Oberösterreich

150-Einwohner-Dorf in OÖ wehrt sich gegen den Bau von Mega-Hotelanlage mit 330 Betten

In der kleinen Ortschaft Seitelschlag in Oberösterreich wehren sich die Bewohner gegen den Bau eines großen Hotel-Komplexes. Ganze vier Häuser mit bis zu 330 Betten sollen in dem 150-Einwohner-Dorf entstehen, um Touristen anzulocken. Die oberösterreichische Umweltanwaltschaft befürchtet “massive negative Auswirkungen auf die Natur und das Landschaftsbild”. Die Einwohner starteten deswegen eine Bürgerinitiative gegen den Bau. 

Das kleine Dorf Seitelschlag im oberen Mühlviertel ist eigentlich an Tourismus gewöhnt. Die Ortschaft gehört zu der Marktgemeinde Ulrichsberg im Bezirk Rohrbach nahe der deutschen und tschechischen Grenze. In der Nähe des Dorfes befindet sich ein Golfplatz mit Clubhaus und das Skigebiet Hochficht ist ebenfalls schnell erreichbar. Ideale Voraussetzungen sowohl für den Sommer- als auch den Wintertourismus. Der geplante Bau einer Mega-Hotel-Anlage mit 330 Betten geht den Bürgern von Seitelschlag nun aber zu weit. 

Vier Hotelgebäude mit insgesamt 73 Appartements sollen in der Nähe des Golfplatzes entstehen. Projektbetreiber ist die Schröcksnadel-Gruppe gemeinsam mit dem Stift Schlägl. Aktuell laufen die Behördenverfahren zur Umwidmung von Grünland in Bauland. Aus dem Erholungsgebiet soll ein Tourismusgebiet werden. Das hat der Ulrichsberger Gemeinderat bis auf eine Enthaltung einstimmig beschlossen. Die Einwohner wurden nicht mit eingebunden. Mit einer eigenen Petition will man den Bau der “völlig überdimensionierten Anlage” nun stoppen. Denn die Einwohner befürchten eine massive Zerstörung des Orts- und Landschaftsbilds durch zusätzlichen Verkehr. Auf der Website www.seitelschlag.at kann man sich über die Bürgerinitiative informieren. 

Umweltanwälte befürchten vermehrten Individualverkehr

Auch die oberösterreichische Umweltanwaltschaft beurteilt das Projekt negativ. In einem Gutachten erwarten die Prüfer “massiv nachhaltige Eingriffe und negative Auswirkungen auf die Umwelt” Außerdem sei mit einer “mehr als deutlich spürbaren Intensivierung des Individualverkehrs” zu rechnen. Das Hotelprojekt habe daher “dauerhafte und maßgeblich disharmonische Auswirkungen auf Naturhaushalt und Landschaftsbild” Die Bürgerinitiative sieht zudem die Gefahr, dass “mit Blick auf Hinterstoder” Appartements nicht nur für Tourismuszwecke genutzt, sondern auch als Zweitwohnsitze verkauft werden. 

In Hinterstoder wurde nämlich bereits im Jahr 2019 eine solche Hotelanlage fertiggestellt. Auch hier handelt es sich um einen Komplex von vier Häusern mit insgesamt 330 Betten. Seit der Fertigstellung wirbt man hier aktiv um Käufer, die die Appartements als Zweitwohnsitz nutzen wollen. Auch diese Hotelanlage wurde, wie der geplante Appartement-Komplex in Seitelschlag, von der Schröcksnadel-Gruppe gebaut. 

Bewohner von Seitelschlag wurden in das Hotel-Projekt nicht eingebunden 

Die Bürgerinitiative hält fest, dass sie nicht prinzipiell gegen einen Hotelbau in der Region sei. “Aber nicht in dieser Größenordnung”, sagt Mario Lang, Sprecher der Bürgerinitiative. Er kritisiert die fehlende Einbindung der Bewohner in die Planung des Projektes: “Wir haben das Gefühl, dass über die Bevölkerung einfach drübergefahren wird. Da ist überhaupt nichts transparent gelaufen.” Auch das Land Oberösterreich wurde kürzlich wegen fehlender demokratischer Einbindung kritisiert.

Vor gut zwei Jahren habe man erstmals erfahren, dass Bauern im Ort gefragt wurden, ob sie Gründe verkaufen würden. “Im Mai des heurigen Jahres ist dann deutlicher geworden, dass etwas Größeres geplant ist.” sagt Mario Lang. Auf seine Nachfrage beim Ulrichsberger Bürgermeister Wilfried Kellermann (ÖVP) kam nur die knappe Antwort, dass eh noch nichts fix sei. “Und zwei Wochen später halte ich dann die Gemeindezeitung in den Händen, in der steht, dass es bis Ende Juli ein Bürgerbeteiligungsverfahren gebe, bei dem man Einwendungen einbringen könne.” 

Projektbetreiber halten trotz Gegenwind am Bau des Hotel-Komplexes fest 

Die Bürgerinitiative hat daraufhin einen Kompromiss vorgeschlagen. Mit 100 Betten könne man leben. Das wäre auch für die Auslastung der Region realistisch. Immerhin ist ein bereits vorhandenes Hotel in Ulrichsberg nicht ausgelastet. Die Chancen, dass auf den Kompromissvorschlag eingegangen wird, sind laut Lang aber gering. Und das, trotz enormer Unterstützung durch die Bevölkerung: “Wir haben über 400 Unterschriften aus der Region gegen das Projekt gesammelt. Aber wenn sie es durchziehen wollen, werden sie es auch durchziehen. Aber ich will zumindest nicht sagen müssen, ich hätte nichts dagegen gemacht.” 

Die Projektbetreiber zeigten sich über den Widerstand der Bevölkerung überrascht. Man wolle dennoch an der Errichtung des Hotel-Komplexes in Seitelschlag festhalten, trotz Gegenwind. Die Bergbahnen GmbH räumt zumindest ein, bislang “nicht proaktiv auf die Bevölkerung zugegangen zu sein.” Man habe vor allem mit den Verantwortlichen der Gemeinde kommuniziert. “Wir werden aber künftig den direkten Kontakt zur Bevölkerung intensivieren.” 

Victor Strauch

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