Österreich

MAN-Steyr: 8.400 Jobs sind in Gefahr und die Regierung redet nicht mal mit den Arbeitern

Bei MAN-Steyr stehen insgesamt 8.400 Jobs auf dem Spiel, aber die Regierungsspitze ist auffallend schweigsam. Weder Kanzler Sebastian Kurz oder Arbeitsminister Martin Kocher noch Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (alle ÖVP) hielten es bisher für Wert, mit der Belegschaft im Werk zu sprechen. Zum potenziellen Investor und Multi-Millionär Siegfried Wolf pflegt die ÖVP-Spitze hingegen gute Kontakte.

Die Belegschaft des LKW-Bauers MAN in Steyr bangt weiter um ihre Jobs. Von einer Schließung des Werks wären nicht nur die 2.300 MAN-Beschäftigten betroffen, mit allen Zulieferbetrieben geht es österreichweit um 8.400 Jobs. Die Frist, innerhalb der das Kaufangebot des Investors Siegfried Wolf exklusiv gilt, läuft ab.

Wie es mit den Beschäftigten weitergeht, ist völlig offen. Aber weder die Bundesregierung noch die Landesregierung lässt sich im Werk in Steyr blicken. Während Kurz und Co auf Pressekonferenzen regelmäßig neue Arbeitsmarktpakete präsentieren, sind sie auffällig schweigsam, wenn es wirklich ernst wird.

Kanzler Sebastian Kurz, Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck, Arbeitsminister Martin Kocher und Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (alle ÖVP) – niemand von ihnen hat bisher die Beschäftigten im Werk besucht. Mit dem Management sind die ÖVP-Politiker aber sehr wohl verbandelt.

Von einer Schließung wäre jeder 100. Arbeitsplatz in OÖ betroffen

8.400 Jobs sind nicht nur eine große Zahl, dahinter stehen auch Schicksale. Etwa das eines Arbeiters, der ein Haus gekauft und einen Kredit aufgenommen hat, „weil ich der Garantie von MAN vertraut habe, über zehn Jahre Arbeit zu haben.“ Die Regierungsspitze hält es trotzdem nicht für notwendig, mit der Belegschaft zu sprechen.

Nur die oppositionelle SPÖ besuchte bisher das Werk – und das mehrmals. Zuletzt waren Parteichefin Pamela Rendi-Wagner und Landeschefin Birgit Gerstorfer in Steyr, um vor den Werkstoren mit den Arbeiterinnen und Arbeitern zu sprechen. „Von einer Schließung wäre jeder dritte Arbeitsplatz in der Region Steyr und jeder hundertste Arbeitsplatz in Oberösterreich betroffen“, sagt Gerstorfer in Steyr. „Wir brauchen jetzt einen Schulterschluss gegen die Schließungspläne und einen gemeinsamen Kraftakt auf Landes- und Bundesebene, um die Arbeitsplätze in Steyr zu sichern!“

Sogar der niederösterreichische Landeshauptfrau-Stellvertreter Franz Schnabl (SPÖ) fuhr nach Steyr, weil viele Niederösterreicher zu MAN nach Oberösterreich pendeln.

Steyrs Vizebürgermeister Markus Vogl, SPÖ-Bundesvorsitzende Pamela Rendi-Wagner und Landeschefin Birgit Gerstorfer (von links) sprechen mit der MAN-Belegschaft in Steyr. // Bild: SPÖ

Landeshauptmann Stelzer hat das MAN-Werk schon aufgegeben

Von Kanzler Kurz und Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer ist aber keine Spur. Ganz im Gegenteil: Stelzer scheint die Belegschaft schon aufgegeben zu haben, obwohl die Verhandlungen noch laufen. Als oberster Vertreter des Landes sagte er in der letzten Landtagssitzung: „Es ist bitter, aber unverrückbar: MAN wird schließen.“

Aus dem Werk ist anderes zu hören. Man arbeite intensiv an einer Lösung, heißt es aus Betriebsrats-Kreisen. Das Ziel sei möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten und für jene, die möglicherweise gehen müssen, einen guten Sozialplan zu verhandeln.

Möglicher MAN-Steyr Investor Wolf pflegt gute Kontakte zur ÖVP

Mit den Arbeitern sprechen sie nicht, mit den Chefitäten hat die ÖVP-Spitze weniger Berührungsängste. Der potenzielle Investor Siegfried Wolf – er könnte das MAN-Werk immer noch übernehmen – gilt als Vertrauter von Kanzler Sebastian Kurz. Die Übernahme-Pläne von Wolf sahen ursprünglich 650 Kündigungen und bis zu 15%ige-Lohnkürzungen vor.

Der Name des umtriebigen Managers Wolf taucht auch in den geheimen Chats zwischen Kurz und Thomas Schmid, dem Chef der Österreichischen Beteiligungs AG (ÖBAG), auf. Kurz wollte einen gewissen „SW“ – also wohl Siegfried Wolf – zum neuen Aufsichtsrats-Chef der ÖBAG machen. Daraus wurde nichts. „Kurz scheisst sich voll an“, schreibt Thomas Schmid dazu.

Siegfried Wolf zählte auch zu jenen mächtigen Industriellen, die Sebastian Kurz bei seiner Kanzler-Kandidatur unterstützten, berichtet der Publizist Lukas Oberndorfer. Wolf sprach dem Vorgänger von Kurz, Ex-ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner, auf einem Netzwerktreffen 2017 seine Wirtschafts-Kompetenz ab. Ein Jüngerer müsse ran, meinte der Manager damals. Wenig später übernahm Sebastian Kurz die ÖVP und später auch das Bundeskanzleramt.

NeueZeit Redaktion

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