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Josef Riedler (1936-2022): Der ehemalige Chefredakteur der „Neuen Zeit“ ist verstorben – ein Nachruf

Ein großer Publizist und Sozialdemokrat ist von uns gegangen. Josef Riedler starb gestern im Alter von 85 Jahren. Er fungierte viele Jahrzehnte als Chefredakteur und Geschäftsführer der sozialdemokratischen Parteizeitung „Neue Zeit“. In dieser Funktion prägte er die politische und mediale Landschaft der Steiermark maßgeblich.

Ein Journalistenleben für die Sozialdemokratie

Josef Riedler wurde am 28. Juni 1936 in Wien geboren. Nach Abschluss einer Realschule in der Bundeshauptstadt begann er 1954 für den sozialdemokratischen Vorwärts-Verlag zu arbeiten. 1958 kam Riedler schließlich zur „Arbeiterzeitung“, der Parteizeitung der SPÖ, wo bereits 1961 sein Aufstieg zum Leiter des Wirtschaftsressorts erfolgte. Wenig später fungierte Riedler bereits als stellvertretender Chefredakteur. In den ersten Jahrzehnten nach Ende des Zweiten Weltkrieges war die österreichische Medienlandschaft maßgeblich von Parteizeitungen geprägt. In der Steiermark waren dabei vor allem das ÖVP-Blatt „Südost-Tagespost“ und die sozialdemokratische „Neue Zeit“ von Bedeutung. Vor dem Hintergrund dieser Konstellation kam Riedler nach Graz und übernahm 1965 als Chefredakteur die „Neue Zeit“.

Unter Riedlers Leitung hatte die Parteizeitung eine Reichweite von 15,8 Prozent. Damit war die „NZ“ deutlich stärker als die „Südost-Tagespost“ und lag nur knapp hinter der „Kleinen Zeitung“. In den folgenden Jahrzehnten änderte sich die Medienlandschaft jedoch dramatisch. Parteizeitungen verloren zugunsten von „unabhängigen Blättern“ immer stärker an Reichweite und Einfluss. Riedler gelang es dennoch, die „NZ“ 1987 als unabhängige links-liberale Zeitung zu positionieren und in das Eigentum der Mitarbeiter zu überführen. Die neue Konstruktion überlebte sogar die legendäre „Arbeiterzeitung“ um 10 Jahre. Schließlich musste die „NZ“ jedoch 2001 eingestellt werden.

Anschließend brachte Riedler noch eine kurzlebige Wochenzeitung mit dem Titel „Die Neue“ heraus. Nach deren Ende zog er sich schließlich aus dem Berufsleben zurück. Riedler blieb in der Folge bis zu seinem Lebensende politisch aktiv. Mit seinem Tod verliert die sozialdemokratische Bewegung einen großen Denker. Unter anderem baut auch die aktuelle Online-NZ „NeueZeit.at“ auf seiner Vorarbeit auf.

Riedlers Ableben hat zahlreiche Reaktionen aus Politik und Medien hervorgerufen. Besonders gut brachte dabei Anton Lang, Landeshauptmannstellvertreter und Vorsitzender der SPÖ Steiermark, das Lebenswerk des langjährigen NZ-Chefredakteurs auf den Punkt. „Josef Riedler war Zeit seines Lebens ein glühender Sozialdemokrat, der vor allem als Herausgeber der ‚Neuen Zeit‘ österreichische Zeitungsgeschichte geschrieben hat. Höchste Intellektualität und ein unglaubliches Gespür dafür, was die LeserInnen bewegt, waren bei Sepp Riedler kein Widerspruch. Unzählige JournalistInnen wurden von ihm geprägt. Mein tiefstes Beileid gilt in diesen traurigen Stunden vor allem seiner Familie und seinen vielen engen Freunden.“

Martin Amschl

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Martin Amschl
Tags: Arbeiterzeitung Neue Zeit Riedler SPÖ Tod

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