Wien

Ein Viertel aller Wiener:innen wohnt in Gemeindewohnungen

Der Wiener Gemeindebau ist weltbekannt. Die wohl heute noch sichtbarste Erinnerung an das Rote Wien prägt maßgeblich das Stadtbild und die Wiener Wohnpolitik. Seit dem Bau des Metzleinstalerhof als ersten Gemeindebau sind insgesamt 220.000 Gemeindewohnungen errichtet worden – das ist ein knappes Viertel aller Wohnungen in Wien. 500.000 Mieter:innen wohnen in einer Gemeindewohnung.

Begonnen hat der Gemeindebau in Wien in der Zwischenkriegszeit. Mit dem Ende der Habsburgermonarchie herrschte Anfang des 20. Jahrhunderts akuter Wohnungsmangel in der gesamten Stadt. 300.000 Wiener:innen waren wohnungslos, als die Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP) 1919 in den Wiener Gemeinderat gewählt wurden und die Zeit des “Roten Wiens” begann. 

300.000 Wiener:innen waren wohnungslos – Das war der Beginn der Gemeindebauten

Die ursprünglich geplante Förderung von Genossenschaftswohnungen erwies sich schnell als unrealistisch, da Wiener:innen kein Kapital besaßen. So entstand der Plan für das erste Wiener Wohnbauprogramm, welches 1923 beschlossen wurde und den Bau von 25.000 Wohnungen veranlasste. Der Karl-Marx Hof, der Metzleinstalerhof oder das Hundertwasser-Krawinahaus gehören auch heute noch zu den bekanntesten Wohnbauten der Stadt. 

Wohnbauprogramme im Überblick

  • 1923 Erstes Wohnbauprogramm (25.000 Wohnungen)
  • 1927 Zusatzprogramm (5.000 Wohnungen)
  • 1927 Zweites Wohnbauprogramm (30.000 Wohnungen)
  • 1978 Wohnbauprogramm (35.000 Wohnungen)
  • 2012 Wohnbauprogramm SMART 
  • 2017 Gemeindewohnungen Neu (etwa 3.820 Wohnungen)
  • eine Karte aller Wiener Gemeindebauten findet man hier.

Das Rote Wien: 63.000 neue Wohnungen in 21 Jahren

Um den Wohnungsbau zu erleichtern, hob Finanzstadtrat Hugo Breitner 1923 die Wohnbausteuer ein. Eine durchschnittliche Gemeindewohnung war 1926 etwa 40-50 Quadratmeter groß und kostete nur knapp 4% eines durschnittlichen Arbeiterlohns – ein Mietzins der heute undenkbar ist. Nach Beschluss eines Zusatzprogramms und eines zweiten Wohnbauprogramms konnten bis 1934 über 63.000 Wohnungen gebaut und bezogen werden. Damit wohnte jede zehnte Wiener:in in einer Gemeindewohnung. So wurde die Gemeinde Wien zum größten Grundbesitzer der Stadt. 

Wiederaufbau beschleunigte gemeinnützigen Wohnbau

Mit dem Ende des Roten Wien und dem Beginn des Austrofaschismus wurde der gemeinnützige Wohnbau zwischen 1934 und 1945 eingestellt. Mit Ende des Zweiten Weltkrieges begann der Wiederaufbau und damit ein neues Kapitel für den Wiener Gemeindebau. 1951 wurde die 100.000ste Wohnung seit Beginn der Wohnbaurogramme fertiggestellt – innerhalb von nur 11 Jahren die 50.000ste Wohnung.  Und innerhalb von 24 Jahren nach dem Krieg die 100.000ste. Bis zum Beginn der 1960er Jahre verdoppelte sich damit die Zahl der Gemeindewohnungen in der Großstadt. 

Gemeinnütziger Wohnbau heute wieder hoch gefragt

Mit Beginn der 1980er Jahre wurde der Schwerpunkt vom Bau neuer zur Sanierung bestehender Wohnungen verschoben. Aber auch heute noch setzt sich die Stadt Wien für mehr leistbaren Wohnraum ein. 2012 beschloss damals noch Wohnbaustadtrat Michael Ludwig das neue SMART-Wohnbauprogramm für kompaktes und kostengünstiges Wohnen. 2017 erfolgte der Spatenstich für das Wohnbauprogramm Gemeindewohnungen Neu, in dem bereits 120 Wohnungen bezogen wurden und das etwa 3.700 weitere plant. Dabei werden von den Mieter:innen keine Eigenmittel und keine Kaution verlangt, das Mietverhältnis ist unbefristet und kostengünstig. Momentan werden im geförderten Wohnbai etwa 5500-6000 Wohnungen pro Jahr fertig gestellt. In Bau sind aktuell etwa 8000, in Planung weitere 9000 geförderte Wohnungen. „Der weitsichtige Ausbau des weltweit renommierten Wiener Wohnmodells ist der nächste Schritt Wiens, seine Rolle als Welthauptstadt des sozialen Wohnbaus weiterzuentwickeln.“, so Vizebürgermeisterin und Wohnbaustadträtin Kathrin Gaál.

Wiener Wohnen: Die größte Hausverwaltung Europas

Seit der Begründung der Unternehmung im Jahr 2000 fällt die Sanierung, Verwaltung und Bewirtschaftung der Gemeindewohnungen in den Aufgabenbereich von Wiener Wohnen. Neben den 1.800 Gemeindebauten gehören rund 5.000 Lokale und 47.000 Garagen- und Abstellplätze zur größten kommunalen Hausverwaltung Europas. Die Stadt Wien ist mit einer Gesamtfläche von knapp 13 Millionen Quadratmetern der größte Immobilienbesitzer Europas.

Natalie Bühl

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