Geldstrafen für Vorgesetzte, wenn sie ihre Angestellten außerhalb der Bürozeiten kontaktieren, Recht auf Home Office für Eltern mit Kindern unter acht Jahren und Übernahme von Strom- und Internetkosten: Portugals neues Home Office-Gesetz soll die Work-Life-Balance verbessern und das „Recht auf Ruhe“ schützen. Damit könnte das Land einen neuen Standard für die Regulierung von Telearbeit in der EU setzen.
Die Covid 19-Pandemie hat viele Angestellte ins Home Office geschickt. Damit wurden dessen Vorteile, aber auch die vielen Probleme ans Licht gebracht. Doch das war nicht der einzige Grund für Portugals kürzlich beschlossenes Gesetz: Das Land ist schon seit Jahren Vorreiter in Sachen Teleworking.
Mit dem Beschluss verankert nun das portugiesische Parlament Regulationen für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber im Gesetz und zieht damit einen weiteren Schritt vor. Portugal will nicht nur pandemiebedingt, sondern langfristig das Fernarbeiten erleichtern. Damit setzt das Land neue Maßstäbe für den Rest der EU.
Reglungen für das Home Office gibt es bereits in anderen EU-Staaten. In Belgien, Frankreich, Spanien und Italien ist das sogenannte „right to disconnect“ (zu dt. „Recht auf Ruhe“) bereits gesetzlich umgesetzt. Dank der heutigen Technik ist ständige Erreichbarkeit rund um die Uhr gegeben, ob per Direktnachricht, E-Mail oder Anruf. Im Recht auf Ruhe geht es daher um das Recht der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, außerhalb der Arbeitszeiten auch nicht für ihre Vorgesetzten erreichbar zu sein. In keinem dieser vier Länder wird jedoch festgelegt, wie dieses Recht umgesetzt werden soll – anders als nun in Portugal.
Das neue Gesetz ermöglicht Geldstrafen, wenn Vorgesetzte ihre Angestellten außerhalb der Bürozeiten kontaktieren. Ausnahmen gibt es nur für Fälle „höherer Gewalt“. Das Gesetz vertraut darauf, dass Angestellte ihre Vorgesetzten melden, wenn dagegen verstoßen wird. Ob das in einem Dienstverhältnis auch passieren wird, ist fraglich. Diesen Umstand spricht Ana Mendes Godinho, Portugals Arbeitsministerin, an: Wenn der Arbeitsmarkt es schwierig macht, neue Gesetze umzusetzen, heißt das, man muss den Arbeitsmarkt verbessern und nicht aufgeben, neue Gesetze zu machen.
Den Gesetzesentwurf hat die derzeit regierenden sozialistischen Partei vorgeschlagen Sie will damit vor allem zwei Ziele erreichen: Erstens soll eine klare Trennung zwischen Arbeits- und Freizeit für bessere Work-Life-Balance sorgen. Zweitens erhofft sich Portugal noch mehr sogenannte „digital nomads“ anzuziehen. Die portugiesischen Sozialdemokraten wollen es für sie attraktiver machen, in Portugal zu leben und von dort aus zu arbeiten.
Neben den Geldstrafen für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber enthält der Gesetzestext weitere Punkte: Eltern mit Kindern unter acht Jahren bekommen das Recht auf Home Office. Dafür müssen sie nicht erst ihre Vorgesetzten um Erlaubnis bitte. Die Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen sind verpflichtet, Mehrkosten für Strom und Internet zu übernehmen. Außerdem dürfen die Angestellten nicht bei ihrer Arbeit kontrolliert werden, wie es vielfach während des pandemiebedingten Home Office der Fall war. Einsamkeit soll das Gesetz vermeiden, indem es alle zwei Monate Treffen für Angestellte vorschreibt, an denen sie persönlich teilnehmen können. All diese Reglungen gelten allerdings nur für Unternehmen mit mehr als zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
In Österreich kann man von solchen staatlichen Regulationen nur träumen. Das Arbeitszeitgesetz regelt zwar, dass Vorgesetzte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Ruheperioden nicht stören dürfen, außer es ist explizit ausgemacht. In der Praxis sieht das jedoch meist anders aus.
Das Recht auf Ruhe auch im österreichischen Gesetz zu verankern würde die Unerreichbarkeit außerhalb der Arbeitszeiten zum Standard machen. Damit würde jede Form von Arbeitsverhältnis – ob nun im Home Office oder nicht – nachhaltig verbessert werden.
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