Österreich

Nach kritischem Bericht über Kurz: ÖVP-Finanzministerium stoppt offenbar Inserate an „News“

Nach einem kritischen Bericht über Sebastian Kurz und seine Partei stoppt das ÖVP-Finanzministerium alle Inseratengelder an das Nachrichtenmagazin „News“, berichtet die Redaktion. Das Ministerium dementiert. Es ist nicht der erste Bericht über versuchte Einflussnahme der türkisen „Message Control“.

Die Meldung ist kurz und hat es in sich: „Im vergangenen Heft setzte sich News kritisch mit der Rolle der türkisen Führung innerhalb der ÖVP auseinander. Das gefiel nicht allen“, schrieb das Nachrichtenmagazin „News“ auf Twitter. Als Folge habe das Finanzministerium mitgeteilt, dass in „News“ sowie in anderen Magazinen der Verlagsgruppe keine Inserate mehr geschalten werden.

Der Vorwurf von „News“: Weil man zu kritisch über Sebastian Kurz und seine Partei berichtet hat, stoppt das ÖVP-Finanzministerium alle Inseratengelder an das Medium.

Laut der Verlagsgruppe VGN, zu der auch „News“ gehört, hat das ÖVP-Finanzministerium Inseraten-Aufträge im Wert von 200.000 Euro storniert. Das Ministerium selbst dementiert das in einer Stellungnahme gegenüber dem Standard – man habe keine Gelder gestrichen. Im Gegenteil: Erst im März 2021 habe man mit VGN ein Inseraten-Paket für das 2. Quartal vereinbart.

ÖVP-Inseratenstopp wegen kritischem „News“-Bericht?

„So mies geht´s Türkis“, titelte das Magazin „News“ auf seinem letzten Cover. Das ging der ÖVP offenbar zu weit. Es wäre nicht das erste Mal, dass die Volkspartei unter Sebastian Kurz kritischen Medien droht, wenn sie sich nicht an die türkise „Message Control“ halten.

Erst letzte Woche schilderte der ehemalige Krone-Redakteur Thomas Schrems in einer Abrechnung auf Facebook, wie die Kurz-Truppe unabhängige Redaktionen zu beeinflussen versucht. Die türkisen Presseleute füttern Journalistinnen und Journalisten mit Reisen, teuren Restaurantbesuchen und Exklusiv-Storys an, um dann mit Druck die Berichterstattung in die gewünschte Richtung zu lenken, berichtet Schrems.

Der Ex-Krone-Redakteur schreibt: „Und so ging es eben Schlag auf Schlag. Mit dem systematischen Einlullen und Gefällig-Machen von Journalisten. Mit dem alten Spiel aus Geben und Nehmen (da eine exklusive Story, dort Publicity für den aufgehenden Politik-Stern). Diese Art von Verhaberung, deren Früchte heute ebenfalls unter der Message-Control durch Euresgleichen firmieren.“

Das Fazit des Journalisten: „Keiner, lieber Sebastian, beherrscht dieses Spiel gekonnter und gewiefter als DU.“

SPÖ fordert Maßnahmen gegen „Inseratenkorruption“

Die Vorwürfe der türkisen Medien-Beeinflussung führten sogar schon zu einer Anzeige bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Die anonymen Anzeiger werfen Sebastian Kurz vor, in seiner Zeit als Außenminister ständig in der Redaktion der Tageszeitung „Kurier“ angerufen zu haben, um sein Image in den Berichten gerade zu rücken. Auch in den öffentlich gewordenen ÖVP-Chats unterhalten sich Kurz und Thomas Schmid an einer Stelle über Interventionen beim „Kurier“.

SPÖ-Vizeklubobmann Jörg Leichtfried fordert jetzt Maßnahmen „gegen die Inseratenkorruption und Message-Control, um Medien bei unabhängiger Berichterstattung zu unterstützen“. Leichtfried will mit Zivilgesellschaft und der Opposition ein Transparenzpaket erarbeiten: „Werbekampagnen und Inserate sollen dem öffentlichen Interesse dienen und nicht der Regierungspropaganda. Inserate dürfen nicht mehr freihändig vergeben werden“.

20 Mal mehr Geld für Inserate als für Presseförderung

Tatsächlich gerät Österreichs Medienlandschaft in eine immer größere Schieflage. Die Presseförderung für unabhängige Berichterstattung wird weniger, die Regierungsinserate werden mehr. 2019 nahm die öffentliche Hand 20 Mal mehr Geld für Inserate (178 Mio. Euro) in die Hand als für Presseförderung (9 Mio. Euro).

Erst kürzlich stellte Türkis-Grün einen neuen Rekord auf. Im ersten Quartal 2021 machten alle Ministerien zusammen 13,8 Millionen Euro für Werbeschaltungen locker, so viel wie keine andere Regierung zuvor. Allein das Bundeskanzleramt unter Sebastian Kurz steckte 8,9 Millionen in Werbung – um 300% mehr als im Jahr zuvor.

2019 vergab die öffentliche Hand 20 Mal mehr Inseratengelder als Presseförderung.
Philipp Stadler

Ähnliche Artikel

  • Oberösterreich

FAQ zum neuen Hundehaltegesetz in OÖ: So bist du mit deinem Vierbeiner im legalen Bereich

Am 1. Dezember 2024 tritt in Oberösterreich das neue Hundehaltegesetz in Kraft. Initiiert hat es…

21. November 2024
  • Politik

VW in der Krise: 30.000 von 120.000 Mitarbeiter:innen bangen um ihre Jobs

30.000 Jobs beim deutschen Automobilhersteller VW wackeln. Außerdem soll die Belegschaft von Volkswagen auf 10…

21. November 2024
  • Steiermark

B70 neu: Warum sich die steirische SPÖ zum Ausbau der Landesstraße bekennt

Der steirische Bezirk Voitsberg kämpft mit Verkehr, Lärm und Feinstaub – der Ausbau der Landesstraße…

18. November 2024
  • Wirtschaft

Frechheit! René Benko residiert in Privatvilla, während 1.350 Kika/Leiner-Mitarbeiter Jobs verlieren

Die Möbelkette Kika/Leiner ist pleite. Schon wieder, denn das Sanierungsverfahren ist gescheitert. Bereits 2023 musste…

18. November 2024
  • Allgemein

Novomatic AG und Admiral Casinos & Entertainment AG begehren die Veröffentlichung folgender GEGENDARSTELLUNGEN

Gegendarstellung namens der Novomatic AG   „Gegendarstellung:  Sie halten auf der Website (§ 1 Abs 1…

15. November 2024
  • Oberösterreich

Musik, Sport, Politik: Hier sind fünf berühmte Oberösterreicher, die jeder kennen sollte

Von der Musik über den Sport bis hin zur Politik: Oberösterreich hat viele Talente und…

15. November 2024