Österreich

Volksanwalt Achitz: Soziale Grundrechte wie Absicherung bei Krankheit müssen in die Verfassung!

Es gibt nach wie vor Lücken im österreichischen Sozialsystem. Das kritisiert Volksanwalt Bernhard Achitz. Das Recht auf ein Dach über dem Kopf, auf Altersversorgung und auf Absicherung im Krankheitsfall sind in Österreich als Gesetze festgeschrieben – nicht jedoch in der Verfassung. Damit können sie auch leicht abgeschafft werden. Um das zu verhindern, haben bereits viele europäische Länder, u.a. Griechenland, Italien und Spanien, soziale Grundrechte in ihren Verfassungen verankert – Österreich könnte sich daran ein Beispiel nehmen. 

Volksanwalt Bernhard Achitz drängt in einem Gespräch mit der APA darauf, soziale Grundrechte in der österreichischen Verfassung zu verankern. Bisher fehlen solche Grundrechte in der Verfassung. Denn Ansprüche auf Sozialleistungen oder Absicherung im Krankheitsfall gibt es in Österreich nur als einfache Gesetze. Diese könne man aber leicht ändern, “wie man bei Einschnitten in die Pensionen gesehen hat, oder bei der Abschaffung der Mindestsicherung und ihrer Ersetzung durch die Sozialhilfe”, argumentiert Achitz. Beide Einschnitte in das Sozialsystem hatten ÖVP-FPÖ-Regierungen beschlossen.

Mit einer einfachen Mehrheit könnte man Sozialleistungen abschaffen

Um Gesetze abzuschaffen, ist nämlich nur eine einfache Mehrheit im Nationalrat erforderlich. Der von der SPÖ nominierte Volksanwalt Achitz befürchtet, dass irgendwann einmal Einsparungen im System notwendig sein werden. Achitz verweist auf die hohen Ausgaben für die Corona-Hilfen. Um diese Ausgaben auszugleichen, könnten manche auf die Idee kommen, Sozialleistungen zu kürzen. Mit einer einfachen Mehrheit im Nationalrat könnte die Regierung das tun.

Um das zu verhindern, fordert der Volksanwalt in Österreich soziale Grundrechte verfassungsmäßig zu verankern. Eine Kürzung oder sogar eine Abschaffung dieser Rechte wäre dann nicht mehr so einfach möglich. Dafür bräuchte man dann nämlich eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament.

Außerdem hätte dann der Verfassungsgerichtshof die Möglichkeit einzugreifen. Sollte es nämlich trotzdem zu Kürzungen durch die Regierung kommen, könnte der Verfassungsgerichtshof diese überprüfen und, falls notwendig, rückgängig machen. Das habe man auch bei den Freiheitsrechten gesehen, die während der Corona-Pandemie beschränkt wurden, sagt Achitz.

Fast alle Länder in Europa haben soziale Grundrechte in der Verfassung – Österreich nicht

Achitz verweist darauf, dass Österreich in Europa “ziemlich alleine da steht”, wenn es um soziale Grundrechte geht. Fast alle Länder hätten nämlich soziale Grundrechte in irgendeiner Form in ihren Verfassungen stehen. Insbesondere südeuropäische Länder, wie zum Beispiel Griechenland, Italien oder Spanien haben soziale Grundrechte in ihren Verfassungen festgeschrieben. Österreich könnte sich an den verschiedenen Modellen ein Beispiel nehmen.

In der österreichischen Verfassung sind vor allem Freiheits- und Eigentumsrechte als Grundrechte festgeschrieben. Ein moderner Staat sollte jedoch auch soziale Rechte in der Verfassung verankern, forderte Achitz bereits im Dezember 2021. Als Beispiele nennt er das Recht auf ein Dach über dem Kopf, auf Arbeit, auf Altersversorgung, auf Versorgung bei Krankheit oder Unfall. Weil jedoch bis heute nichts passiert sei, möchte der Volksanwalt den Druck auf die Regierung künftig erhöhen.

Dabei muss wohl vor allem die Volkspartei überzeugt werden. Die Volksanwaltschaft organisierte bereits im Mai eine Veranstaltung zum Thema soziale Grundrechte. Mitglieder des Menschenrechtsbeirats sowie zahlreiche NGOs haben damals die Notwendigkeit sozialer Grundrechte diskutiert. Alle Parlamentsparteien haben Vertreter geschickt, nur eine nicht: die ÖVP.

Victor Strauch

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