Kommentar

Reiche wie Jeff Bezos schießen sich ins All, aber wir sollen mit Jutesackerln Klima retten?

Die reichsten 10 Prozent zerstören den Planeten, während die restlichen 90 Prozent der Menschheit zusammen nicht einmal für die Hälfte aller ausgestoßenen Treibhausgase verantwortlich sind. Das reichste eine Prozent – darunter „Größen“ wie Twitter-Rowdy Elon Musk oder Amazon-Chef Jeff Bezos – schleudert fast ein Fünftel des gesamten weltweiten CO2-Austoßes – nämlich 17 Prozent – in die Luft. Um die Klimakrise aufzuhalten, müssen wir diejenigen zur Verantwortung ziehen, die den Planeten wegen ihrer Profitgier rücksichtslos zerstören: Superreiche und ihre Großkonzerne.

Wie oft werde ich gefragt, ob ich für’s Klima auf Fernreisen, Fleisch essen oder auch auf das Auto verzichten könnte. Klar verzichte ich häufig auf Fleisch oder besitze kein eigenes Auto. Das mache ich aber nicht „wegen dem Klima“, sondern weil Gemüse ganz einfach günstiger als Fleisch ist und ich in der Stadt, dank gut ausgebautem und zuverlässigem Öffi-Netz, kein Auto benötige. Und Fernreisen mit Flugzeug oder Kreuzfahrtschiff können sich die meisten jungen Menschen ohnehin nicht leisten.

Aber wieso fragt eigentlich niemand Elon Musk und Jeff Bezos, warum sie ihren „ökologischen Fußabdruck“ nicht reduzieren? Immerhin haben sie den größten Verbrauch von uns allen. Ganz wenige reiche Menschen wie es  Bezos und Musk sind, erlauben sich, ein unglaublich klimaschädigendes Leben zu führen. In Relation zu allen anderen Menschen schleudern sie viel mehr CO2 in die Atmosphäre. Und zwar ohne auch nur annähernd an Nachhaltigkeit zu denken oder für ihren „ökologischen Monsterfußabdruck“ belangt zu werden.

Das Konzept des Fußabdrucks
Der sogenannte “ökologische Fußabdruck” ist ein mathematisches Konzept, das angibt, wie viel Fläche auf der Erde eine einzelne Person mit ihrem Lebensstil verbraucht. Lange Flugreisen etwa vergrößern den Fußabdruck, sparsamer Energieverbrauch senkt ihn. Das Konzept gibt es seit den 90er-Jahren, seit 2003 ist es aber erst so richtig bekannt. Denn damals startete das britische Mineralölunternehmen BP eine Werbekampange mit dem Titel „Beyound Petroleum“ (jenseits von Erdöl). So sollte jeder Mensch wissen, wie es um seine individuellen CO2-Emissionen und seinen persönlichen Fußabdruck steht. Dadurch wurde die Aufmerksamkeit vom massiven CO2-Fußabdruck der Wirtschaft – vor allem der Groß- und Mineralölkonzerne – plötzlich auf Individuen abgewälzt.

Die Reichen sind Klimasünder Nummer 1!

Es gibt Menschen und Konzerne, die mit ihrem CO2-Ausstoß wesentlich mehr zur Erderhitzung beitragen als „Otto Normalverbraucher“.

Indem uns eingeredet wird, dass jede:r von uns einen Beitrag für den Klimaschutz leisten könne, wird der Blick von den wesentlichen Problemen abgelenkt: 100 Großkonzerne verursachen 70 Prozent aller Emissionen.

Wäre es nicht sinnvoll den Blick auf die Hauptverursacher zu lenken, statt die Schuld bei jeder und jedem Einzelnen von uns zu suchen?

Es liegt nicht an uns, im Supermarktregal, im Bekleidungsgeschäft oder auch bei Online-Einkäufen jedes Ökolabel studieren zu müssen, um zu wissen, ob nun ein nachhaltiges oder unnachhaltiges Produkt im Einkaufskorb landet. „Hier ist Palmöl drin – das ist schlecht für’s Klima… Oh, die Jeans ist mehr um die Welt gekommen als ich: ‘Made in Bangladesh’ … Aja, Bio-Äpfel aus Südafrika – sind die jetzt besser als regionale Äpfel ohne Biosiegel???“

Ich will keinen Studienabschluss brauchen, um meinen Einkauf nach Nachhaltigkeitskriterien bewerten zu können. Ich will Produkte im Regal stehen und am Kleiderhaken hängen haben, die nachhaltig und unter guten Arbeitsbedingungen produziert worden sind.

Die Klimakonferenz wird nichts ändern, wenn wir unsere Wirtschaftsweise nicht ändern

Es sind nicht die Länder des „globalen Nordens“, die die Menschen im „globalen Süden“ als Erstes in die Folgen der Klimakatastrophe schicken. Es sind Superreiche und Konzerne, die durch ihre Profitgier und ihren Größenwahn die Lebensgrundlage von uns allen zerstören.

 „Wir sind auf der Autobahn in die Klimahölle, und wir geben immer noch Gas!“ Das mahnte auch UN-Generalsekretär António Guterres fast verzweifelt bei der Eröffnung der Weltklimakonferenz in Ägypten. Vielleicht sollten wir diejenigen einbremsen, die dem Klima am meisten schaden: Superreiche und Großkonzerne!

Der Markt regelt nichts – Lösung: Lieferkettengesetz!

Wir haben die Möglichkeit, Großkonzerne und Superreiche in die Pflicht zu nehmen. Wir können umweltschädliche Produkte, die vielleicht noch dazu ohne Beachtung der Menschen- und Arbeitsrechte von Kinderhänden produziert wurden, vom Markt verbannen. Die Idee dahinter nennt sich Lieferkettengesetz. Ein solches Gesetz würde Produkte verbieten, die bei der Herstellung die Umwelt oder die Menschenrechte verletzen. Dieses Gesetz wird aktuell unter der Socialists&Democrats-Group als Chefverhandlerin im EU-Parlament behandelt. Wenn dieser Beschluss mehrheitsfähig werden sollte, wären Kinderarbeit sowie die Ausbeutung von Mensch und Natur aus reiner Profitgier dann unmöglich!

Denn eines ist klar: Solange Elon Musk und Co. einen Betonfuß am Gaspedal haben, sich Jeff Bezos zum Spaß ins All schießt und Großkonzerne weitermachen dürfen wie bisher, wird es der Umwelt herzlich egal sein, ob ich mit dem „grünen“ Jutebeutel oder doch einem Plastiksackerl rumlaufe.

Romana Greiner

Romana recherchiert am liebsten über die großen Ungerechtigkeiten unserer Gesellschaft: Warum bekommt eine Mitarbeiterin 200 Mal weniger Gehalt als der Konzernchef? Wieso sind die Volksschullehrerin oder der Briefträger immer noch so schlecht entlohnt? Als Chefredakteurin leitet sie seit 2023 die NeueZeit und ihr engagiertes Team. Um vom Redaktionsalltag den Kopf frei zu bekommen, ist sie gern in der Natur sporteln oder auf Konzerten.

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Romana Greiner
Tags: Klimakrise Konzerne Lieferkettengesetz Reiche superreiche weltklimakonferenz

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