Ab 30. Oktober, dem sogenannten Equal Pay Day 2022 in Österreich, müssen Frauen statistisch gesehen den Rest des Jahres “gratis” arbeiten, weil sie weniger verdienen als Männer. Die unterschiedlichen Einkommen sind dabei regional sehr verschieden. Der Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen ist in Wien mit 12 Prozent am kleinsten. Am größten ist er in den beiden ÖVP-regierten Bundesländern Vorarlberg (24,7 Prozent) und Oberösterreich (21,1 Prozent). Dort ist auch die Kinderbetreuung am schlechtesten ausgebaut.
Auf den ersten Blick verwirren die derart großen Unterschiede innerhalb Österreichs. Eine Erklärung ist, dass Branchen, in denen vermehrt Frauen arbeiten, tendenziell schlechter bezahlt werden. Während am Land wesentlich mehr männerdominierte Produktion und Industrie angesiedelt ist, konzentriert sich die Beschäftigung in Städten stärker auf den Dienstleistungssektor – ein Feld, in dem mehr Frauen arbeiten.
Aber nicht nur die Branchen-Unterschiede in den Bundesländern erklären den sogenannte Gender Pay Gap (damit ist der Unterschied in der Bezahlung zwischen Frauen und Männern gemeint). In Oberösterreich gibt es nicht nur den größten Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen, sondern auch die wenigsten Kindergärten mit einer durchschnittlichen Öffnungszeit von über zehn Stunden. Die Konsequenz ist, dass Mütter eher in Teilzeit oder gar nicht arbeiten.
2018 schaffte die schwarz-blaue Landesregierung in Oberösterreich zudem die kostenlose Nachmittagsbetreuung im Kindergarten ab – ein Rückschritt. Denn wenn die öffentliche Betreuung teuer wird, sind es vor allem Frauen, die zuhause bleiben und auf die Kinder aufpassen.
Unter dem Strich bleibt stehen: In OÖ verdienen Frauen um mehr als ein Fünftel weniger als Männer.
Nur in Vorarlberg ist der Lohnunterschied noch größer. Dort haben überhaupt nur zwei Kinderbetreuungseinrichtungen zwölf Stunden am Tag geöffnet. Doch nicht nur die Öffnungszeiten stellen im “Ländle” ein Problem dar: In Vorarlberg schließen einige Kinderbetreuungseinrichtungen über Mittag. Eine durchgängige Betreuung der Kinder ist somit nicht möglich.
Neben Vorarlberg schließen Kindergärten nur in Tirol ebenfalls für eine Mittagspause. Das macht sich im Lohnscheren-Ranking bemerkbar: In Tirol verdienen Frauen im Vergleich zu Männern am dritt-schlechtesten – nach Vorarlberg und OÖ.
Dagegen zeigt sich in Wien, dass der Großteil der Kindergärten und Krippen über zehn Stunden am Tag geöffnet hat. So wird die Vereinbarkeit von Beruf und Kindern aktiv gefördert. Das Burgenland mit dem zweitkleinsten Gender Pay Gap innerhalb Österreichs hat nach Wien die am besten ausgebauten Öffnungszeiten: Im Burgenland haben am wenigsten Betreuungseinrichtungen weniger als sieben Stunden lang offen.
Die ungleiche Bezahlung im Erwerbsleben setzt sich in der Pension fort. Wenn Frauen wegen niedriger Einkommen weniger einzahlen als Männer, sind automatisch auch ihre Pensionen niedriger. Wenn Landesregierungen also bei der Kinderbetreuung sparen, verhindern sie auf lange Sicht auch höhere Pensionen von Frauen.
Seit 1997 hat sich der Gender Pay Gap nur um etwa zwei Prozent geschlossen. In diesem Tempo bräuchte Österreich noch über 300 Jahre bis zur Lohngleichheit.
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