Den Gemeinden fehlen durch Corona Milliarden. Das Gemeindepaket der Regierung soll diesen Ausfall ersetzen. Schaut man genauer hin, bleiben von den angeblichen 1,5 Milliarden Euro aber nur 140 Millionen Euro übrig.
Mit 1,5 Milliarden unterstützt die Bundesregierung Gemeinden, tönte es letzte Woche. Auf den ersten Blick eine stattliche Summe. Bedenkt man, dass die Corona-Hilfen insgesamt über 30 Milliarden Euro schwer sind, wirkt der Betrag allerdings schon nicht mehr so groß. Dabei sind die Gemeinden wichtige Auftraggeber für die Wirtschaft in der gesamten Region. Gleichzeitig fallen ihnen durch Corona besonders viele Einnahmen weg.
Vor allem: Schaut man ganz genau hin, bleiben nur 140 Millionen Euro für alle 2095 Gemeinden in Österreich übrig; zusätzlich 100 Millionen für besonders strukturschwache. Denn die restlichen 1,26 Milliarden sind lediglich Vorschüsse bzw. Geld, das Gernot Blümel vermeintlich „zu viel“ ausbezahlt hat.
Den größten Brocken des Pakets machen mit 1 Milliarde Euro die so genannten „vorgezogenen Ertragsanteile“ aus. Ertragsanteile sind die Teile der gesamten Steuereinnahmen des Bundes, die den Gemeinden zustehen. Wenn die Bundesregierung von „vorgezogenen Ertragsanteilen“ spricht, ist das also keine Förderung. Es ist lediglich ein Vorschuss. Sprich: Das Geld fehlt dann in den nächsten Jahren. Ab 2023 soll die Rückzahlung beginnen.
Eine Rettung oder gar Unterstützung kann Andreas Kollross darin nicht erkennen: „Das Paket bezahlen sich die Gemeinden selbst. Die Bundesregierung zerstört so nachhaltig die Gemeindefinanzen“, warnt er. Als Bürgermeister von Trumau kennt der Kommunal-Sprecher der SPÖ die tatsächliche Situation vor Ort aus erster Hand. Mit dem vorliegenden Paket können Gemeinden zwar die laufenden Kosten decken. Danach stehen sie allerdings mit dem Rücken zur Wand: Selbst wenn sich die Wirtschaft rasch wieder erholt und damit auch die Gemeindesteuern wieder fließen, haben sie gerade genug Geld für den laufenden Betrieb. Wenn dieser Bestfall nicht eintritt, müssen sie um Geld betteln gehen. Sonst können sie Schulen, Kindergärten, öffentlichen Verkehr – kurz: alles, was Lebensqualität für die Österreicherinnen und Österreicher bedeutet – nicht mehr bezahlen. Von Investitionen kann so oder so keine Rede sein.
Das ist fatal, denn gerade nach der Corona-Krise brauchen die Betriebe in den Regionen Aufträge aus den Gemeinden. Maurer, Elektriker, Tischler und viele andere kleine Gewerbetreibende leiden ohnehin bereits unter der Corona-Krise. Fallen zusätzlich die wichtigsten Auftraggeber weg, beginnt eine Kettenreaktion. An deren Ende stehen schlimmstenfalls ganze Regionen vor dem Nichts.
Dass nach der Krise öffentliche Investitionen unverzichtbar für die heimische Wirtschaft sind, steht über Parteigrenzen hinweg außer Frage. Selbst die Neos kritisieren das Gemeindepaket deshalb. „Aber das verstehen diese Ferialpraktikanten in der Bundesregierung halt nicht“ – Kollross scheint nicht restlos überzeugt von der Wirtschaftskompetenz von Sebastian Kurz und Gernot Blümel.
Die Folgen dieses Scheinpakets könnten weite Kreise ziehen. Vor allem für die Bauwirtschaft geht es um viel: Die Gemeinden gehören zu ihren wichtigsten Auftraggebern. Dementsprechend wenig Freude hat auch der Vorsitzende der Gewerkschaft Bau-Holz, Josef Muchitsch, mit dem Paket: „Damit dem Bau die Gemeinden als Auftraggeber nicht wegbrechen, muss die Bundesregierung endlich vernünftige Hilfspakete schnüren.“ Das Gemeinde-Hilfspaket Gernot Blümels sieht er als „Showpolitik“ und „eine neue Mogelpackung“, die niemandem weiterhelfen.
Statt eines Rettungspakets für Gemeinden hat die Bundesregierung offenbar eine Zeitbombe für die regionale Wirtschaft in Österreich gebastelt. Unzählige Arbeitslose, zerstörte Existenzen und aussterbende Regionen wären die Folge, wenn sie explodiert.
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