Geht es nach den Headlines der österreichischen Medien, ist die Steuerreform der Bundesregierung im Großen und Ganzen gelungen. Dabei kommt von verschiedenen Interessensvertretungen heftige Kritik. Aber alle großen Tageszeitungen übernehmen die Jubel-Meldungen der Regierung – die Message Control läuft.
Die Reaktionen zur neuen Steuerreform sind widersprüchlich: Wirtschaftskammer, Industriellenvereinigung, Bauernbund und Co jubeln. Ganz anders klingt das bei Umweltschutzorganisationen, Gewerkschaften, NGOs und Opposition. Sie stellen der „ökosozialen Steuerreform“ ein vernichtendes Urteil aus.
Man könnte meinen, das spiegle sich am Montagvormittag auf den Startseiten der österreichischen Tageszeitungen im Web wider. Aber weit gefehlt: Dort findet sich im Wesentlichen ein Überblick über die positiven Seiten der Reform und bestenfalls bange Fragen, ob sie nun wirklich den versprochenen Effekt fürs Klima hat? Spoiler: Alle Klimaschutzorganisationen, Expertinnen und Expertinnen sagen ganz klar nein.
oe24 überschlägt sich vor Begeisterung. „Bis 1.230 € mehr für jeden“. Dass für die Masse der Menschen deutlich weniger, bis nichts rausschaut? Für diese Information muss man schon auf den Artikel klicken und genauer nachlesen. Und es ist wie so oft: Der erste Eindruck bleibt. Schon Samstag Abend durfte Sebastian Kurz exklusiv im wohlwollenden oe24-Interview seine Steuerreform bewerben. Es hat natürlich nichts mit üppigen Inseratenkampagnen des Bundeskanzleramts und der restlichen Bundesregierung zu tun, wenn die Österreich-Gruppe so berichtet. Und schon gar nicht damit, dass sie regelmäßig mit eigentlich vertraulichen Informationen versorgt wird. Erst vor wenigen Monaten mussten beispielsweise die SPÖ-geführten Bundesländer die neuen Corona-Maßnahmen von oe24 erfahren, statt von der Bundesregierung. Das ist nur ein Beispiel von vielen.
Eine der Kernbotschaften jeder Regierung zu Steuerreformen lautet: Ihr habt mehr im „Börserl“. Der Kurier informiert zu genau diesem Thema. Er gehört mehrheitlich der Raiffeisen, Chefredakteurin Martina Salomon ist als Kurz-Fan bekannt. 2018 löste sie ihren Vorgänger Helmuth Brandstätter ab. Und zwar gegen seinen Willen. Es gilt als offenes Geheimnis, dass Sebastian Kurz und seine Kommunikationsmannschaft im Hintergrund Druck auf die Eigentümer ausübten. Auch Brandstätter deutet das in seinem Buch „Kurz & Kickl – Ihr Spiel mit Macht und Angst“ an. Er ist heute Neos-Abgeordneter und scharfer Kritiker der türkisen ÖVP.
Die Presse wiederum ist Teil der Styria Media Group, die im Eigentum der „Katholische Medien Verein Privatstiftung“ steht. Die Stiftung „verfolgt ausschließlich gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zwecke“ und „christliche Medienarbeit“. Sie ist „dem Geist der katholischen Kirche und ihrer Lehre“ verpflichtet. Mit der Headline „Kurz als Anwalt des Landes, Kogler als Verkünder der guten Luft“, ist nichts anderes als die türkis-grüne Selbstdarstellung als „bestes aus beiden Welten“.
Die Kronen Zeitung gibt in ihrer Headline artig die türkise Erzählung von Kurz als Kämpfer für den kleinen Mann wieder. Er hat dafür gesorgt, dass „Autos und Heizen leistbar“ bleiben. Sie gehört zu 50 % der Familie Dichand und zu 24,5 % Rene Benkos Signa. Das Naheverhältnis zwischen Benko und Kurz ist bekannt. Zwar hat Benko Konflikte mit den Dichands – zwischen ihnen und der ÖVP schaut das allerdings ganz anders aus. So soll Thomas Schmid ihnen beispielsweise bei einer heiklen Steuerangelegenheit geholfen haben, berichtete die Tageszeitung Österreich. Auch um eine gemeinsame Reise von Schmid und dem Herausgeber der Krone Christoph Dichand gibt es einige Fragezeichen.
Die einzige der fünf größten Tageszeitung, die nicht vollauf begeistert reagiert, ist Der Standard. Denn er fragt, ob nun die Klimawende gelingt? Das klingt auf den ersten Blick recht kritisch – ist aber immer noch sehr diplomatisch, bedenkt man, dass Umweltschutzorganisationen, Expertinnen und Experten diese Frage sehr eindeutig mit „nein“ beantworten. Andere Bundesregierungen kritisierte der Standard deutlich schärfer. Wissenswert ist, dass der Standard deutlich mehr Inserate an Ministerien und staatsnahe Unternehmen verkauft, seit die Grünen in der Regierung sind. Auch unter seinen Leserinnen und Lesern finden sich überdurchschnittlich viele Grün-Wählerinnen und -Wähler.
Alles in allem zeigt die Berichterstattung über die Steuerreform ein Problem der heimischen Medienlandschaft: Ein großer Teil der Medienhäuser hat eine gewisse Nähe zur ÖVP. Die einzige Ausnahme, der Standard, liebäugelt mit und profitiert von den Grünen. Die Regierung hat also, wenn sie an einem Strang zieht, keine wirkliche Kritikerin unter den größten Tageszeitungen. Dadurch entsteht trotz heftiger Kritik zahlreicher Verbände, NGOs und Einzelpersonen der Eindruck, es passe im Großen und Ganzen eh alles.
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