Einen Pakt mit Rechtsaußen: Davon träumt ÖVP-Europaministerin Karoline Edtstadler. In einem Interview mit der italienischen Zeitung „Il Sole 24 Tore“ hat sie eine Allianz der EVP (Europäische Volkspartei) mit Parteien des rechten Rands wie der polnischen PIS oder der italienischen Fratelli d’Italia für möglich gehalten. Andreas Schieder, Delegationsleiter der SPÖ im EU-Parlament sieht darin eine Gefahr für die europäische Demokratie, Menschlichkeit und das Einigungsprojekt EU.
Ministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) will bei der nächsten EU-Wahl mit der italienischen Rechtsaußen-Partei Fratelli d´Italia und der polnischen PIS zusammenarbeiten. Die Parteien würden mit der ÖVP „ähnliche Werte bei den Menschenrechten und der Demokratie“ teilen, so Edtstadler. Die PIS hat in Polen die Gesundheit von Frauen auf’s Spiel gesetzt, indem sie Schwangerschaftsabbrüche verboten hat. Außerdem hat die Regierungspartei die Unabhängigkeit der polnischen Gerichte untergraben und die Rechte von homosexuellen Menschen beschnitten. Die Fratelli d´Italia unter Führung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni ist ebenfalls immer wieder in Konflikt mit Grundrechten. Und ironischerweise in wichtigen Flügeln der italienischen Volkspartei – vor allem der SVP (Südtiroler Volkspartei) – extrem verrufen.
In einem Interview mit der italienischen Zeitung „Il Sole 24 ore“ hat EU-Ministerin Edtstadler sich für eine Allianz der Europäischen Volkspartei mit der „Fraktion der Konservativen und Reformer (EKR)“ ausgesprochen. In der EKR sammeln sich zahlreiche extrem rechte und konservative Parteien im EU-Parlament. Trotzdem sieht Edtstadler „ähnliche Werte“ wie die der ÖVP und will mit PIS und Fratelli d‘ Italia „Hand in Hand gehen“.
Andreas Schieder, Leiter der SPÖ-Delegation im EU-Parlament, kritisiert diese „Signale an den rechten Rand“ scharf. Ob die PIS in Polen, Viktor Orban in Ungarn oder die rechtsnationale Fratelli d’Italia. Für die ÖVP zähle nur der Machterhalt.
„Dafür ist auf EU-Ebene offenbar auch ein Pakt mit Parteien noch gut genug, die Abtreibungen verbieten, den Klimawandel leugnen oder in ihren Ländern die Pressefreiheit und Gewaltenteilung einschränken“, so Schieder.
Die EU-Wahl 2024 könnte richtungsweisend in vielerlei Fragen werden. Wird das europäische Projekt und der Zusammenhalt bestehen bleiben? Oder dividieren rechte Gruppierungen den bunten Staatenmix noch weiter auseinander?
Die bekanntesten Parteien der „Fraktion der Konservativen und Reformer“ sind die italienische Fratelli d‘ Italia und die polnische PIS. Die PIS sorgte zuletzt durch das Abtreibungsverbot in Polen für Schlagzeilen. Seit 27. Jänner 2021 ist die Gesundheit und das Leben von Frauen massiv gefährdet. Weil Ärztinnen nicht mit dem strikten Gesetz in Berührung kommen wollen, sind seither mehrere Frauen bei Fehlgeburten gestorben. Die Ärztinnen und Ärzte führten aus Angst vor gesetzlichen Konsequenzen keinen – eigentlich notwendigen – Schwangerschaftsabbruch durch. Auch bei Lebensgefahr der schwangeren Frauen wurde nicht rechtzeitig medizinische Hilfe geleistet.
Die PIS will auch die Todesstrafe wieder einführen. Außerdem hat sie bereits 2015 die Gewaltenteilung – ein Herzstück jeder Demokratie – ausgehöhlt. Die Politik hat nun direkten Einfluss auf Gerichte. Seitdem ist die polnische Regierung um Dauerzwist mit der EU – und der polnischen Verfassung. Gemeinsam mit Ungarns Premier Victor Orban versucht die PIS immer wieder, Europa nach rechts zu drängen und demokratische Mindeststandards – wie beispielsweise die Gewaltenteilung – zu untergraben.
Die Fratelli d’Italia regiert seit letztem Jahr in Italien. Die Online-Enzyklopädie Wikipedia beschreibt sie als „rechtsextreme, rechtsradikale, rechtsnationale, rechtspopulistische“ Partei. Auf Veranstaltungen ist immer wieder der „Römische Gruß“ – auch als „Saluto romano“ bekannt – zu sehen. Ein Gruß der in Benito Mussolinis Faschismus verwendet und der später zum Hitlergruß wurde.
„In Vielfalt geeint“ heißt der Leitspruch der Europäischen Union. Dass EU-Ministerin Karoline Edtstadler gemeinsame Sache mit anti-europäischen und anti-demokratischen Parteien machen will, überrascht nicht zuletzt insofern, dass sich die ÖVP lange Zeit stolz als ‚Europapartei‘ bezeichnet hat. Was davon übrig geblieben sei, fragt sich wohl nicht nur SPÖ-Delegationsleiter Andreas Schieder in Brüssel.
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