Das ÖVP-geführte Land Oberösterreich bestellte im Frühjahr 2020 um 4,5 Millionen Euro Corona-Schutzausrüstung und bezahlte dafür den bis zu 6-fachen Marktpreis. Der Verkäufer der völlig überteuerten Masken, Schutzkittel und Handschuhe, Walter S., hat gar keine Gewerbeberechtigung für medizinische Produkte. Er ist in Wahrheit ein PR-Berater – ausgerechnet für die ÖVP. Ein interner Prüfbericht belastet die Beteiligten des Deals nun schwer. Und auch die Staatsanwaltschaft ist involviert. Der überteuerte Kauf der Corona-Ausrüstung führte zu einer Anzeige, aber die Staatsanwaltschaft Linz stellte das Verfahren schon 11 Tage später wieder ein. Jetzt erfährt die NeueZeit aus Insider-Kreisen: Die Tochter des Leiters der Oberstaatsanwaltschaft Linz arbeitet im Büro von ÖVP-Landesrätin Christine Haberlander – und ist dort für den Bereich Gesundheit und Spitäler verantwortlich.
Die ganze Geschichte beginnt im Frühjahr 2020. Die ÖVP-geführte Landesregierung beauftragt die landeseigene „Oberösterreichische Gesundheitsholding GmbH“ (OÖG) mit dem Ankauf von Corona-Schutzausrüstung. Die OÖG ist zu 100% im Besitz des Landes.
Für den Kauf von Masken, Handschuhen und Schutz-Kitteln nimmt die Gesundheitsholding insgesamt 70,4 Millionen Euro in die Hand. 4,5 Millionen davon wandern direkt an Walter S. Der hat zwar gar keine Gewerbeberechtigung für den Handel mit medizinischen Produkten, dafür aber einen ausgeprägten Geschäftssinn.
Für einen Corona-Schutzkittel verlangt Walter S. vom Land Oberösterreich 6-mal so viel wie günstigere Anbieter (er verrechnet 7,70€ pro Stück, andere nur 1,20€). Für Schutzhandschuhe verrechnet S. bis zu 475% mehr als andere Verkäufer – das berichtet das Online-Magazin „Kontrast“.
Corona-Ausrüstung zum 6-fachen Preis bei einem Unternehmer einkaufen, der gar keine Gewerbeberechtigung dafür hat – das kommt auch der internen Kontrolle der Gesundheitsholding selbst komisch vor. Sie prüft den Bestellvorgang und kommt nun zu einem eindeutigen Ergebnis: Die völlig überteuerten Einkäufe bei Walter S. sind laut internem Prüfbericht einfach „nicht nachvollziehbar“.
Wieso hat das Land Oberösterreich über die Gesundheitsholding Walter S. dennoch Millionen zugeschoben? Eine mögliche Erklärung dafür liegt in den politischen Verstrickungen.
Einer der Geschäftsführer der Gesundheitsholding, Karl Lehner, war früher Vizebürgermeister in St. Stefan am Walde – für die ÖVP. Und der Verkäufer Walter S. ist in Wahrheit kein Händler von medizinischen Produkten, sondern PR-Berater. Sein bester Kunde: die Oberösterreichische Volkspartei. Walter S. managte Wahlkämpfe für die ÖVP in Oberösterreich und posiert auf Fotos mit Landeshauptmann Thomas Stelzer und Bundeskanzler Sebastian Kurz.
Und es kommt noch dicker. Die SPÖ Oberösterreich zeigte Walter S. und den Vorstand der Gesundheitsholding schon im Frühjahr 2020 an. Aber die Staatsanwaltschaft Linz stellte das Verfahren ohne Anklage ein. Offizieller Grund: Es gebe keinen Anfangsverdacht.
Inoffiziell könnten möglicherweise auch andere Dinge eine Rolle gespielt haben, was alle Beteiligten allerdings bestreiten. Das Online-Magazin „ZackZack“ berichtet, dass ÖVP-Mann Karl Lehner, der Geschäftsführer der Gesundheitsholding, mit dem Leiter der Linzer Oberstaatsanwaltschaft befreundet ist. Lehner soll seinen Freund bei der Oberstaatsanwaltschaft sogar angerufen und ihm von der Anzeige erzählt haben. Später erklärte sich der Staatsanwaltschafts-Leiter selbst für befangen und zog sich aus der Causa zurück.
Und es gibt noch eine andere brisante Verbindung, von der die NeueZeit aus Insider-Kreisen der Gesundheitsholding erfuhr: Die Tochter des Linzer Oberstaatsanwalts arbeitet im Büro von ÖVP-Landesrätin Christine Haberlander – und ist dort ausgerechnet für den Bereich Gesundheit und Spitäler verantwortlich.
Nur elf Tage nach der Anzeige stellte die Linzer Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen den ÖVP-Unternehmer Walter S. und den ÖVP-Vorstand der Gesundheitsholding ein.
Die Oberstaatsanwaltschaft sagt auf NeueZeit-Anfrage, ihr Leiter habe nach dem Telefonat mit Karl Lehner nicht mit den zuständigen Beamten der Staatsanwaltschaft Linz über den Fall gesprochen. Er habe zum Zeitpunkt des Telefonats noch nicht einmal gewusst, dass die Anzeige den Weg zu seiner Behörde finden würde – sie sei damals noch bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft in Wien gelegen. Auch die Verwandtschaftsbeziehung in ein ÖVP-Regierungsbüro habe „schlicht keinen Einfluss“ gehabt.
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