Meinungen

Job im Supermarkt: 1 Jahr schlechte Bezahlung & unfreundliche Kunden – nie wieder!

Erfahrungsbericht: Ein Jahr habe ich während der Schulzeit bei einem großen Supermarktbetreiber nebenbei gearbeitet. Genug Zeit, sämtliche Missstände der Branche mitzuerleben. Schlechter Lohn, schnell wechselnde Kollegen, kaum Respekt und stänkernde Kunden. Mein Fazit: Wer es länger als ein Jahr im Supermarkt-Job aushält, ist ein Held.

Wenn man als Schüler oder Schülerin einen Job anfangen will, gibt es zwei populäre Wege: Die Gastro oder den Einzelhandel. Ich habe mich für Zweiteres entschieden und während meiner Schulzeit ein Jahr bei einem großen Supermarktbetreiber gearbeitet. Ich bin in Deutschland aufgewachsen, bevor ich nach Österreich und schließlich zur NZ gekommen bin. Den Supermarktbetreiber, bei dem ich zuhause in Deutschland gejobbt habe, kennt man auch in Österreich. Ich nenne lieber keine Namen – zu schlecht sind meine Erinnerungen: von zu wenig Gehalt bis zum mangelnden Respekt gegenüber Supermarktmitarbeiter:innen.

Miserabel: Unterirdische Bezahlung, keine Kranken- und Pensionsversicherung

Wie viele Schüler:innen in Deutschland war auch ich als Minijobber – quasi die deutsche Geringfügigkeit – “angestellt”. Nur wegen diesen Minijobs funktioniert das deutsche Supermarktsystem. Zwei bis drei Tage die Woche habe ich gearbeitet – für 450 Euro im Monat. Die Arbeitszeiten habe ich eine Woche vorher erfahren, Flexibilität war damit die wichtigste Eigenschaft eines Minijobbers.

Neben dem Mindestlohn habe ich auch keine Pensionsversicherung und keine bezahlten Krankheitstage. Das heißt, für die Tage, an denen ich krank war, wurde mir das am Ende des Monats von meinem Gehalt abgezogen. Der Arbeitgeber ist also der Einzige, der von diesem System profitiert. Minijobber sind billig, stellen wenig Forderungen und sind leicht auszutauschen.

Kisten schleppen, Müll rausbringen: Arbeit, die niemand machen will

Obwohl der Supermarkt uns Minijobber außerordentlich schlecht bezahlt hat, bekamen wir einen Großteil der Arbeit. Vor allem die, auf die keiner Lust hatte. Kisten schleppen, Müll rausbringen oder das berühmte “Spiegeln”. Also durch den Markt laufen und alle Produkte schön nach vorne ziehen.

Was dabei aber am meisten fehlte: Respekt. Nicht nur der Arbeitgeber hat Arbeitskräfte wie mich ausgebeutet. Auch unzählige Kundinnen und Kunden waren kaum besser. Vor allem in stressigen Phasen, wie zu Weihnachten, waren sie überaus unverständlich, wenn das Kassieren mal länger gedauert hat oder ich die Regale neu befüllt habe. Wenn man als Supermarktmitarbeiter den Kunden “im Weg steht”, dann bekommt man das zu spüren. Ein nettes Miteinander geht anders.

Auch Kassentätigkeiten habe ich übernommen und bin dabei vor allem auf ungeduldige Kundinnen und Kunden gestoßen. Bildcredits: Image by drobotdean on Freepik

Minijob im Supermarkt: Unbezahlte Überstunden gelten als selbstverständlich

Ich war dabei nicht der Einzige, der Kritik an den Arbeitsbedingungen hatte. Eine Mutter, die bei uns gearbeitet hat, musste kündigen, da die Marktleitung sie, nach mehrfacher Absprache, immer noch nachmittags einteilte, obwohl sie da auf ihre Tochter aufpassen musste. Ich sollte währenddessen die Frühschicht übernehmen, obwohl ich auch später Zeit gehabt hätte.

Auch unbezahlte Überstunden waren der Standard. Vor Dienstbeginn da sein und später gehen hat die Marktleitung vorausgesetzt. Das hat sich pro Monat locker zu 10 bis 20 unbezahlten Überstunden summiert. Wundern, wieso die Branche chronisch unterbesetzt ist, tue ich mich nach diesem Jahr im Supermarktjob auf jeden Fall nicht mehr. Eine Karriere im Supermarkt war für mich nach diesen Erfahrungen kein Thema mehr.

Erik Mehrle

Erik hat mit 16 mit Poetry Slams begonnen und so seine Liebe für's Schreiben entdeckt. Durch ein Praktikum ist er zur NeuenZeit gekommen - um zu bleiben. Neben seiner Arbeit als Redakteur hilft er uns bei jedem technischen Problem und managed im Hintergrund alles, damit unser Redaktionsalltag rund läuft. Wenn er nicht in der Redaktion ist, spielt er leidenschaftlich Schach und Poker, liebt Filme schauen und versucht sich im Programmieren - gerade lernt er die Programmiersprache Python.

Share
Veröffentlicht von
Erik Mehrle
Tags: Arbeitsbedingungen featured Jobs Supermarkt

Ähnliche Artikel

  • Politik

VW in der Krise: 30.000 von 120.000 Mitarbeiter:innen bangen um ihre Jobs

30.000 Jobs beim deutschen Automobilhersteller VW wackeln. Außerdem soll die Belegschaft von Volkswagen auf 10…

21. November 2024
  • Steiermark

B70 neu: Warum sich die steirische SPÖ zum Ausbau der Landesstraße bekennt

Der steirische Bezirk Voitsberg kämpft mit Verkehr, Lärm und Feinstaub – der Ausbau der Landesstraße…

18. November 2024
  • Wirtschaft

Frechheit! René Benko residiert in Privatvilla, während 1.350 Kika/Leiner-Mitarbeiter Jobs verlieren

Die Möbelkette Kika/Leiner ist pleite. Schon wieder, denn das Sanierungsverfahren ist gescheitert. Bereits 2023 musste…

18. November 2024
  • Allgemein

Novomatic AG und Admiral Casinos & Entertainment AG begehren die Veröffentlichung folgender GEGENDARSTELLUNGEN

Gegendarstellung namens der Novomatic AG   „Gegendarstellung:  Sie halten auf der Website (§ 1 Abs 1…

15. November 2024
  • Oberösterreich

Musik, Sport, Politik: Hier sind fünf berühmte Oberösterreicher, die jeder kennen sollte

Von der Musik über den Sport bis hin zur Politik: Oberösterreich hat viele Talente und…

15. November 2024
  • Kärnten

Stromkosten: Kärntner zahlen auch 2025 die höchsten Netzkosten

Die Kärntnerinnen und Kärntner zahlen die höchsten Netzkosten für Strom und das schon seit Jahren.…

15. November 2024