Frauen

Künstliche Intelligenz eine Herausforderung für das Menschsein.

Frau: In guter Gesellschaft – eine Kolumne von Anita Pitsch

Sie wollte nur schnell was essen. Vor ihr: ein Bildschirm, kein Mensch. Die Maschine reagierte nicht, als sie nicht zurechtkam. Niemand war da, der es hätte bemerken oder ihr helfen können. Am Ende ging sie hungrig nach Hause. Künstliche Intelligenz wirkt effizient, aber sie ist nicht menschlich. Sie hört nicht zu, sieht nicht hin. Und wer nicht mitkommt, bleibt zurück. Die unsichtbare Kehrseite des digitalen Fortschritts. 

Wenn KI den Alltag bestimmt und wir zurückbleiben

Vor kurzem erzählte mir eine Freundin, die Mitte 60 ist, von einem Erlebnis, das sie sehr bewegt hat. Sie war unterwegs, hungrig, und beschloss, bei einer bekannten Fastfoodkette etwas zu essen. Doch statt eines Menschen hinter der Theke stand sie vor einem Automaten. Touchscreen, Menüauswahl, Kartenzahlung. Kein freundlicher Blick, keine Stimme, die fragte: „Was darf’s sein?“ Sie probierte, tippte, wurde unsicher. Irgendwann drehte sie sich um und ging hungrig nach Hause. Nicht, weil sie nichts leisten konnte. Sondern weil sie mit der neuen Technik nicht zurechtkam. Auch wenn hier keine Künstliche Intelligenz im Spiel war, zeigt das Erlebnis, wie automatisierte Systeme das Persönliche verdrängen.

Wo früher ein Mensch half, steht heute eine Maschine. Die Frage drängt sich auf: Werden Menschen durch KI und digitale Technologien allmählich ersetzt. Fast unbemerkt, aber deutlich spürbar?

Was wie eine kleine Episode wirkt, steht für etwas Größeres: Die Technik ist so selbstverständlich geworden, dass wir sie kaum noch bewusst wahrnehmen. Sie verschwindet im Alltag hinter den Kulissen und doch beeinflusst sie unser Leben spürbar. Und wer in dem System nicht mithalten kann, bleibt außen vor.

Jung und Alt: Niemand wird verschont

Ich kann dieses Gefühl gut nachvollziehen. Ich bin technisch versiert, nutze das Internet, organisiere digital Termine, bezahle online und trotzdem merke ich: Die Geschwindigkeit, mit der sich alles verändert, ist rasend. Oft schneller, als gerade ältere Menschen mithalten können.

Früher ging ich zur Bank, kannte den Namen der Person am Schalter. Heute läuft alles über Apps, Automaten, Algorithmen. Wenn ich Fragen habe, öffnet sich ein Chatfenster mit automatisierten Antworten, oft eher frustrierend statt hilfreich.

Auch Jüngere sind betroffen. Ein Bekannter, Anfang zwanzig, erzählte mir kürzlich von seiner Zugreise. Er stand an einem Bahnhof auf dem Land, kein Empfang, keine App-Verbindung. Der Fahrkartenautomat nahm kein Bargeld. Keine Hilfe weit und breit. Der Zug fuhr ohne ihn. Technik war da, Menschen nicht. Wenn wir also fragen: Ersetzt KI Menschen? Dann geht es nicht nur darum, ob Maschinen Jobs übernehmen.

Es geht auch darum, ob das Menschliche verdrängt wird: Mitgefühl, Geduld, Zuhören. Und ob wir uns am Ende einer Technik anpassen müssen, statt sie sich an uns.

KI entscheidet,  aber wer gestaltet sie eigentlich?

Künstliche Intelligenz basiert auf Daten und Algorithmen. Sie lernt, Muster zu erkennen, und trifft darauf basierend Entscheidungen, zum Beispiel in der Medizin, bei Bewerbungen oder beim Kreditrating. Für viele wirkt das objektiv, neutral und präzise. Aber das ist ein Trugschluss.

Denn die KI-Systeme spiegeln vor allem das wieder, womit sie „gefüttert“ wurden und das sind oft einseitige, fehlerhafte oder lückenhafte Daten.

Außerdem ist kaum nachvollziehbar, wie eine KI zu ihrer Entscheidung kommt. Das macht sie schwer überprüfbar und nicht für alle Menschen gleich zugänglich oder fair.

Wenn Vielfalt fehlt: Wer wird von KI mitgedacht und wer nicht?

Der Tech-Sektor ist nach wie vor stark männlich, westlich und wirtschaftlich geprägt. KI-Systeme, die heute unseren Alltag mitbestimmen, entstehen aus Perspektiven, die oft nicht die Lebensrealität der Mehrheit widerspiegeln.

Diese Lücken sind nicht harmlos. In der Medizin zeigte eine Studie, dass KI-gestützte Diagnosesysteme Frauen mit Herzinfarktsymptomen häufiger falsch einschätzen, weil die Trainingsdaten vor allem aus männlich Daten stammen. Das führt zu späteren Diagnosen, falschen Therapien und höheren Risiken. Was hier fehlt, ist nicht nur Datenvielfalt, sondern Mitgestaltung: von Frauen, älteren Menschen, Menschen mit Behinderungen, Menschen mit wenig digitalem Zugang.

Was verlieren wir, wenn KI den Ton angibt? 

Technologie bietet Komfort und Effizienz, aber zu welchem Preis?

Ersetzt KI Menschen? Vielleicht nicht vollständig. Aber sie ersetzt oft das, was viele dringend brauchen: zwischenmenschliche Hilfe, Geduld, ein Lächeln. Das, was unsere Gesellschaft im Kern zusammenhält.

In guter Gesellschaft heißt: Wir schaffen Raum für alle Stimmen. Für Vielfalt. Für Mitgestaltung. Für eine Zukunft, in der niemand ausgeschlossen wird, auch nicht von modernen Technologien.

Tipp: googelt einmal CEO. Was fällt euch auf? Keine Frauen vorhanden.


Frau: In guter Gesellschaft – Hallo, ich bin Anita Pitsch. Heute, mit 60+ und einem abgeschlossenen Masterstudium bin ich Podcasterin, Journalistin und starte nun diese Kolumne. Mein Anliegen ist es, mich für eine gerechtere und inklusivere Gesellschaft einzusetzen und über Themen zu schreiben, die uns betreffen und bewegen, unabhängig vom Alter. Heute geht’s um Frauen und Wein

Anita Pitsch

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Veröffentlicht von
Anita Pitsch
Tags: Arbeit Frau in guter Gesellschaft Künstliche Intelligenz

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