Roland Weißmann wird neuer Generaldirektor des ORF. Er gilt als ÖVP-nah und war der Wunschkandidat von Bundeskanzler Sebastian Kurz. Damit steigt der türkise Einfluss auf die Fernsehberichterstattung gewaltig. Die ÖVP hat jetzt nämlich die Möglichkeit ihre Message Control von den größten Tageszeitungen auf den größten Medienanbieter auszuweiten. Die Grünen stimmten auch für Weißmann und erhalten dafür zwei ORF-Direktoren.
Nach 15 Jahren steht ein Machtwechsel bei Österreichs größtem Fernsehsender bevor. Roland Weißmann, Wunschkandidat von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), wurde vom Stiftungsrat mit 24 von 35 Stimmen zum Generaldirektor gewählt. Diese deutliche Mehrheit hatte sich bereits in den letzten Tagen abgezeichnet. Weißmann verfügte über die Unterstützung aller 16 türkisen Stiftungsräte und konnte auf die Stimmen von vier „unabhängigen“, aber von der ÖVP nominierten Mitglieder des Stiftungsrates zählen. Zusätzlich erhielt er noch drei Stimmen von den Grünen und eine von der FPÖ. Für den bisherigen SPÖ-nahen Generaldirektor Alexander Wrabetz votierten sechs Stiftungsräte. Auf die konservative aber nicht dezidiert türkise Kandidatin Lisa Totzauer entfielen fünf Stimmen. Thomas Prantner und Harald Thoma unterstützte niemand. Damit endet die Ära von Alexander Wrabetz, der den ORF seit 2006 führt.
Es ist davon auszugehen, dass sich ab 2022 im öffentlich-rechtlichen Fernsehen einiges verändern wird. Als sicher gilt eine Einflusssteigerung der ÖVP. Weißmanns Beteuerung, „nie der Kandidat einer Partei“ gewesen zu sein, kann in diesem Zusammenhang nicht ernst genommen werden. 16 türkise Stiftungsräte haben nämlich sicher nicht ohne Grund geschlossen für ihn gestimmt. Dem zukünftigen Generaldirektor Weißmann muss man aber zumindest fachliche Expertise zugestehen. Er ist seit 1995 beim ORF und hatte zahlreiche Positionen inne. Aktuell leitet Weißmann noch das Projekt ORF-Player. Unter diesem Namen soll eine Streaming- und Onlineplattform entstehen. Seine Karriere begann Weißmann bezeichnenderweise beim ORF Niederösterreich, wo politische Interventionen der ÖVP an der Tagesordnung standen. 2003 stieg er dort zum stellvertretenden Chefredakteur auf. Im Jahr 2010 stieg Weißmann schließlich zum Büroleiter des ÖVP-nahen Finanzdirektors des ORF, Richard Grasl auf. So viel zu seiner Unabhängigkeit.
Wiedereinmal als äußerst koalitionstreu erwiesen sich die Grünen. Ihre drei Stiftungsräte stimmten geschlossen für Weißmann. Sie gaben damit grünes Licht für die türkise Übernahme des ORF. Dafür erhielten die Grünen zumindest eine Gegenleistung. Es gilt als fix, dass sie zwei von vier Direktoren nominieren dürfen. Dabei handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach, um den Finanzdirektor und den Programmdirektor.
Während Weißmann die Absprache dementiert, gesteht die grüne Mediensprecherin Eva Blimlinger ein, dass ihre Partei im Gegenzug für die Unterstützung von Weißmann bei der Bestellung des neuen ORF-Führungsteams ein gewichtiges Wort mitzureden hat. Sie bekannte offen: „Würden die grünen Vertreter bei der Wahl Weißmanns nicht mitgehen, wäre der Einfluss der ÖVP im ORF am Ende größer.“ Es stellt sich im Kontext dieser Äußerung eine ernsthafte Frage. Ist es schlimmer, dass die Grünen der türkisen Machtübernahme im Gegenzug für zwei Direktorenposten zustimmten oder, dass sie ernsthaft glauben, sie könnten dem ÖVP-Einfluss etwas entgegensetzen. Wenn ihre Gegenwehr so gering ausfällt, wie bei den zahlreichen Eskapaden und Skandalen von Kurz und Co. in der Regierung sieht es schlecht aus. Es ist dann wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis die Unabhängigkeit des ORF endgültig verloren geht.
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