Noch nie hat jemand so sehr gegen Untersuchungsausschüsse Stimmung gemacht, wie es die ÖVP im Moment tut. Zu Unrecht: Denn U-Ausschüsse gehören zu den wichtigsten Instrumenten des Parlaments. Ein Angriff auf sie ist auch ein Angriff auf die Demokratie. Die NeueZeit beantwortet die wichtigsten Fragen zum Thema: Was genau ist ein Untersuchungsausschuss, wie kann er eingesetzt werden und was darf er?
Fast täglich folgen neue Angriffe gegen den Ibiza-Untersuchungs-Ausschuss: Tourismusministerin Elisabeth Köstinger bezeichnete ihn zuletzt als „Löwinger Bühne“. Auch der ÖVP-Fraktionsführer im U-Ausschuss, Andreas Hanger, hantiert mit absurden Vorwürfen gegen andere Abgeordnete im Ausschuss. Und dann drehten die Regierungsparteien den Ausschuss auch noch ganz ab: Sie stimmten im Nationalrat gegen eine Verlängerung der Untersuchung.
Somit wird der „Untersuchungsausschuss betreffend „mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung“, wie der offizielle Name des Ibiza U-Ausschusses lautet, eingestellt. Die Strategie ist klar: Man will von den unzähligen ÖVP-Skandalen ablenken, die mit dem Ausschuss verknüpft sind. Kurz und Co versuchen, den Untersuchungs-Ausschuss als Gremium in ein schlechtes Licht zu rücken. Zu Unrecht: Denn Untersuchungs-Ausschüsse gehören zu den wichtigsten parlamentarischen Kontrollorganen und stellen einen wesentlichen Bestandteil der österreichischen Demokratie dar.
Untersuchungsausschüsse geben dem Parlament die Möglichkeit, die Bundesregierung zu kontrollieren. Wenn es also, wie im Ibiza-Ausschuss, um die „mutmaßliche Käuflichkeit“ der Regierung geht, kann der Nationalrat mithilfe dieses Gremiums Tatsachen feststellen, die auf eine „Käuflichkeit“ hinweisen.
Der U-Ausschuss hat jedoch weder die Möglichkeit, Mitglieder der Bundesregierung zur Rechenschaft zu ziehen (im Gegensatz zu einem parlamentarischen Misstrauensvotum), noch sie zu verurteilen. Das bleibt selbstverständlich den Gerichten überlassen. Deswegen gibt es auch keine Zeuginnen und Zeugen oder Angeklagten: Man spricht von „Auskunftspersonen“, die vorgeladen werden, um der Tatsachenfeststellung zu dienen.
Der U-Ausschuss ist für die Oppositionsparteien auch deswegen so wichtig, weil es nur ein Viertel der Abgeordneten braucht, um ihn einzuberufen. Das Untersuchungs-Thema muss eine bestimmte Zeitspanne in der Vergangenheit umfassen und sich auf die Aktivitäten von Regierungsmitgliedern beziehen. Dieses Thema kann im Nachhinein weder vergrößert noch eingegrenzt werden.
Die Dauer eines Ausschusses beträgt 14 Monate, er kann aber auch verlängert werden. Eben das verhinderten ÖVP und Grüne im Falle des „Ibiza-Ausschusses“.
Vorsitzender des Ausschusses ist der Nationalratspräsident, dieser kann sich jedoch auch durch den zweiten bzw. dritten Präsidenten vertreten lassen. Zudem steht dem Vorsitzenden Unterstützung durch einen Verfahrensrichter zur Verfügung – also professionelle juristische Hilfe.
Neben dem Parlament können auch die Landtage in den Bundesländern U-Ausschüsse einberufen.
Ein Untersuchungsausschuss darf Unterlagen von allen Organen des Bundes, der Länder und der Gemeinden anfordern, diese müssen der Forderung nachkommen. Der Ausschuss selbst hat jedoch nicht das Recht, Beschlagnahmungen oder Hausdurchsuchungen anzuordnen. Wenn Akten nicht ausgeliefert werden, kann die Justiz eine sogenannte „Exekution“ anordnen.
Von diesem Recht machte die Justiz zuletzt bei Gernot Blümel Gebrauch. Der Finanzminister brauchte ganze zwei Monate, um die angeforderten Dokumente an den Untersuchungsausschuss weiterzugeben. Erst nachdem der Verfassungsgerichtshof eine Zwangsexekution durch den Bundespräsidenten anordnete, lieferte Blümel die Akten.
Eine geladene Auskunftsperson muss erscheinen, bei Fernbleiben kann sie auch vorgeführt werden – oder das Bundesverwaltungsgericht verhängt eine Geldstrafe. Die Auskunftspersonen darf zur Unterstützung von einer Vertrauensperson begleitet werden. Die hat jedoch kein Rederecht, im Unterschied zu einem Rechtsanwalt in einem gerichtlichen Verfahren.
Für die geladenen Personen besteht eine unbedingte Wahrheitspflicht. Für Personen des Öffentlichen Dienstes ist es auch nicht erlaubt, sich auf die Geheimhaltungs-Pflicht zu berufen. Bei einer Falschaussage vor dem U-Ausschuss drohen bis zu drei Jahre Haft, sie stellt also kein Kavaliersdelikt dar.
Das Delikt der Falschaussage wirft die Staatsanwaltschaft aktuell unter anderem Bundeskanzler Sebastian Kurz und seinem Kabinettschef vor – sie sollen das Kontroll-Gremium belogen haben. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Nachdem der U-Ausschuss alle Auskunftspersonen angehört und die „Beweisaufnahme“ abgeschlossen hat, wird ein Bericht erstellt. Im Anschluss werden die Ergebnisse des Ausschusses im Nationalrat diskutiert.
Zu den bekanntesten U-Ausschüssen der jüngeren Geschichte zählen neben dem Ibiza-Ausschuss die Untersuchung zur Eurofighter-Affäre oder zum BVT-Skandal. Ohne die Hilfe der U-Ausschüsse wären viele Tatsachen wohl bis heute vertuscht geblieben.
Fakt ist: Ein Untersuchungsausschuss leistet wesentliche Aufklärungsarbeit in politischen Affären. Er hat klare und faire rechtliche Spielräume. Wer sich gegen dieses zentrale Kontrollinstrument stellt, ist an Aufklärung nicht interessiert oder möchte diese sogar verhindern. Auch wenn die türkise Message-Control vom Gegenteil überzeugen möchte.
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