ÖVP-Finanzminister Magnus Brunner will die Steuer auf Aktiengewinne abschaffen. Das Steuergeschenk würde dem Staat jährlich 200 bis 300 Millionen Euro kosten und vor allem jenen helfen, die in der aktuellen Teuerungswelle wohl ohnehin die wenigsten Sorgen haben. Denn mehr als die Hälfte des gesamten Aktienvermögens gehört den reichsten zehn Prozent der Haushalte.
ÖVP-Finanzminister Magnus Brunner will jetzt offenbar mit seinem Vorhaben ernst machen: Die Steuer auf Gewinne aus Aktien oder anderen Wertpapieren soll fallen. Schon Anfang des Jahres hatte Brunner die Abschaffung der sogenannten Kapitalertragssteuer (KESt) in Aussicht gestellt. Jetzt drängt der Finanzminister im Interview mit dem Wirtschaftsmagazin „trend“ erneut darauf.
Für Arbeiterkammer-Steuerexperten Dominik Bernhofer wäre das eine „Steuerbegünstigung für das reichste Prozent“. Denn von denen besitzt jeder Vierte Aktien. In der ärmeren Hälfte der Bevölkerung halten hingegen weniger als zwei Prozent der Haushalte Aktien. Die Folge: 58 Prozent des gesamten Aktienvermögens liegt in den Händen der reichsten zehn Prozent der Bevölkerung.
Der Zeitpunkt von Brunners Ankündigung ist gewagt. Ausgerechnet während viele Haushalte wegen der Teuerung die Heizung nicht aufdrehen können, drängt der ÖVP-Finanzminister auf ein Steuergeschenk für reiche Aktionäre.
Den Staat und somit die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler würde das Vorhaben 200 bis 300 Millionen Euro kosten, schätzt die Gewerkschaft GPA.
Derzeit beträgt die Kapitalertragssteuer 27,5%. Die SPÖ-ÖVP-Regierung unter Faymann und Spindelegger hatte sie 2012 eingeführt, um Staatsschulden abzubauen. Zunächst betrug der Steuersatz noch 25%, 2016 wurde er auf den heute gültigen erhöht.
Die KESt-Abschaffung steht im türkis-grünen Regierungsprogramm. Finanzminister Brunner hat bereits im Frühling einen Gesetzesentwurf erstellt. Der liegt derzeit bei den Grünen, die mit der Abschaffung der Gewinnsteuer auf Wertpapiere aber keine Eile zu haben scheinen. Offene Verhandlungspunkte dürften noch eine etwaige Höchstgrenze sowie eine sogenannte „Behaltefrist“ sein. Die Gewinne aus Aktien sollen nur dann steuerfrei sein, wenn Anleger die Wertpapiere mindestens eine gewisse Zeit behalten, etwa ein oder zwei Jahre. Für das kurzfristige Spekulieren mit Aktien soll die Steuer bleiben.
Finanzminister Magnus Brunner argumentiert seine geplante KESt-Abschaffung mit finanzieller Vorsorge: „Wie soll jemand aus dem Mittelstand anders vorsorgen als über Anlagen auf dem Kapitalmarkt?“
Kein gutes Haar an Brunners Vorhaben lässt SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer: „Die ÖVP hat überhaupt keinen Genierer mehr in ihrer Politik für die Reichen und Superreiche.“ Die Kanzlerpartei liefere damit den „Wahrheitsbeweis für den Ausspruch von Thomas Schmid“. Der hatte in einer mittlerweile berühmten Chat-Nachricht an einen Mitarbeiter geschrieben: „Vergiss nicht – du hackelst im ÖVP-Kabinett!! Du bist die Hure für die Reichen!“
Kritik kommt auch von der NGO „Attac“. Das Aus für die Wertpapier-Gewinnsteuer wäre der „nächste Schritt, um die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich weiter zu vergrößern“. Attac fordert, die Steuer auf Zinsgewinne sogar zu erhöhen. Kapitalerträge seien ebenfalls ein Einkommen und sollen daher wie Arbeitseinkommen besteuert werden. Motto: Wieso sollten reiche Aktionäre, die nur ihr Geld für sich arbeiten lassen, weniger Steuern zahlen als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die selbst für ihren Lohn arbeiten müssen?
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