Frauen

Review: Beatrice Frasl „Entromantisiert euch!“ – Lesung im Stadtkino

Beatrice Frasls „Entromantisiert euch“ polarisiert. Ihre These: Romantische heterosexuelle Paarbeziehungen, nützen den Frauen weitaus weniger als den Männern. Geht es Frauen schlecht, kommt die Hilfe meist nicht vom eigenen Partner, sondern von Freundinnen oder Geschwistern. Das sind Beziehungen, die oft viel tragfähiger sind, als romantische Beziehungen. Ihnen mehr Anerkennung zu geben, ist zentrales Anliegen der Autorin. Von feministischen Leser:innen gefeiert, von Männerrechtlern abgelehnt. Bei diesem Buch kommen selbst überzeugte Beziehungsmenschen ins Grübeln.

5. Mai im Stadkino: Hinter mir liegt ein Abend, der deutlich macht, wie sehr das neue Buch von Beatrice Frasl „Entromantisiert euch!“ den Nerv der Zeit trifft. Der Saal war voll bis auf den letzten Platz, das Publikum überwiegend weiblich.

Entromantisiert euch: Ein voller Saal und ein neugieriges Publikum

Aber auch einige Männer haben sich eingefunden. Moderatorin Theresa Lachner eröffnet mit einem Scherz über Männer, die womöglich von ihren Freundinnen „genötigt“ wurden mitzukommen, denn das Thema des Buches ist vor allem eines für das männliche Geschlecht: unbequem!

Romantische Liebe unter feministischer Lupe

Frasls zentrales Anliegen ist eine kritische Auseinandersetzung mit romantischer Liebe, wie sie in einer heteronormativen Gesellschaft gedacht und gelebt wird.

Ihre These: Romantische Paarbeziehungen, insbesondere heterosexuelle, nützen Männern weitaus mehr als Frauen.

Frauen hingegen leisten emotionale Arbeit, erfahren wenig Fürsorge und wenn sie krank werden, bleibt die Verantwortung bei ihnen selbst. Hilfe kommt meist nicht vom Partner, sondern von Freundinnen oder Geschwistern. Beziehungen, die oft viel tragfähiger sind, aber von der  Gesellschaftlich weniger Anerkannung erhalten, als romantische Beziehungen.

Dating-Apps und der Beziehungsmarkt

Mit scharfem Blick, kluger Analyse und viel Humor dekonstruiert Frasl die Idee der romantischen Liebe. Auch Dating-Apps bekommen ihr Fett weg. Diese seien keine Werkzeuge zur echten Beziehungssuche, sondern Plattformen, auf denen Menschen wie Produkte gehandelt werden.

Und doch: Frasl macht deutlich, dass wir Beziehungen brauchen, nur eben nicht zwingend zu einem Mann.

Überzeugend ohne eigene Beziehungsgeschichte

Bemerkenswert ist dabei: Frasl spricht offen über ihre eigene Unerfahrenheit mit ehelichen Paarbeziehungen und trotzdem trifft sie mit ihren Beobachtungen einen empfindlichen Punkt. Der Beifall des Publikums zeigt: Ihre Kritik trifft ins Schwarze. Kein Wunder, dass das Buch polarisiert. Von feministischen Leser:innen gefeiert, von Männerrechtlern abgelehnt. Selbst überzeugte Beziehungsmenschen kommen ins Grübeln.

Überraschendes Highlight: Beatrice Frasl singt!

Ein besonderes Highlight war ihre musikalische Einlage: Beatrice Frasl, die ursprünglich Jazzgesang studiert hat, wagte sich, nach längerer Bühnenpause aufgrund von Auftrittsangst, wieder ans Mikrofon. Ein starker, berührender Moment, der den Abend sehr persönlich abrundete.

Fazit:

Ein intensiver, kluger und unterhaltsamer Abend, der nicht nur die Vorstellung von Liebe hinterfragt, sondern auch zum Nachdenken über unsere Beziehungen im Allgemeinen anregt. Frasl schafft es, mit viel Humor und Tiefgang ein feministisches Publikum zu begeistern und verdient dafür volle Anerkennung.

Anita Pitsch

Share
Veröffentlicht von
Anita Pitsch
Tags: Beatrice Frasl featured Feminismus Frauenpolitik

Ähnliche Artikel

  • Burgenland

Das Burgenland in der EU: Eine 30-jährige Erfolgsstory!

Mit dem EU-Beitritt vor 30 Jahren begann für Österreich eine Periode des wirtschaftlichen Aufschwungs. Auf…

5. Mai 2025
  • Niederösterreich

Waldviertel: Demenzpatientin muss 5 Monate auf Pflegeheimplatz warten 

Waldviertel: Zu Weihnachten stirbt der Vater, zurück bleibt die demenzkranke Mutter. Was danach passiert ist…

2. Mai 2025
  • Interview

Ökonomin und Finanzminister zu Trumps Chaos-Zöllen: “Panikkäufe nicht angesagt.”

Anfang April kündigte der amtierende Präsident Donald Trump Einfuhrzölle für nahezu die gesamte Welt an.…

30. April 2025
  • Oberösterreich

E-Carsharing am Land: Mit dem „MühlFerdl“ durch’s Mühlviertel

Urbane Zentren wie Linz, Salzburg und Wien setzen längst auf Carsharing. Aber auch das Mühlviertel…

30. April 2025
  • Gesellschaft

Politologe Lukas Haffert: “Wer oft ins Wirtshaus geht, ist der bessere Demokrat” 

Interview mit Lukas Haffert: Ob im Wirtshaus, am Spielplatz oder in der Sportplatzkantine: “Beim Reden…

23. April 2025
  • Oberösterreich

Wernstein (OÖ) muss Baugründe verkaufen um neuen Kindergarten finanzieren zu können

Leere Vereinsräume, bröcklige Schulwände, kaputte Spielplätze - immer mehr Gemeinden in Österreich haben finanzielle Schwierigkeiten,…

16. April 2025