Österreich

125 Mio. Euro Steuergeschenk für Unternehmen: Kocher will den Insolvenzschutz für Beschäftigte kürzen

ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher will die Arbeitgeber-Beiträge zum Insolvenzfonds halbieren und Unternehmen damit jährlich 125 Millionen Euro an Steuern schenken. Zulasten der Beschäftigten, denn aus dem Fonds werden die Gehälter der Mitarbeiter weiterbezahlt, wenn ein Unternehmen in Insolvenz geht.

Das nächste Steuergeschenk für Konzerne und Unternehmen? Zumindest wenn es nach ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher geht. Der fordert jetzt, die Arbeitgeber-Beiträge an den sogenannten Insolvenzentgeltfonds zu halbieren. Damit würden sich Unternehmen 125 Millionen Euro Steuern pro Jahr sparen.

Zulasten der Beschäftigten, denn aus dem Fonds werden die Löhne der Mitarbeiter weiterbezahlt, wenn ein Betrieb in Konkurs geht.

Ob Kochers Forderung umgesetzt wird, soll nach einer kurzen Begutachtungsfrist des Gesetzesentwurfs feststehen. Die Entscheidung könnte schon diese Woche fallen.

Martin Kocher will die Unternehmens-Beiträge zum Insolvenzfonds halbieren

Der Insolvenzentgeltfonds ist so etwas wie eine Versicherung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von insolventen Unternehmen. Derzeit liegen 870 Millionen Euro in diesem Fonds, aus denen Arbeitnehmer im Konkurs-Fall weiter ihre Gehälter erhalten.

Arbeitgeber zahlen aktuell 0,2% der Bruttolöhne in den Fonds ein. Kocher will diesen Unternehmer-Beitrag jetzt auf 0,1% senken. Bis 2024 würde sich das Guthaben des Insolvenzfonds dadurch auf rund 400 Millionen Euro reduzieren.

Kocher will den Unternehmen mit dem in Aussicht gestellten Steuergeschenk einen „wirtschaftlichen Impuls“ geben, wodurch wiederum neue Jobs entstehen sollen. Der Fonds sei trotz Senkung der Beiträge immer noch hoch genug dotiert. Beifall kommt von der Industriellenvereinigung. Für die Wirtschafts-Lobby ist die Senkung der Lohnnebenkosten eine „wichtige Maßnahme zur richtigen Zeit“.

„Wenn es brennt, kündigt man nicht die Brandschutzversicherung“

Für SPÖ, FPÖ und Gewerkschaftsbund ist der Zeitpunkt hingegen genau der falsche. „In wirtschaftlich unsicheren Zeiten kürzt man nicht die Insolvenzversicherung“, sagt SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch. In Corona-Zeiten lasse sich nicht voraussagen, wie sich die Unternehmens-Insolvenzen weiter entwickeln.

SPÖ-Sozialsprecher Muchitsch: „Wenn es brennt, kündigt man nicht die Brandschutzversicherung.“

Die freiheitliche Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch kommentiert den Kocher-Vorschlag so: „Nun sind die Mitarbeiter auf der `Abschussliste´“. Für Barbara Teiber, Vorsitzende der Gewerkschaft GPA, ist das Kürzen des Insolvenzschutzes für Beschäftigte mitten in der Pandemie „unverantwortlich“.

ÖVP & Grüne schenken Konzernen bereits 750 Mio. durch Körperschaftssteuer-Senkung

Dass der Vorschlag ausgerechnet von Martin Kocher kommt, überrascht. Schließlich ist er als Arbeitsminister so etwas wie die ministerielle Vertretung der Beschäftigten in Österreich. Die Halbierung des Insolvenzfonds kommt aber nur Unternehmen zugute – Beschäftige könnten draufzahlen, wenn ihre Löhne im Konkursfall nicht mehr weiterbezahlt werden können.

Die Maßnahme würde jedenfalls ins Bild der türkis-grünen Regierung passen. Schon im Zuge der Steuerreform beschlossen ÖVP und Grüne ein Steuergeschenk für Konzerne und Unternehmen. Durch die Senkung der Körperschaftssteuer von 25% auf 23% sparen Unternehmen künftig 750 Millionen Euro Steuern pro Jahr.

Je größer der Konzern, desto größer die Ersparnis. „Red Bull“ von Milliardär Dietrich Mateschitz etwa muss in Zukunft 19,1 Millionen Euro weniger Steuern zahlen. Zu den größten Gewinnern zählen auch einige ausländische Konzerne: Die „Coca-Cola GmbH“ spart 830.000 Euro, die „McDonald´s Franchise GmbH“ 760.000 Euro.

Philipp Stadler

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