Der seit 22 Jahren amtierende ÖVP-Bürgermeister der niederösterreichischen Gemeinde Bad Erlach weigerte sich, einen Gemeinderat der SPÖ anzugeloben. Der Grund: Der Gemeinderats-Kandidat hatte den Bürgermeister vor vier Jahren in einem längst gelöschten Posting als „Beidl“ bezeichnet. Das war nicht der einzige Aufreger im Erlacher Gemeinderat: Die ÖVP drohte, den SPÖ-Ortschef mit der Polizei aus dem Saal zu werfen.
Montagabend waren nicht nur die Temperaturen in der niederösterreichischen Gemeinde Bad Erlach heiß. In der Gemeinderatssitzung kam es zu hitzigen Vorfällen, die noch ein rechtliches Nachspiel haben könnten.
Mit Lokalpolitiker Hannes Gmeiner sollte ein neuer SPÖ-Mandatar für den Gemeinderat angelobt werden. An sich ein Routine-Tagesordnungspunkt, schließlich ist es allen Parteien selbst überlassen, welche Vertreter sie in den Gemeinderat schicken. Aber ÖVP-Bürgermeister Johann Rädler verweigerte die Angelobung des neuen Gemeinderates aus „persönlichen Gründen“. „Das steht mir nach 22 Jahren als Bürgermeister zu“, sagt Rädler dazu.
Willkürlich Gemeinderäte nicht angeloben, nur weil man schon seit 22 Jahren „Ortskaiser“ ist – das wiederum bringt die SPÖ auf die Palme. SPÖ-Ortsparteichef Constantin Luger bezeichnet den Vorfall im Gespräch mit der NeuenZeit als „demokratiepolitischen Wahnsinn. Es gibt ein geltendes Gemeinderecht und an das hat man sich zu halten, auch der Herr Bürgermeister Rädler.“
Die SPÖ will die Causa jetzt genauer prüfen. Sollte ein gesetzliches Fehlverhalten vorliegen, werde man rechtliche Konsequenzen einleiten. Bürgermeister Rädler sieht hingegen keinen Skandal, weil der Gemeinderats-Kandidat schlussendlich doch noch angelobt wurde. Zwar nicht von ihm, aber von seinem Vizebürgermeister.
Der Grund für die verweigerte Angelobung erscheint mehr als skurril: Es geht um ein vier Jahre altes und schon lange gelöschtes Facebook-Posting. 2018 kritisierte SPÖ-Mann Hannes Gmeiner den Bürgermeister wegen einer Golfskulptur und nannte den Ortschef in einem Posting „Beidl“. Später löschte er das Posting und bat um Entschuldigung.
Für ÖVP-Bürgermeister Rädler trotzdem ein Grund, dem SPÖ-Politiker auch vier Jahre danach noch den Handshake und die Angelobung zu verweigern.
Dabei ist Rädler selbst wenig zimperlich, wenn es ums Austeilen geht. 2018 saß Rädler noch im Nationalrat und sorgte mit einem rassistischen Ausruf für österreichweite Schlagzeigen, als er in Richtung der aus Bosnien stammenden heutigen Justizministerin Alma Zadić rief: „Sie sind nicht in Bosnien! Verwechseln Sie das nicht!“
Die Angelobung war nicht der einzige Aufreger in der Bad Erlacher Gemeinderatssitzung. SPÖ-Ortsparteichef Constantin Luger – er ist selbst kein Mandatar – verfolgte die Sitzung als Gast und machte sich nebenbei Notizen zum turbulenten Sitzungsablauf. Weil er dazu in sein Handy tippte, warf ihm die ÖVP vor, er würde die Sitzung aufnehmen. Das passte der übermächtigen ÖVP im Ort – sie stellt 16 der 21 Gemeinderatsmandate – offenbar nicht: Sie wollte den SPÖ-Chef rauswerfen und drohte sogar mit der Polizei.
Die Anspannung dürfte auf Seiten der Volkspartei jedenfalls groß sein. Ein weiteres Beispiel: SPÖ-Chef Luger hatte während der Sitzung sein Handy im Gemeinderatssaal angesteckt, um seinen Akku aufzuladen. Nicht einmal das passte der ÖVP: Luger würde dadurch den Strom der Gemeinde stehlen, so der türkise Vorwurf.
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