Das Burgenland richtet seine Kinder- und Jugendhilfe neu aus: Neben einer Anstellungsmöglichkeit für Pflegeeltern plant die Landesregierung mehr Sozialarbeiter in Schulen und längere Unterstützung von Jugendlichen.
Die burgenländische Landesregierung richtet die Kinder- und Jugendhilfe (KJH) im Bundesland neu aus. Künftig sollen sich – ähnlich wie pflegende Angehörige – auch Pflegeeltern beim Land anstellen lassen können. Das Personal in der Schulsozialarbeit wird aufgestockt und junge Menschen mit Betreuungsbedarf bekommen in Zukunft nicht nur bis zur Volljährigkeit, sondern bis zum 24. Lebensjahr Unterstützung.
Für Landtagsabgeordneten und SPÖ-Sozialsprecher Roland Fürst werden mit der Novelle „Meilensteine“ der Kinderhilfe gesetzlich festgeschrieben:
„Mit der Verankerung der Schulsozialarbeit und der Möglichkeit, sogenannte Care Leaver (Jugendliche in der Jugendhilfe nach dem 18. Geburtstag) bis zum 24. Lebensjahr zu betreuten, sind wir wieder einen großen Schritt in Richtung beste Kinder- und Jugendhilfe gegangen.“
Seit 1. Jänner 2020 ist die Kinder- und Jugendhilfe (KJH) Landessache, davor fiel sie in den Zuständigkeitsbereich des Bundes. Das Burgenland hat die Kompetenzverschiebung bereits letztes Jahr genutzt und fünf eigene Schulsozialarbeiter eingestellt. So konnten bisher 500 Beratungen in Form von Einzelhilfe, Krisenintervention und Konfliktmoderation durchgeführt werden.
Mit der neuen Novelle nimmt das Burgenland die Schulsozialarbeit in die KJH auf und stockt das Personal bis Ende nächsten Jahres um weitere drei Sozialarbeiterinnen auf. „Durch das niederschwellige Unterstützungssystem werden die jungen Menschen in schwierigen Situationen begleitet und ihnen die private Situation und auch der Weg in das Berufsleben erleichtert“, sagt der zuständige Landesrat Leonhard Schneemann.
Psychologische Unterstützung für Schülerinnen und Schüler ist gerade in der Corona-Krise wichtig. Die Hälfte der Jugendlichen zeigt wegen dauerndem Home-Schooling und wenigen sozialen Kontakten depressive Symptome. Besonders erschreckend: 16% der Jugendlichen geben an, dass bei ihnen regelmäßig Suizid-Gedanken auftauchen.
Anders als das Burgenland reagiert die Bundesregierung nicht darauf. Die letzte nennenswerte Reform der Schulsozialarbeit auf Bundesebene stammt aus 2018: Damals halbierte die damalige schwarz-blaue Bundesregierung das Budget für Schulsozialarbeit und Sprachförderung.
Teil der Gesetzesnovelle im Burgenland soll auch ein neues Anstellungsmodell für Pflegeltern sein, das sich an der Anstellung von pflegenden Angehörigen orientiert. Derzeit sind 127 Kinder bei Pflegeeltern untergebracht. Die Eltern sollen sich künftig beim Land für 1.700€ Netto-Mindestlohn anstellen lassen können.
„Pflegeeltern leisten eine enorm wichtige Arbeit für die Gesellschaft, indem sie Kinder in der Krise aufnehmen und ihnen Halt und ein Zuhause geben“, sagt Landesrat Schneemann. „Diese Leistungen müssen honoriert werden.“
Dritter Teil der Reform ist eine Neuerung für jene jungen Menschen, die einen Teil ihrer Jugend in Betreuungseinrichtungen verbracht haben und sich jetzt im Übergang in ein selbstständiges Leben befinden. Sie erhalten künftig Unterstützung bis zum 24. Lebensjahr, nicht nur wie bisher bis zum 18. Geburtstag. Die Kinder- und Jugendhilfe unterstützt die Betroffenen etwa beim Anmieten einer eigenen Wohnung.
Die Gesetzesnovelle soll die Kinderhilfe insgesamt noch praxisnäher machen – in die Reform fließen Erfahrungen aus der täglichen Arbeit ein. Die Neuerungen sollen aber keine Endstation sein. Landtagsabgeordneter Fürst, selbst gelernter Sozialarbeiter, will das „System weiterhin im Sinne der Kinder und Jugendlichen verbessern. Wir haben noch viel vor im Burgenland und sind im ständigen Austausch mit den Experten im Feld“, so Fürst.
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