Oberösterreich

„System Kurz“ auch in OÖ? ÖVP kontrolliert 90% des Budgets und will Aufsichtsräte umbesetzen

Nach der Landtagswahl sichert sich die ÖVP Oberösterreich mit nur 37,6% der Stimmen die Kontrolle über 90% des Landes-Budgets. Das zeigt ein Voranschlag, der der NeuenZeit vorliegt. Und jetzt will die ÖVP auch noch die Aufsichtsräte der Landes-Unternehmen zu ihren eigenen Gunsten umbauen.

Die ÖVP Oberösterreich verliert nach den Landtagswahlen offenbar jede Scham, sich das ganze Land unter die Nägel zu reißen. Diesen Eindruck gewinnen viele politische Beobachterinnen und Beobachter in den letzten Wochen. Die jüngsten beiden Beispiele: Obwohl die ÖVP bei den Wahlen nur 37,6% der Stimmen erhielt, sichert sie ihren türkisen Regierungsmitgliedern rund 90% des OÖ-Budgets. Und die Aufsichtsräte der Landes-Unternehmen will die ÖVP so umbauen, dass die Opposition ihre Kontroll-Möglichkeiten verliert.

ÖVP OÖ sichert sich mit 37,6% der Stimmen fast 90% am OÖ-Budget

Nach den Landtagswahlen Ende September änderte sich die Zusammensetzung der oberösterreichischen Landesregierung – und mit ihr die Aufteilung des Budgets auf die einzelnen Ressorts. Der neue Budget-Voranschlag für das Jahr 2021 liegt der NeuenZeit vor. Die ÖVP-Regierungsmitglieder und ÖVP-Landtagspräsident Max Hiegelsberger verfügen demnach insgesamt über 6,43 Milliarden Euro, das sind fast 90% des OÖ-Budgets.

Mit nur 37,6% der Wählerstimmen sichert sich die ÖVP die Kontrolle über neun von zehn Euro in der Landes-Kassa.

Die dicksten Geldbörsen haben Landeshauptmann Thomas Stelzer und Gesundheitslandesrätin Christine Haberlander (beide ÖVP). Sie können in ihren Ressorts 2,44 bzw. 2,62 Milliarden Euro ausgeben. Insgesamt verschob die ÖVP nach den Landtagswahlen 769 Millionen Euro von anderen Parteien in ihre eigenen Verantwortungsbereiche.

Die Regierungsmitglieder des blauen Koalitionspartners verfügen nach der Wahl über 8,8% der finanziellen Mittel, SPÖ-Landesrätin Birgit Gerstorfer hat 1,5% des Landes-Budgets zur Verfügung, der Grüne Landesrat Stefan Kaineder nur mehr 0,5%.

Die neun Mitglieder neuen OÖ-Landesregierung. Fünf davon stellt die ÖVP – das ist mit nur 37,6% der Stimmen die absolute Mehrheit in der Regierung. // Bild: Peter Mayr, Land OÖ

Türkise Umbaupläne werfen rote und grüne Aufsichtsräte raus

In einer anderen Angelegenheit wollen die Landes-Türkisen plötzlich sparen: Die Aufsichtsräte einiger Landes-Unternehmen sollen kleiner und dadurch billiger werden – so die Darstellung der ÖVP. Hinter dem Umbau der Aufsichtsrats-Gremien stecken aber wohl ganz andere Überlegungen, berichten die „OÖN“.

Die Aufsichtsräte der meisten landeseigenen Unternehmen werden je nach Parteistärke in Landtag und Landesregierung besetzt. Werden die Gremien verkleinert, verlieren SPÖ und Grüne in einigen Fällen ihre Sitze. Übrig bleiben nur mehr türkise (und vereinzelt blaue) Aufsichtsräte.

Die konkreten Umbaupläne sind noch nicht bekannt, erste Details sickern aber bereits durch. So soll laut „OÖN“ etwa der Aufsichtsrat der „OÖ Seilbahn-Holding“ von neun auf vier Mitglieder reduziert werden, bei der „Verkehrsholding“ ist eine Verkleinerung von neun auf drei Mandate geplant. In diesen Gremien würden dann zwei bzw. drei ÖVP-Vertreter und ein FPÖ-Vertreter sitzen. Die anderen Parteien verlieren ihr Nominierungsrecht.

„System Kurz“ auch in Oberösterreich?

Der Umbau der Aufsichtsräte bedeutet nicht unbedingt einen Wechsel der Mehrheitsverhältnisse. Schon bisher hatte die Landes-ÖVP meist Stimmenmehrheit in den Gremien. Aber die Kontrolle der Landes-Unternehmen durch Aufsichtsratsmitglieder der Oppositionsparteien ist nach dem Umbau dahin. Das dürfte den oberösterreichischen Türkisen nicht ungelegen kommen: Fliegen SPÖ und Grüne aus den Gremien, kann die ÖVP (mit dem blauen Koalitionspartner) schalten und walten, ohne unangenehme Fragen beantworten zu müssen.

Aber nicht alle Aufsichtsräte sollen verkleinert werden. Bei der Wohnbaugesellschaft „Lawog“ etwa sind keine Veränderungen geplant. Auch das hat wohl Gründe: Der „Lawog“-Aufsichtsrat besteht derzeit aus zwölf Personen und wird zu gleichen Teilen von Land, Städte- und Gemeindebund beschickt. Wird das Gremium verkleinert, verliert die ÖVP ihre Stimmenmehrheit. So wichtig sind Stelzer und Co die „Einsparungen durch kleinere Gremien“ dann doch nicht.

Das türkise Muster der Umgestaltung von Aufsichtsräten und des schonungslosen Machtausbaus kennt man nicht nur aus Oberösterreich. Auf Bundesebene trieb ÖVP-Chef Sebastian Kurz das Spiel um Umbesetzungen (Stichwort ÖBAG und Thomas Schmid) und Macht (Stichwort Message-Control) auf die Spitze. Bis er als Kanzler zurücktreten musste.

Philipp Stadler

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