Ängste, Depressionen und Stress: Die Psyche ist belastet. Besonders im Sommer fehlen wegen der Urlaubssaison vielen Menschen die Ansprechpersonen. Doch wo bekommt man Hilfe, wenn sich auch der Therapeut oder die Therapeutin im Urlaub befinden? Dann können Betroffene auf die Telefonseelsorge ausweichen – die bietet rund um die Uhr Hilfe in Österreich an.
Die übermäßige Hitze in den Sommermonaten kann unsere Psyche schwer belasten – man fühlt sich schneller unwohl und überfordert. Der beste Freund oder die beste Freundin, die Familie oder die Arbeitskolleginnen und Arbeitskollegen sind aber auf Urlaub und für kein Gespräch zu haben. Auch therapeutische Einrichtungen wie Selbsthilfegruppen oder Psycholog:innen machen meist eine urlaubsbedingte Sommerpause. Viele fragen sich jetzt, wohin mit meinen Problemen? Und die Einsamkeit macht sich bei vielen Österreicherinnen und Österreichern breit.
Genau für diese Krisenmomente gibt es die Telefonseelsorge der Erzdiözese Wien unter der Notrufnummer 142 (gilt in ganz Österreich). Das Angebot wird fleißig genutzt: Allein im Juli haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter rund 4200 Anrufe gezählt – im Vergleich: im Dezember waren es 3900.
„Sorgen fahren nicht auf Urlaub. Im Sommer fehlen unseren Anrufern die gewohnten Ansprechpartner für ihre Probleme und Ängste“ sagt Antonia Keßelring, Leiterin der Telefonseelsorge Wien.
Die Gründe, wieso gerade im Sommer vermehrt Menschen zum Hörer greifen und die Nummer der Telefonseelsorge wählen, sind vielschichtig: Zum einen können sich viele Menschen wegen der aktuellen Teuerung einen Urlaub einfach nicht leisten, ihr Umfeld aber schon – sie bleiben allein zurück. Vor allem in der Einsamkeit wachsen dann Sorgen und Ängste.
Zum anderen aber entstehen vor allem im Urlaub Konflikte, mit denen man im Alltag sonst nicht konfrontiert ist. Verdrängte Probleme kommen zum Vorschein, sobald man „raus aus dem Hamsterrad ist“, so Antonie Keßelring.
„Wir hören aufmerksam zu und versuchen, uns in das Leben und die Sorgen der Anrufer einzufühlen. Wir bauen Kontakt auf, denn Kontakt hilft gegen Einsamkeit“, erklärt Keßelring die Grundhaltung der Telefonseelsorge.
Die Telefonseelsorge ist ein Angebot der Katholischen und Evangelischen Kirche und kostenlos unter der Notrufnummer 142 rund um die Uhr erreichbar. Von 16 bis 23 Uhr kann man sich auch per Mail- oder Chatberatung an die Mitarbeiter:innen wenden.
Aktuell arbeiten rund 170 Seelsorgerinnen und Seelsorger ehrenamtlich bei der Telefonseelsorge in Wien. Für den Notruf-Telefon-Dienst haben sie eine spezielle Ausbildung absolviert. Weil aber immer mehr Österreicherinnen und Österreicher das Angebot vermehrt in Anspruch nehmen, suchen die Mitarbeiter:innen Verstärkung in ihrem Team durch ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Auch im Burgenland ist die Telefonseelsorge auf der Suche nach ca. 15-20 neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Zurzeit arbeiten rund 75 Ehrenamtliche im Bundesland. Es soll nämlich zu den zwei bereits bestehenden Standorten im Nord- und Südburgenland in Zukunft auch einen in Oberpullendorf geben. Für die Ausbildung muss man 130-160 Einheiten absolvieren.
„Wir sind eine Mensch-zu-Mensch-Begegnung – und daher suchen wir Menschen, die selber gut im Leben stehen und eine gewisse psychische Belastbarkeit mitbringen. Sie brauchen aber auch Zeit, Raum und Energie übrig, um sich jemandem anbieten zu können, dem es gerade nicht so gut geht im Leben“, so Leiterin Petra Lunzer.
Wenn auch du Interesse hast, Menschen in Not zu unterstützen, findest du hier die Infos und Voraussetzungen für den Job.
Die Zahlen in Österreich sind alarmierend: Rund 1,9 Millionen Menschen leiden unter depressiven Symptomen – vor allem Corona und die vielen Lockdowns haben die Situation noch verschärft. Genügend kassenfinanzierte Therapieangebote gibt es aber nicht: In Österreich gibt es insgesamt nur 70.000 Plätze.
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