Die geheimen ÖVP-Chats und die Ermittlungen gegen Vertraute setzen Bundeskanzler Sebastian Kurz unter Druck. Seine persönlichen Umfrage-Werte liegen schon hinter denen seiner Partei.
Am vergangenen Wochenende gedachte die Bundesregierung den 10.000 COVID-Todesopfern. 10.000 Einzelschicksale, die alle Familien, Freunde und Angehörige hatten. Für sie sind Welten zusammengebrochen.
Das wäre Anlass für Demut. Aber was macht der österreichische Bundeskanzler? Er spricht davon, dass die Welt in der Corona-Pandemie nicht untergegangen sei.
Für viele ist sie das. Sei es durch den Verlust geliebter Menschen, sei es durch Konkurs, sei es durch Arbeitslosigkeit, sei es durch soziale Isolation oder sei es durch den psychischen Druck, der auf vielen Eltern, Älteren oder Jugendlichen lastet.
Kanzler Sebastian Kurz aber sagt all jenen Menschen, die vor dem Ruin stehen, es sei alles nicht so schlimm. Dazu gehört eine gehörige Portion Abgehobenheit von der Lebensrealität der ganz normalen Menschen.
Sebastian Kurz gerät immer stärker unter Druck. Das scheint sein wahres Ich zum Vorschein zu bringen. So beleidigte er etwa eine Journalistin („Haben Sie kein eigenes Hirn?“), hetzte gegen die Kirche (Stichwort „Vollgas geben“ aus den geheimen ÖVP-Chats) oder spielte im Parlament desinteressiert am Handy, während es um das Schicksal von hunderttausenden Corona-Arbeitslosen ging.
In kritischen Momenten verschwindet Kurz überhaupt ganz von der öffentlichen Bühne. Andere müssen Entscheidungen treffen, wo sich der Bundeskanzler feige wegduckt. Sobald Jubelmeldungen zu verkünden sind, steht Kurz aber wieder in der ersten Reihe. Agiert so ein Kanzler?
Immer sind alle anderen schuld, nur Kurz nie. Aber ständig nach Umfragewerten zu regieren, wird sich auf Dauer nicht ausgehen. Es wird nicht reichen, wenn kein ideologisches Fundament vorhanden ist.
Kurz wird weiter dahin lavieren. Geleitet durch seine Politik der Umfragen wird er versuchen, es allen recht zu machen, dabei aber niemanden zufriedenstellen.
Kurz wird versuchen, sich über die Zeit zu retten. Er wirkt aber jetzt schon wie ein angeschlagener Boxer, der nur mehr vor sich hin taumelt. Es bleibt abzuwarten, wann der Zeitpunkt kommt, an dem die mächtigen ÖVP-Länderchefs den Daumen endgültig senken. Die persönlichen Umfrage-Werte von Sebastian Kurz liegen schon hinter denen seiner Partei. Das ist meist der Anfang vom Ende.
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