Kärnten

Bis zu 625€ monatliche Grundsicherung für Kinder: Pilotprojekt will Armut verhindern

350.000 Kinder sind österreichweit akut von Armut betroffen, in Kärnten sind es 6.500. Ein Pilotprojekt der Volkshilfe will das ändern: Zwei Jahre lang bekommen armutsgefährdete Kinder bis zu 625€ Grundsicherung pro Monat. Erste Zwischenergebnisse des Vorzeigeprojekts machen Mut: „Die Kinder lachen mehr, denn sie können plötzlich teilnehmen am sozialen Leben“, sagt Kärntens Sozialreferentin Beate Prettner.

Da sollten alle Alarmglocken schrillen: In Österreich sind 350.000 Kinder akut von Armut betroffen, um 50.000 mehr als noch vor der Corona-Krise. Kärnten steht im österreichweiten Vergleich gut da: Im Bundesland sind „nur“ 6.500 Kinder direkt von Armut betroffen.

Für Kärntens Soziallandesrätin Beate Prettner (SPÖ) jedenfalls zu viel: „Armut raubt unseren Jüngsten die unbeschwerte Kindheit und die Zukunft“, sagt die Soziallandesrätin anlässlich einer Kundgebung in Klagenfurt. Prettner: „Dass in einem reichen Land wie Österreich jedes fünfte Kind von Armut betroffen ist und damit mehr Kinder als Erwachsene armutsgefährdet sind, ist beschämend.“

„Kindergrundsicherung“ der Volkshilfe: Bis zu 625€ pro Monat

Die Volkshilfe tourt derzeit durch Österreich, um auf die weit verbreitete Kinderarmut aufmerksam zu machen. Diese Woche machte das Team in Klagenfurt Halt. Armut beginne damit, dass der Wohnraum überbelegt ist“, sagt Volkshilfe Direktor Erich Fenninger. Und führe bis zu sozialer Isolation. Denn wenn nicht genug Geld vorhanden ist, um Freundinnen und Freunde gelegentlich zu Geburtstagsfeiern oder Spielenachmittagen einzuladen, werden die Kinder selbst auch nicht mehr eingeladen. Teure Nachhilfestunden für eine bessere Ausbildung können sich von Armut betroffene Familien schon lange nicht mehr leisten.

Sozialreferentin Beate Prettner (SPÖ) mit Volkshilfe Direktor Erich Fenninger bei der Kundgebung am Heiligengeistplatz in Klagenfurt. // Bild Büro LHStv.in Prettner

Die Volkshilfe-Tour hat nicht nur Probleme, sondern gleich auch einen Lösungsvorschlag im Gepäck: Eine Grundsicherung für Kinder. Alle in Österreich lebenden Kinder sollen bis zu ihrem 18. Geburtstag eine Grundsicherung von mindestens 200€ pro Monat bekommen. Je nach Einkommen der Eltern sieht das Modell einen Aufschlag von bis zu 425€ vor. Die Kindergrundsicherung beträgt also maximal 625€ pro Monat.

Kinder in Haushalten mit einem Jahreseinkommen von weniger als 20.000 Euro erhalten den vollen Aufschlag, danach wird schrittweise bis zu einem Jahreseinkommen von 35.000 Euro abgestuft. Den Grundbetrag von 200€ bekommen aber alle Kinder – durch Auszahlung an ihre Erziehungsberechtigten.

Ergebnisse des Pilotprojekts: „Kinder lachen mehr“

Die Volkshilfe erprobt die Kindergrundsicherung bereits seit zwei Jahren in einem bundesweiten Pilotprojekt. 23 armutsgefährdete Kinder erhalten die monatliche Grundsicherung. Das Geld dafür stammt aus Spenden, das Vorzeigeprojekt wird wissenschaftlich begleitet.

Die ersten Ergebnisse des Projekts machen Mut:

„Aus den durchgeführten Interviews geht hervor, dass sich die betroffenen Kinder viel freier fühlen, dass sie offener sind – denn sie können plötzlich teilnehmen am sozialen Leben“, sagt Sozialreferentin Prettner. „Die Kinder lachen mehr, denn sie sind dabei!“

Der Endbericht des Pilotprojekts liegt im Herbst vor. Dann können politische Ableitungen getroffen werden. „Mir als Sozialreferentin ist es damit jedenfalls ernst“, sagt Prettner. Kärnten werde alles dafür tun, „jedem Kind eine fröhliche, eine unbeschwerte, eine angstfreie Kindheit zu sichern.“

Volkshilfe-Kindergrundsicherung würde 600 Mio. Euro kosten

Österreichweit sind rund 1,5 Millionen Menschen armutsgefährdet, sie sind entweder direkt von Armut betroffen oder gefährdet, in Armut abzurutschen. Besonders drastisch sind die Folgen für Kinder – sie können sich meist ein Leben lang nicht aus der Armutsspirale befreien.

Das Volkshilfe-Pilotprojekt der Grundsicherung für Kinder ist europaweit einzigartig. Die Grundsicherung könnte ein Ersatz für derzeit ausbezahlte Leistungen wie den Familienbonus sein, auf den als Steuerbonus ohnehin nur besserverdienende Eltern Anspruch haben. Die bundesweite Einführung der Kindergrundsicherung würde rund 600 Millionen Euro kosten.

Zum Vergleich: Die türkis-grüne Regierung steckte 2020 insgesamt 18,2 Milliarden Euro Corona-Förderungen in Konzerne und Unternehmen – mehr als jedes andere EU-Land. Mit dieser Summe könnten Kurz und Co die Grundsicherung für Kinder 30-mal finanzieren.

Philipp Stadler

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