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Portugal deckelt Mieten, vergibt leerstehende Wohnungen & streicht die MWSt auf Grundnahrungsmittel

Die Teuerung treibt immer mehr Menschen in die Armut, die niemals damit gerechnet hätten. ÖVP und Grüne weigern sich trotzdem, gegen die rasenden Preise vorzugehen.  Die portugiesische Regierung zeigt, dass es auch anders geht: Schon letztes Jahr hat sie die Mieten gedeckelt. Seit kurzem vermietet der Staat leerstehende Wohnungen. Zuletzt hat die Regierung die Mehrwertsteuer auf 44 Grundnahrungsmittel ausgesetzt.

Zwischen 2017 und 2022 sind die Mieten in Portugal um 42 Prozent gestiegen. Das Land zählt zu den ärmsten Westeuropas. Obwohl ihn die Regierung erst im Dezember angehoben hat, liegt der Mindestlohn bei gerade einmal 760 Euro im Monat. Mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer:innen verdient monatlich weniger als 1000 Euro.

Die Regierung des sozialistischen Premierministers António Costa hat deshalb Mieterhöhungen begrenzt. Vermieter:innen dürfen sie um maximal zwei Prozent steigern. Als Nächstes will Costa rund 730.000 leerstehende Wohnungen auf den Markt bringen. Bleibt eine Wohnung länger als zwei Jahre unbewohnt, wird Portugal sie zwangsvermieten lassen.

Leerstehende Wohnungen sollen auf den Markt

Eigentümer:innen der leerstehenden Wohnung bekommen von der Gemeinde ein Mietangebot, auf das sie binnen zehn Tagen antworten müssen. Nehmen sie das Angebot nicht an, haben sie noch weitere 90 Tage Zeit, die Wohnung zu vermieten oder sie selbst zu nutzen. Unternehmen die Eigentümer:innen weiterhin nichts, „fahren Gemeinden mit der Zwangsverpachtung fort“, heißt es im geplanten Gesetz. Hierbei verwaltete die Gemeinde die Wohnung und führt bei Bedarf Renovierungsarbeiten zur Bewohnbarkeit durch. Die frei gewordenen Wohnungen kommen dann für fünf Jahre mit günstigen Mieten auf den Markt. Laut Regierung dürfen die Mieten nicht mehr als 35 Prozent des Familieneinkommens ausmachen. Die Einnahmen werden – abzüglich der Sanierungskosten – an die Eigentümer:innen ausgezahlt. Eine Ausnahme bilden Immobilien, die als touristische Unternehmen oder örtliche Beherbergungsbetriebe registriert sind. Ausgenommen sond auch Wohnungen, an denen gerade gearbeitet wird, oder die kurz vor dem Verkauf stehen.

ÖVP & Grüne: Inflation befeuern, statt Mieter:innen entlasten

In Österreich schaut die Situation anders aus. Auch hier wurde Ende Februar eine Mietpreisbremse diskutiert. Letztendlich entschieden sich ÖVP und Grüne jedoch zu einem Wohnkostenzuschuss. Während diese 250 Millionen Euro als Einmalzahlung ausgeschüttet werden, bleiben die gestiegenen Mieten jedoch gleich oder erhöhen sich in Zukunft. Zudem landet der Wohnkostenzuschuss nach der Mietzahlung wieder beim Vermieter. Die Teuerung im Februar betrug in Österreich 11 Prozent. Mieter:innen müssen nicht nur wie alle anderen höhere Preise für Energie und Strom zahlen, sondern eben auch erhöhte Mietpreise.

Auch Gabriel Felbermayr, Leiter des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) kritisiert die Vorgehensweise der Regierung: „Ich dachte, mittlerweile wäre verstanden, dass immer neue Cash-Transfers zwar soziale Härte abfedern können, aber die Inflation nicht dämpfen, sondern sogar befeuern.“ Der Staat habe diese 250 Millionen Euro nicht und müsse sie auf den Kapitalmärkten aufnehmen; bringt man neues Geld in die Wirtschaft, treibt das die Preise nach oben, so Felbermayr. Seiner Ansicht nach, sei die Mietpreisbremse eine Möglichkeit gewesen, um aus der Preisspirale auszusteigen.

Portugal setzt die Mehrwertsteuer aus

Die portugiesische Regierung hingegen dämpft die steigende Inflation mit einem Aussetzen der Mehrwertsteuer. Auf 44 Grundnahrungsmittel setzt sie die Mehrwertsteuer vorläufig für sechs Monate aus. Wen nötig, will sie diesen Zeitraum verlängern. Diese Maßnahme ist Teil einer mit Produzenten und Handel unterzeichneten Vereinbarung, mit der die Preise möglichst bald stabilisiert werden sollen. In diesem Rahmen sind auch finanzielle Unterstützungen für Land- und Viehwirte vorgesehen. Durch das Aussetzen der Mehrwertsteuer werden unter anderem Brot, Eier, Fleisch, Öl, Joghurt, Fisch und Käse günstiger und für die portugiesischen Haushalte wieder leistbarer.

Kasija Milosevic

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