Regional und sozial: Das sind die Grundwerte von Elisabeth Berger und ihrer Familie. Die Wirtin aus Feldkirchen an der Donau führt gemeinsam mit ihrem Mann Bernhard den „Schlagerwirt“ im Pesenbachtal. Auf den Tisch kommen regionale Schmankerln, vieles in Bioqualität, großteils aus Eigenproduktion, die Lieferanten sind aus der Umgebung und den Wirtsleuten alle persönlich bekannt. Slow Food nicht nur am Tisch – auch im Betrieb wird der Gedanke gelebt. So besteht das Team aus verschiedensten Persönlichkeiten: Köchinnen und Köche arbeiten Hand in Hand mit Menschen mit Beeinträchtigung, Asylwerber:innen und Student:innen.
In der Mitte zwischen Linz, Wels und Passau liegt das Naherholungs- und Naturschutzgebiet Pesenbachtal und genau im Herzen befindet sich der “Schlagerwirt”. Der von Elisabeth Berger und Familie geführte Gasthof hat sich der regionalen Küche verschrieben. Produkte vom hauseigenen Hof und von kleinen und lokalen Zulieferern kommen auf die Karte. Was den Schlagerwirt zusätzlich auszeichnet, ist die Menschlichkeit, die einem beim Betreten des Lokals entgegen strömt. Und die braucht’s gerade dringender denn je.
Den Schlagerwirt, so erzählt es uns Frau Berger, gibt es seit 1965. Zuvor führte die Familie ihres Mannes den landwirtschaftlichen Betrieb mit Milchkühen und 10 Hektar Grünflächen, sowie 20 Hektar Wald. Mit der Ernennung des Pesenbachtals als Naturschutz-Gebiet eröffneten sie sich mit dem Gasthof ein zweites Standbein und hoffen auch weiterhin auf viele “Tagesausflüger”, Naturverbundene und Wanderer.
Die derzeitige Teuerung und der Fachkräftemangel in der Gastronomie machen auch Elisabeth Bergers Gasthof zu schaffen. Gemeinsam mit ihrem Team hat sie aber kreative Lösungen gefunden und weiß: “Aus der Gastrokrise kommen wir nur gemeinsam raus”.
Ob in Küche, Service oder für Bürotätigkeiten: Das Team vom “Schlagerwirt” ist bunt. Menschen mit Beeinträchigung, Asylwerber:innen und junge Leute, die sich am Wochenende etwas dazu verdienen wollen, arbeiten Hand in Hand. Während viele andere Gastronomen über Fachkräftemangel klagen und behaupten “niemand will mehr arbeiten”, hat Elisabeth Berger mit ihrem Team gänzlich andere Erfahrungen gemacht.
Schon seit 2018 arbeiten Asylwerber aus dem nahegelegenen Wohnhaus für schutzsuchende Menschen beim “Schlagerwirt” mit. In den Jahren darauf folgten ältere Arbeitnehmer:innen, die vom Arbeitsplatz oft ausgeschlossen werden, sowie Menschen mit Hör-und Sprechbeeinträchtigungen.
“Unsere Perle des Betriebes ist sowieso die Gabi”, erzählt Elisabeth Berger freudig. Gabi hat eine Hörbehinderung und hört ohne ihren Hörapparat nichts. Trotzdem ist sie eine nicht mehr wegzudenkende Stütze für das Funktionieren des Gasthauses.
Anfangs war die Inklusion von anderssprachigen Menschen oder auch von Menschen, die eine Sprachbeeinträchtigung haben, alles andere als leicht, erzählt uns Elisabeth Berger. Was sich zu Beginn aber wirklich als problematisch herausgestellt hat, war der nicht enden wollende Bürokratie-Dschungel. Es hat unzählige Genehmigungen zur Arbeitserlaubnis ihrer Angestellten gebraucht. Frau Berger musste sich mit zahlreichen Bewilligungen auseinandersetzen und Asylbescheide studieren. Und das obwohl jede Hilfe dringend benötigt wurde.
“Wennst dazu verdonnert bist, dass du nicht mitarbeiten darfst in einer Gesellschaft, dann sinkt auch dein subjektiver persönlicher Wert.”
Schließlich war Frau Berger und ihr Team froh, die nötige Verstärkung bekommen zu haben. 2018 erweiterte der heute 35-jährige Bashir Hasan den “Schlagerwirt”. Danach folgten Marina, eine Ukrainerin mit Hör- und Sprachbeeinträchtigung, sowie Wanwilai, eine Thailänderin, die auf den Erhalt der österreichischen Staatsbürgerschaft hinarbeitet.
Gemeinsam halten sie den Familienbetrieb am Laufen. Und wenn es auch nur die scheinbar unwesentlichen Küchentätigkeiten wie Kartoffeln schälen, Gemüse putzen oder abwaschen sind – jede Hilfe und jede Arbeitskraft ist kostbar, bekundet Frau Berger.
Natürlich muss man sich vor allem Anfangs mehr Zeit für die Mitarbeiter:innen nehmen. Aber am Ende kommt unheimlich viel zurück: die Leute wollen etwas beitragen und vor allem arbeiten. Gerade für Menschen mit Beeinträchtigung oder für von Krieg geflohene Menschen ist eine Arbeit zu haben laut Berger wesentlich. Denn nur so können sie einerseits das Deutschniveau erreichen, das für die Staatsbürgerschaft vorausgesetzt wird und andererseits einem sinnstiftenden Beruf nachgehen.
Ein Satz, der im Gespräch mit der Wirtin hängen geblieben ist, ist Frau Berger ein besonderes Anliegen, wenn nicht sogar ihr persönlicher „Herzenswunsch“. Sie sagt:
“Ich würd mir wünschen, dass die Menschen, das was sie haben, mehr wertschätzen und dass nicht immer alles und jede:r nur nach Leistung beurteilt wird. Wenn man hinterfragt, wer arbeitet für mich, wer hat mir mein Schnittlauchbrot geschmiert, wo kommt dieser Mensch her, der da in der Küche steht, was ist seine Geschichte, dann würden viele erkennen, dass es uns selbst oft gar nicht so schlecht geht, wie wir glauben. Und vor allem, dass wir nur mit gegenseitiger Wertschätzung als Gesellschaft weiterkommen.”
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