ÖVP und Grüne haben im Nationalrat ihr „Teuerungspaket“ beschlossen: Die Pendlerpauschale wird um 50% erhöht, der Pendler-Euro vervierfacht. Davon profitieren vor allem Top-Verdiener. Eine Bankmanagerin mit 8.000€ Bruttogehalt etwa kassiert künftig um 918€ mehr Pendlerpauschale. Ein Bäcker mit Kollektivvertrags-Gehalt bekommt hingegen nur rund 370€ mehr.
Die türkis-grüne Regierung hat am Mittwoch im Nationalrat ihr „Teuerungspaket“ beschlossen. Wichtiger Teil davon: Die Pendlerpauschale wird um 50% erhöht, der Pendler-Euro vervierfacht. Beide Erhöhungen sind bis Mitte 2023 befristet und kosten zusammen 420 Millionen Euro.
Was auf den ersten Blick wie eine echte Unterstützung für Pendlerinnen und Pendler erscheint, entpuppt sich schnell als Zuckerl vor allem für Besserverdiener.
Denn wer nicht in die Arbeit pendelt oder etwa zu Hause Kinder betreut, aber trotzdem für Schulweg oder Besorgungen aufs Auto angewiesen ist, der muss zwar die hohen Spritpreise zahlen, hat aber rein gar nichts von der türkis-grünen Maßnahme. Die Pendlerpauschale entlastet nur Personen, die ein steuerpflichtiges Einkommen haben.
Je größer dieses Einkommen, desto höher fallen Pendlerpauschale und Pendler-Euro aus. Top-Verdiener profitieren also viel stärker von der „Teuerungsmaßnahme“.
Ein Bäcker etwa verdient laut Kollektivvertrag monatlich 1.568,92€ brutto. Wenn er 64 Kilometer in die Arbeit pendeln muss, stehen ihm mit der türkis-grünen Reform künftig 1.101,60€ Pendlerpauschale pro Jahr zu. Das ist ein Plus von 367,20€.
Eine Bankmanagerin mit 8.000€ Brutto-Monatsgehalt, die genauso weit in die Arbeit pendelt, kassiert hingegen nach der Reform 2.754€ Pendlerpauschale – um 918€ mehr als zuvor.
Statt Spitzenverdiener am stärksten zu entlasten, fordern Arbeiterkammer und SPÖ, die Pendlerpauschale in einen Absetzbetrag umzuwandeln. Der Betrag soll abhängig von den zurückgelegten Kilometern, aber unabhängig vom Einkommen sein. Davon würden dann kleinere und mittlere Einkommen im selben Ausmaß profitieren wie Top-Verdiener.
Neben der Erhöhung der Pendlerpauschale haben ÖVP und Grüne auch die Senkung der Erdgas- und der Elektrizitätsabgabe für Unternehmen sowie eine Vergünstigung für Agrardiesel beschlossen. Dafür sind 900 Millionen Euro vorgesehen.
Der Opposition sind die türkis-grünen Maßnahmen zu wenig. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner fordert von der Regierung, die Menschen nicht länger „am Schmäh zu halten. Flotte Sprüche und die 25. Überprüfungskommission werden nicht helfen“, so Rendi-Wagner in Anspielung auf die neue „Preiskommission“, die die Inflation beobachten soll. Inhaltlich fordert die SPÖ, die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel befristet abzuschaffen. Das würde kleinere Einkommen stärker entlasten, weil sie im Verhältnis zum Gehalt am meisten für Lebensmittel ausgeben müssen.
Die FPÖ schlägt einen Preisdeckel für Sprit, Energie, Wohnen und Lebensmittel vor. Die zögerlichen und zu kleinen Maßnahmen der Regierung sind für den blauen Parteichef Herbert Kickl „unterlassene Hilfeleistung“.
Die NEOS erneuern ihre altbekannte Forderung: Sie wollen die „kalte Progression“ abschaffen und die Steuergrenzen künftig jährlich an die Inflation anpassen.
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