bereits ermittelt, weil für sie keine parlamentarische Immunität gilt.

Philipp Stadler

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