Die Verhandlungen zum MAN-Werk in Steyr gehen in die Zielgerade, mit Siegfried Wolf steht ein Investor vor der Türe. Seine Pläne sehen allerdings hunderte Kündigungen und Lohn-Kürzungen bis zu 15% vor. Dabei hatte sich der MAN-Konzern mit einer Standortgarantie vertraglich zum Erhalt der Jobs verpflichtet. Der Betriebsrat will notfalls rechtliche Schritte prüfen: „Die haben den Vertrag gekündigt, aber wir nicht!“
Es geht ans Eingemachte bei MAN Steyr. Das Management verhandelt wie berichtet mit dem Investor Siegfried Wolf. Er will das Werk des LKW-Bauers in Oberösterreich übernehmen. Seine Pläne sehen allerdings hunderte Kündigungen und Lohn-Kürzungen von bis zu 15% vor.
Dabei hatte sich Konzern erst 2019 mit einer Standortgarantie vertraglich zum Erhalt des Werks in Steyr verpflichtet. Der Vertrag verbietet betriebsbedingte Kündigungen bis 31. Dezember 2030. Im Zuge der Verhandlungen löste MAN die Vereinbarung einseitig auf. „Die haben den Vertrag gekündigt, aber wir nicht“, sagt Arbeiterbetriebsrat Erich Schwarz. Sollte man sich in den Verhandlungen nicht einigen, will der Betriebsrat rechtliche Schritte einleiten und auf die Standortgarantie pochen.
Am Wort sind jetzt aber zuerst die Beschäftigten. Investor Siegfried Wolf präsentiert sein Übernahme-Konzept am 26. März bei einer Betriebs-Versammlung. Eineinhalb Wochen später stimmen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darüber ab. Der Ausgang ist völlig offen.
Die Pläne von Wolf enthalten jedenfalls einige bittere Pillen für die Belegschaft. Der Investor will nur 1.250 von 1.900 Mitarbeitern der Stammbelegschaft übernehmen. Und denen droht eine saftige Gehaltskürzung. Weil für Wolf die Löhne in Steyr zu hoch sind, will er Angestellten bis zu 7,5% und Arbeitern bis zu 15% ihres Netto-Verdienstes kürzen, berichten die Oberösterreichischen Nachrichten. Dafür sollen alle Beschäftigten mit einer einmaligen Prämie von 10.000 Euro entschädigt werden – auch jene 650, die laut dem Konzept des Investors ihren Job verlieren.
Geht es nach Wolf, werden künftig vier Fahrzeug-Modelle in Steyr produziert, unter anderem kleine Elektrobusse und Klein-LKWs. Außerdem sollen jährlich 12.000 LKW-Fahrerkabinen nach Russland exportiert werden. Gerade diese enge Verbindung zu Russland stößt vielen in der MAN-Belegschaft aber sauer auf. Schließlich laufen gerade US-Sanktionen gegen Russland, eine wirtschaftliche Zusammenarbeit gilt als unsicher und heikel.
Der umtriebige Investor Siegfried Wolf – er hat derzeit 26 Funktionen inne – hält auch 10% am russischen Auto-Unternehmen GAZ. Wolf wurde vor allem als früherer Magna-Chef bekannt.
Mit allen Zulieferbetrieben sorgt das Werk in Steyr derzeit für rund 6.000 Arbeitsplätze in der Region. Das sollte eigentlich auch bis mindestens Ende 2030 so bleiben. Bis dahin läuft eine vertragliche Standortgarantie zwischen Unternehmens-Leitung und Belegschaft, die betriebsbedingte Kündigungen ausschließt. Der MAN-Konzern hat die Vereinbarung zehn Jahre vor ihrem Ablauf einseitig aufgekündigt. „Wir haben immer Wort gehalten, wenn wir in die Arbeit gekommen sind“, sagt Betriebsrat Erich Schwarz, „aber sie haben uns angelogen“.
Wort gehalten heißt für die Belegschaft: Die Beschäftigten haben Zugeständnisse an das Management gemacht, um das Werk in Steyr zu erhalten. Für die Standortgarantie verzichten die Angestellten auf die Auszahlung gewisser Überstunden, die Arbeiter hackeln mehr. Statt 43 oder 44 LKWs produzieren sie jetzt 44 oder 45 Stück pro Schicht – für den gleichen Lohn. Die Beschäftigten fertigen einen LKW pro Schicht gratis, dafür bleiben die Jobs in Steyr. Das war der Deal.
Und an diese Vereinbarung will der Betriebsrat den MAN Konzern oder Siegfried Wolf – er würde als neuer Eigentümer die Standortsicherung übernehmen – erinnern. Notfalls auch mit rechtlichen Mitteln. Die einseitige Kündigung der Standort-Vereinbarung will Betriebsrat Schwarz nicht hinnehmen.
Seit Herbst 2020 wird um die tausenden Jobs in Steyr gerungen. Die Bundesregierung kümmerte das bisher nicht. Dabei sind Kurz und Co angesichts der Rekord-Arbeitslosigkeit ohnehin schon unter Druck, für neue Jobs zu sorgen – oder zumindest weitere Massen-Kündigungen zu verhindern. Erst vor wenigen Tagen hat sich die Regierung erstmals beim MAN-Betriebsrat gemeldet. Das Büro von Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) bietet Unterstützung an. Ausgang offen.
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