Oberösterreich ist das einzige Bundesland, in dem die Opposition keinen Untersuchungs-Ausschuss einsetzen kann. Außerdem sind Anfragen an Mitglieder der Landesregierung hierzulande geheim. Das wollen die Oppositionsparteien jetzt mit Anträgen im „Unterausschuss Landesverfassung“ ändern. Aber die Stelzer-Landesregierung spielt auf Zeit: Sie verschiebt die Gesetzes-Anträge so lange nach hinten, bis sie automatisch verfallen.
Oberösterreich ist das einzige Bundesland, in dem die Oppositionsparteien keinen Untersuchungs-Ausschuss zur Kontrolle der Regierungsarbeit einsetzen können. Das geht nur mit den Stimmen der Landesregierung. Außerdem sind Landtags-Anfragen an die Regierungsmitglieder hierzulande geheim. Selbst nach Bürgerinitiativen und Petitionen aus der Bevölkerung sucht man in Oberösterreich vergebens – sie sind nicht öffentlich einsehbar.
Kurz gesagt: Kontrollrechte für die Opposition sowie Transparenz werden im seit 1945 ÖVP-regierten Oberösterreich nicht gerade großgeschrieben. Der Landtag hat zu diesen Demokratie-Fragen nun (wieder) einen eigenen „Unterausschuss Landesverfassung“ eingesetzt.
Im Unterausschuss werden Gesetzesvorschläge verhandelt. Bei seiner ersten Sitzung brachten die Oppositionsparteien gleich sieben Anträge ein. Die Landes-SPÖ etwa beantragte, den Untersuchungs-Ausschuss zum Minderheitenrecht zu machen.
Der U-Ausschuss – er heißt in Oberösterreich offiziell „Untersuchungs-Kommission“ – kann in ganz Österreich von der Opposition eingesetzt werden, ist somit „Minderheitenrecht“. Im Bund etwa reicht ein Viertel der Stimmen im Parlament dazu, in der Steiermark oder in Niederösterreich sind ein Drittel der Abgeordneten nötig. Nur in Oberösterreich muss die Mehrheit im Landtag zustimmen – also auch die regierenden Parteien. Ein schlechter Scherz, schließlich wird sich die Landesregierung in einem U-Ausschuss kaum selbst kontrollieren wollen.
Tatsächlich kam in Oberösterreich bisher nur eine einzige Untersuchungs-Kommission zu Stande: 1999 befasste sich der Landtag mit den Vorfällen im Landeskrankenhaus Freistadt.
Bereits 2016 beantragte die SPÖ Oberösterreich, die Untersuchungs-Kommission zum Minderheitenrecht im Landtag zu machen. Seitdem sind es ausgerechnet die Landesregierungs-Parteien ÖVP und FPÖ, die die Reform ständig verschieben. „Die SPÖ kämpft seit fast 10 Jahren für eine Verbesserung dieser kaputten Regelung, aber die ÖVP blockiert die Reparatur unserer Demokratie, weil sie dadurch ihre Allmacht gefährdet sieht“, sagt SPÖ-Chef Michael Lindner.
Im Bund läuft gerade ein U-Ausschuss zu mutmaßlicher ÖVP-Korruption, in Niederösterreich wollen NEOS und Grüne einen Ausschuss zu Inseraten in zwei ÖVP-Medien einsetzen. Kein Wunder, dass OÖ-Landeshauptmann Thomas Stelzer seit Jahren verhindert, ein politisches Kontrollgremium in seinem Bundesland zu installieren.
Auch ein anderes Demokratie-Defizit wollen die Sozialdemokraten in Oberösterreich beheben: Die SPÖ beantragte im Unterausschuss die Veröffentlichung von Landtagsanfragen. Landtagsabgeordnete können zwar Anfragen an Mitglieder der Landesregierung stellen, die Antworten bleiben aber geheim. Im Bund ist das schon lange anders: Parlamentarische Anfragen werden auf der Webseite des Parlaments veröffentlicht.
Hier wird es absurd: Schon in der vergangenen Landtagsperiode von 2015 bis 2021 setzte der OÖ-Landtag einen Unterausschuss zu Verfassungsfragen ein. Im Sommer 2019 einigte man sich dort darauf, die Anfragen an die Landesregierung zu veröffentlichen. Passiert ist seitdem aber nichts.
Man könnte vermuten: Dahinter steckt eine gezielte Taktik der ÖVP-FPÖ-Landesregierung. Denn neben der Veröffentlichung der Anfragen sind in der letzten Regierungsperiode auch zwölf weitere Anträge im Unterausschuss „liegen geblieben“. Mit dem Ende der Landtagsperiode 2021 sind sie automatisch verfallen.
Nach der Landtagswahl letzten Herbst haben die Parteien einen neuen „Unterausschuss Verfassung“ eingesetzt. Dort müssen alle Vorschläge jetzt neu eingebracht werden. Das kostet Zeit. ÖVP und FPÖ scheinen es aber ohnehin nicht eilig zu haben. Obwohl bei der ersten Sitzung gleich sieben Anträge eingebracht wurden, gab es keine konkreten Diskussionen dazu. Erst einmal sollen alle Abgeordneten auf denselben Wissensstand gebracht werden, hieß es nach dem ersten Termin.
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