Österreich

Trotz Rekordumsätzen bei mjam: Kein Urlaub und kein Krankenstand für Lieferanten

Lieferdiensten wie mjam bescherte Corona Rekordumsätze. Doch die Lieferantinnen und Lieferanten selbst haben wenig davon. Sie wollen sich das nicht mehr gefallen lassen. Unterstützung kommt von Gewerkschaft und SPÖ.

Seit März hat die Gastronomie zu oder hat eingeschränkten Betrieb. Viele meiden sie aus Sorge, sich mit Covid-19 zu infizieren. Und bis Jänner sind die Lokale in Österreich ganz geschlossen. Nur Abholung und Zustellung sind erlaubt. Goldene Zeiten für Lieferservices!  Der deutsche Mutterkonzern von mjam, Delivery Heroes, verdoppelte beispielsweise im bisherigen Geschäftsjahr seinen Umsatz.

mjam: Lieferanten gehen leer aus

Diejenigen, die bei Wind und Wetter Essen ausliefern haben allerdings wenig bis gar nichts von diesem Geldregen. Dabei konnten die Lieferantinnen und Lieferanten erst letztes Jahr den weltweit ersten Kollektivvertrag für Fahrradbotinnen durchsetzen. Seit 1. Jänner 2020 ist er in Kraft. Doch Unternehmen wie mjam schert das wenig: Sie stellen einfach über 90% ihrer Fahrerinnen und Fahrer als freie Dienstnehmerinnen ein. Das bedeutet: Kein Krankenstand ab dem ersten Tag, kein Urlaub, kein Urlaubsgeld, kein Weihnachtsgeld, keine Pflegefreistellung für Kinder, …

Wirklich Freie Dienstnehmer?

Freie Dienstnehmerinnen und Freie Dienstnehmer können sich dafür ihre Arbeitszeit frei einteilen und sind meist für mehrere Unternehmen tätig. Wie schaut das bei mjam aus? Die meisten Lieferantinnen und Lieferanten arbeiten ausschließlich für mjam und von freier Zeiteinteilung kann keine Rede sein. Das Unternehmen hat ein Punktesystem eingeführt, mit dem „brave“ Lieferantinnen und Lieferanten belohnt werden. Wer so funktioniert, wie es mjam gerade passt, kommt so an die besten Schichten. Im Effekt verrichten sie die gleiche Arbeit, wie fest angestellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Nur verdienen sie weniger, haben keine soziale Absicherung und keinerlei Mitsprache im Unternehmen.

Wenigstens 9,50 pro Stunde und Krankenstand

Bei den anstehenden Kollektivvertragsverhandlungen will die Gewerkschaft vida deshalb mehr Rechte für die Freien Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer durchsetzen. Einen Mindestlohn von 9,50 und Anspruch auf bezahlten Krankenstand ab dem ersten Tag, das fordern die Fahrradbotinnen und Fahrradboten. Nicht viel verlangt in einer Branche, die Rekordumsätze macht. Doch die Unternehmen stellen sich quer.

#arbeitsrecht4mjam: Kunden unterstützen mjam-Lieferanten

In sozialen Netzwerken rufen Aktivistinnen und Aktivisten deshalb zur Solidarität auf. Dabei richten sie sich direkt an die mjam-Kundinnen und Kunden. Die sollen bei jeder Bestellung ins Kommentarfeld schreiben: „Ich will, dass meine LieferantInnen fair angestellt sind!“ Die Initiative starteten die sozialdemokratische Abgeordnete Julia Herr und Paul Stich von der Sozialistischen Jugend. Um mehr Menschen darauf aufmerksam zu machen, rufen sie weiter auf, Screenshots der Bestellung in Sozialen Netzwerken zu teilen. Und zwar unter dem Hashtag: #arbeitsrecht4mjam

Der Unternehmensführung soll klar werden: mjam legt sich mit seinen Kundinnen und Kunden an, wenn das Unternehmen seine Lieferantinnen und Lieferanten nicht fair behandelt.

NeueZeit Redaktion

Ähnliche Artikel

  • Gesundheit

„Wir steuern auf ein Total-Systemversagen in Oberösterreichs Spitälern zu!“

Eine Patientin stirbt in Rohrbach, weil in ganz Oberösterreich kein Platz für eine lebensrettende Herzoperation…

27. Oktober 2025
  • Allgemein

Was tun am 26. Oktober? Die besten Tipps zum Feiertag

Ob Staatsakt, Wandertag oder Museumsbesuch: Am 26. Oktober zeigt sich Österreich in seiner ganzen Vielfalt.…

24. Oktober 2025
  • Niederösterreich

25 neue Betriebe, steigende Besucherzahlen, volle Gassen: Krems zeigt, wie Stadtbelebung wirklich funktioniert

Während in vielen Städten die Schaufenster dunkel bleiben und die „Zu vermieten“-Schilder schon zum Stadtbild…

24. Oktober 2025
  • Kärnten

Haus der Sicherheit: Wo Kärnten zeigt, wie Zusammenarbeit Leben rettet

Auf dem Areal des Landesfeuerwehrverbandes in Klagenfurt wurde das „Haus der Sicherheit“ eröffnet. Das Gebäude…

24. Oktober 2025
  • Niederösterreich

Goldene Tage: Die schönsten Ausflugsziele für die Herbstferien in Niederösterreich 

Wenn die Tage kürzer werden und sich die Blätter bunt verfärben, lädt Niederösterreich zu Ausflügen…

23. Oktober 2025
  • Niederösterreich

Gesundheitsregion Ost: Gesundheit darf keine Frage der Postleitzahl sein

Während die schwarz-blaue Koalition lange gezögert hat, drängt die SPÖ Niederösterreich nun auf konkrete Maßnahmen…

23. Oktober 2025