Schon wieder bringt ein Handy die ÖVP in Schwierigkeiten – vor allem die ÖVP-Niederösterreich. Denn das Online-Magazin „Zackzack“ hat das Mobiltelefon von Michael Kloibmüller samt aller Chats. Er arbeitete seit 2000 für zahlreiche ÖVP-Innenminister aus Niederösterreich. Mit Gerhard Karner sorgte er einst dafür, dass nur mehr Günstlinge der ÖVP Karriere im Innenministerium und bei der Polizei machten. Seitdem führt die ÖVP das Ministerium als würde es ihr gehören. Für Wolfgang Sobotka und Johanna Mikl-Leitner könnte es jetzt ungemütlich werden.
Im Jahr 2000 übernahm Wolfgang Schüssel mit der ersten ÖVP-FPÖ-Koalition das Bundeskanzleramt und die Macht in Österreich. Ins damals SPÖ-geführte Innenministerium zog Ernst Strasser ein. Der ÖVP-Mann aus Niederösterreich färbte das Ministerium zur schwarzen Hochburg um. Seit seiner Amtszeit waren bis Herbert Kickl 2018 nur 4 Jahre lang keine niederösterreichischen ÖVP-Politiker oder -Politikerinnen Innenminister. Und bereits 2020 war die Welt der niederösterreichischen ÖVP wieder in Ordnung: Mit Karl Nehammer übernahm wieder ein Günstling von Johanna Mikl-Leitner das Ministerium. Mit Gerhard Karner schließt sich der Kreis. Denn der langjährige Geschäftsführer der ÖVP Niederösterreich und heutige Innenminister war Strassers rechte Hand. Er sorgte dafür, dass nicht Qualifikation, sondern ein ÖVP-Parteibuch ausschlaggebend für Polizeikarrieren war.
Dabei unterstützte ihn ein gewisser Michael Kloibmüller, der unter Karner und Strasser zum Personalchef im Innenministerium wurde. Selbst die ÖVP-nahe Tageszeitung DiePresse attestierte ihm, seinen Bereich „wie einen Familienbetrieb“ zu führen. Mit Jobs für Verwandte und Parteifreunde – bevorzugt von der ÖVP Niederösterreich. Damals war Kloibmüller „nur“ Referent im Kabinett des Innenministers. Unter Johanna Mikl-Leitner und Wolfgang Sobotka arbeitete er sogar als Kabinettschef. Ausgerechnet sein Handy hat nun das Online-Medium zackzack.
Seit Strasser das Innenministerium übernommen hatte, häuften sich Gerüchte über Ungereimtheiten. Manche flogen auf und führten Skandalen und Prozessen. So zum Beispiel die Blaulicht-Affäre. Der Polizeifunk sollte auf ein digitales System umgestellt werden. Dabei kam es zu möglicher Bestechung. Die Verfahren laufen bis heute. Strasser wurde später EU-Parlamentarier und musste schließlich sogar ins Gefängnis. Im Jahr 2014 wurde er zu 3 Jahren und 6 Monaten Haft verurteilt. Er hatte in einer Bar mit sinistren Geschäftsleuten Korruption geplant. Was Strasser nicht wusste: Es waren in Wirklichkeit Journalisten, die das Gespräch aufzeichneten.
Der ehemalige Innenminister wurde zu drei Jahren Haft verurteilt und betreibt heute ein Hotel in Bad Ischl.
Die ÖVP-Niederösterreich hingegen hat ihre Trutzburg im Innenministerium auch nach Strassers Abgang bis heute, mit kurzen Unterbrechungen gehalten. Zwar wurden mit Günter Platter und Maria Fekter für 4 Jahre lang Nicht-Niederösterreicher Innenminister. Doch das Team im Hintergrund war weiterhin das, das Strasser installiert hatte. Auch die Praktiken bleiben die gleichen. Immer wieder wussten und wissen ÖVP-nahe Medien erstaunlich gut und zeitnah über vertrauliche Informationen aus dem Sicherheitsapparat Bescheid, wenn es der Partei nützt. Nach hochrangigen Polizeibeamten, die nicht ÖVP-nahe sind, muss man bis heute mit der Lupe suchen. Aus dem BVT-Skandal sind Günstlinge der niederösterreichischen Schwarzen nicht wegzudenken. Und auch im internationalen Kriminalfall um Wirecard führen Spuren in das Ministerium, das eigentlich in Österreich für Sicherheit sorgen sollte.
Während all dieser Vorgänge kontrollierte die ÖVP-Niederösterreich das Innenministerium. Ministerinnen und Minister kamen und gingen, aber Kloibmüller und sein Handy blieben. Sie wissen wohl über die meisten vertraulichen Vorgänge im Zentrum der schwarzen Macht der letzten beiden Jahrzehnte Bescheid. Und damit nun auch zackzack. Ob das Ganze für die beiden Ex-Innenminister Wolfgang Sobotka und Johanna Mikl-Leitner gut ausgeht, werden die nächsten Wochen zeigen.
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