Niederösterreich

ÖVP-Zensur in Niederösterreich? Wochenzeitung „NÖN“ lehnt Sobotka-kritisches Inserat ab

Die Gewerkschaft vida erinnert den ÖVP-Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka in einem Zeitungs-Inserat an das 8. Gebot: „Du sollst nicht lügen!“ Den Niederösterreichischen Nachrichten (NÖN) ist das wohl zu viel der ÖVP-Majestätsbeleidigung – die Zeitung befindet sich zwar in kirchlichem Eigentum, wollte das christliche Gebot aber aus „ethischen“ Gründen nicht abdrucken.

NÖN lehnen Sobotka-kritisches Inserat ab

Dieses Inserat war den NÖN zu bunt – sie lehnten die Sobotka-Kritik ab.

„Du sollst nicht lügen“. Dieses achte Gebot wollte ein Medium in kirchlichem Eigentum nicht als Inserat schalten. Und das kam so:

Roman Hebenstreit, wie sein Name schon sagt, streitbarer Chef der Gewerkschaft vida, wollte in der Regionalausgabe Waidhofen an der Ybbs der Wochenzeitung Niederösterreichische Nachrichten (NÖN) ein Inserat mit eben diesem Gebot schalten und bezahlen. Neben dem Gesicht des in Waidhofen lebenden ÖVP-Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka und dessen Forderung, dass Zeugen in U-Ausschüssen nicht mehr die Wahrheit sagen müssen. Diese Forderung nach Lügen-Dürfen hat bekanntlich zu großen Widerständen – auch innerhalb der ÖVP – geführt.

Das Inserat war den NÖN-Entscheidern wohl zu viel der Kritik am bekennenden Christen Sobotka. Sie lehnten die Veröffentlichung ab. Und zwar laut Wochenzeitung „Falter“ mit dem Argument: „Es entspricht nicht den ethisch-christlichen Werten der NÖN“.

Dazu muss man wissen, dass die Niederösterreichischen Nachrichten zu 54% der Diözese St. Pölten und zu 26% dem Pressverein der Erzdiözese gehören.

Kurz & Schmid drohten der katholischen Kirche

Man muss dazu aber auch wissen, dass ÖVP-Bundeskanzler Sebastian Kurz seinem Intimus, dem damaligen Kabinettschef im Finanzministerium Thomas Schmid, heftig aufgefordert hat, der katholischen Kirche finanziell zu drohen, weil diese seine restriktive Flüchtlingspolitik kritisiert hatte. „Bitte Vollgas geben“, chattete Kurz an Schmid. Diese Sünde haben die christlichen Eigentümer der NÖN den mächtigen ÖVP-Männern offenbar vergeben.

„Wir können damit leben“, meint Franz Binderlehner, Bundesgeschäftsführer der Gewerkschaft vida, im Gespräch mit der NZ. „Wir haben das Inserat ohnedies im Konkurrenzblatt Bezirksblätter geschalten und im Heimatort Waidhofen plakatiert“.

Als Motiv für das Inserat führt Binderlehner an: „Wir wollen die Menschen in der Heimat von Politikern darauf aufmerksam machen, was ihre Vertreter in Wien so entscheiden und tun. Bei Sobotka ist das eben Waidhofen. Dort hat der jetzige Nationalratspräsident ja als Lehrer und Bürgermeister ehrbare Berufe ausgeübt“.

ÖVP-Wögingers Nachbarschaft wird als nächste informiert

Übrigens planen Hebenstreit und Binderlehner bereits die nächste „Aufklärungskampagne“. Die Innviertler Bevölkerung soll erfahren, dass ihr Nachbar August Wöginger, Klubobmann der ÖVP im Parlament, in Wien gegen den „Corona-Bonus“ für Mitglieder der Blaulicht-Organisationen wie dem Roten Kreuz gestimmt hat.

„Dabei war Herr Wöginger Zentralbetriebsrat des Roten Kreuzes Oberösterreich“, erinnert Binderlehner. „Die Menschen in seiner Heimat haben ein Recht darauf, das zu erfahren.“

Apropos Lügen und Christentum: Einige europäische Tageszeitungen, darunter die österreichische „Presse“, haben in der ersten Juliwoche ein ganzseitiges Inserat des ungarischen rechtspopulistischen Regierungschefs Viktor Orban abgedruckt, in dem dieser Unwahrheiten über die EU und ihre Institutionen behauptet. Die „Presse“ – sie gehört zum größten Teil der „Katholischen Medien Verein Privatstiftung“ – hat an diesen Lügen keinen Anstoß genommen.

Gerd Millmann

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Gerd Millmann
Tags: Medien ÖVP vida Wolfgang Sobotka

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