Die Situation im Pflegebereich nimmt österreichweit auch wegen Corona immer dramatischere Ausmaße an. Um die Pflege langfristig zu sichern, ist eine Reform nötig. Einen entsprechenden Plan der Regierung gibt es jedoch nicht. Initiativen gingen vor allem von den Bundesländern aus. Die Vorsitzende der SPÖ Oberösterreich, Soziallandesrätin Birgit Gerstorfer, drängt jetzt auf die Einführung von Vermögenssteuern zur Pflegefinanzierung.
Derzeit sind rund 5 Prozent der österreichischen Bevölkerung über 80 Jahre alt. Bis 2050 wird dieer Wert auf 11,1 Prozent steigen. Grundsätzlich ist die Tatsache, dass die Menschen immer länger leben, natürlich erfreulich. Die hohe Lebenserwartung und der steigende Altersschnitt, führen jedoch auch dazu, dass mehr Personen auf Pflege angewiesen sind. Gleichzeitig wollen immer weniger Menschen einen Pflegeberuf ausüben. Hauptgrund dafür sind die schlechten Arbeitsbedingungen bei gleichzeitiger niedriger Entlohnung. Das führte dazu, dass immer mehr ausländische Pflegekräfte angestellt wurden. Als diese wegen Corona nicht einreisen konnten, zeigte sich das wahre Ausmaß der Pflege-Misere. Experten sind sich einige, dass nur eine umfassende Reform den Pflegekollaps abwenden kann. Auf entsprechende Vorschläge der Bundesregierung wartet man bereits seit 2020. Währenddessen verschlechterte sich die Situation im Pflegebereich von Tag zu Tag.
Das Pflegethema spielt auch bei der bevorstehenden oberösterreichischen Landtagswahl eine große Rolle. Birgit Gerstorfer, Vorsitzende der SPÖ Oberösterreich, drängt angesichts der schlimmer werdenden Situation auf eine umfassende Reform. Gemeinsam mit dem Wiener Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ) präsentierte sie in Linz das sozialdemokratische Pflegekonzept. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage der Finanzierung. Es ist im Hinblick auf die immer größer werdende Zahl an zu pflegenden Menschen klar, dass die Kosten steigen werden. „Bevor die Finanzierung nicht geregelt ist, braucht man über andere Dinge nicht nachdenken“, meint Gerstorfer dazu. Sie spricht sich im Einklang mit der Bundes-SPÖ daher für die Einführung einer Vermögenssteuer aus. Mit den daraus resultierenden neuen Finanzmitteln soll ein Pflegegarantiefonds geschaffen werden. Laut Berechnungen könnte Österreich durch eine Vermögenssteuer bis zu 11 Milliarden Euro einnehmen.
Generell ist der Anteil an vermögensbezogenen Steuern fast nirgends in der EU so niedrig wie in Österreich. Sie machen nur 0,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. In Großbritannien und Frankreich liegt dieser Wert bei über 4 Prozent. Für die Vermögenssteuer spricht auch, dass sie nur wenige Reiche belasten würde. Ein geringer Preis für die langfristige Finanzierung der Pflege für Millionen von Menschen.
Abgesehen von der Finanzierungsfrage stehen eine Reihe innovativer Ideen im Mittelpunkt des sozialdemokratischen Pflegekonzepts. Dabei fungieren SPÖ-regierte Bundesländer als Vorbild. Im Burgenland ist es für pflegende Angehörige beispielsweise seit Oktober 2019 möglich, sich anstellen zu lassen. Sie bekommen 1.700 Euro Gehalt und sind außerdem sozial abgesichert. In Wien ist die Einführung des burgenländischen Erfolgsmodells geplant. Oberösterreichs Soziallandesrätin Birgit Gerstorfer (SPÖ) hat im Rahmen eines Pilotprojekts 30 pflegenden Angehörigen eine Anstellung ermöglicht.
In Kärnten informieren Community Nurses in den Gemeinden niederschwellig über Pflegeangebote und leisten Hilfe vor Ort. Das burgenländische Modell lehnt die Bundesregierung strikt ab. Besonders bezeichnend ist dabei die Haltung der ÖVP. Sie möchte pflegende Angehörige, die im Burgenland 1.700 Euro pro Monat inklusive Urlaubs- und Weihnachtsgeld bekommen, mit nur 1.500 Euro im Jahr abspeisen. Das Projekt Community Nurses wurde unterdessen vom Gesundheitsministerium halbherzig kopiert. Im Herbst sollen laut Bundesregierung endlich die Eckpunkte der Pflegereform vorgestellt werden. Man kann angesichts der sich immer weiter verschärfenden Pflege-Krise nur hoffen, dass sie sich an den sozialdemokratischen Erfolgsmodellen orientiert.
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