Fokus Arbeit

Arbeiten bis zum Umfallen? Industriepräsident Knill fordert Pensionsantritt mit 70

Schon jetzt starten zu viele Menschen nicht vom Erwerbsleben in die Pension, sondern aus dem Krankenstand oder der Arbeitslosigkeit. Trotzdem will der mächtige Präsident der Industriellenvereinigung die Arbeitnehmer noch länger zum Arbeiten zwingen. Kritik auf seinen Vorschlag lässt nicht lange auf sich warten. 

Mit seinem Auftritt in der ZiB 2 am Dienstagabend hat IV-Präsident Georg Knill eine hitzige Debatte losgetreten. Seine Forderung: Das gesetzliche Pensionsantrittsalter solle schrittweise an die steigende Lebenserwartung angepasst werden. Sein Ziel, das Pensionsalter perspektivisch auf 70 Jahre anzuheben. „Wir können gerne Richtung 70 gehen“, erklärte Knill im ORF-Interview und verwies auf Dänemark als Vorbild. Doch dabei lässt er wichtiges außer Acht.

Kritik an Knills Vorschlag: „Unsozial, realitätsfern und gefährlich!“

Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. Der Pensionistenverband Österreichs (PVÖ) zeigte sich empört: „Die Vorschläge der Industriellenvereinigung sind unsozial, realitätsfern und gefährlich“, erklärte der Verband in einer Aussendung. „Statt über ein höheres Pensionsalter zu fantasieren, sollte man endlich Maßnahmen ergreifen, um ältere Arbeitnehmer:innen am Arbeitsmarkt zu halten“

Auch aus der Politik kam scharfe Kritik. Der steirische Landesparteichef der SPÖ Steiermark, Max Lercher, sprach von einer „Verhöhnung der Lebensleistung der Steirerinnen und Steirer“ und warf Knill vor, die Lebensrealität der arbeitenden Bevölkerung zu ignorieren.

Viele rutschen aus Arbeitslosigkeit oder Krankheit in die Pension

Laut AMS ist rund ein Viertel der Menschen bereits vor dem gesetzlichen Pensionsalter nicht mehr erwerbstätig. Viele rutschen aus der Arbeitslosigkeit oder Krankheit direkt in die Pension. Besonders hart trifft es jene über 55. Wer in diesem Alter den Job verliert, hat kaum noch Chancen auf einen Wiedereinstieg.

Knill selbst versuchte in der ZiB 2, seine Forderung zu relativieren: Es gehe „nicht darum, Menschen länger arbeiten zu lassen“, sondern um „Anreize für längeres Arbeiten“. Für viele Kritiker:innen klingt das wie eine altbekannte neoliberale Formel – zu Lasten jener, die ihr ganzes Leben hart gearbeitet haben.

NeueZeit Redaktion

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