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Krisen-Kosten: Arbeiter zahlen Steuern, Luxushotels & große Konzerne kassieren – Reichensteuer könnte 11 Mrd. bringen

Arbeitnehmer und Konsumenten zahlen 80% der Corona-Krisenkosten, aber die Förder-Millionen stauben nur Luxushotels und Großkonzerne ab. Das wäre leicht zu ändern: Eine Reichensteuer auf hohe Vermögen ab einer Million Euro könnte bis zu 11 Milliarden Euro Zusatzeinnahmen bringen. Argentinien und Spanien bitten in der Krise Superreiche stärker zur Kasse. In Österreich blockiert Türkis-Grün eine solche Vermögenssteuer.

Die österreichische Wirtschaft leidet massiv unter den Folgen der Coronakrise. Mehr noch als die meisten anderen EU-Länder hat sich die Krise hierzulande verheerend auf das Wachstum und die Arbeitslosenrate ausgewirkt. Die Besteuerung von Vermögen könnte einen wichtigen Beitrag zur finanziellen Bewältigung der Krise leisten. Man muss es nur wollen.

Wer für die Corona-Krise zahlt

Jeder Staat braucht Einnahmen, um seinen Aufgaben nachkommen zu können. Öffentliche Verwaltung, Bildung, Infrastruktur, Soziales. All das muss finanziert werden – und das geschieht im Regelfall über die Besteuerung der Bürgerinnen und Bürger.

Je länger die Krise andauert, umso drängender wird die Frage, wie die enormen Kosten bewältigt werden sollen. Aktuell sind es vor allem die arbeitenden Menschen, die den Staatshaushalt und auch die Krisenkosten tragen: 80% der Steuereinnahmen stammen von Arbeitnehmern und Pensionisten über Abgaben auf Arbeit und allgemeinen Konsum.

Österreich steht damit im internationalen Vergleich ausgesprochen schlecht da. Wärend die Abgaben auf Arbeit und Konsum im internationalen Vergleich hoch sind, geht man hierzulande mit Vermögen sehr steuerschonend um.

Wer zahlt für die Corona-Krise? Arbeitnehmer und Konsumenten, denn die Besteuerung auf Vermögen ist im internationalen Vergleich unterdurchschnittlich gering. // Quelle: OECD mit Daten von 2015, Grafik: Arbeiterkammer OÖ

Das bedeutet: Wenn das Steuersystem einfach so weiterlauft wie bisher, werden Krisenkosten automatisch zum größten Teil von den arbeitenden Menschen in diesem Land getragen.

Das Vermögen wäre da, aber es wird kaum besteuert

Dass vermögensbezogene Steuern am Steueraufkommen in Österreich nur einen geringen Anteil ausmachen, liegt nicht daran, dass zu wenig Vermögen vorhanden wäre. Die Ursache für dieses schiefe Verhältnis liegt in der Ungleichbehandlung im Steuersystem.

Wer für die Corona-Krise zahlt: Je mehr man durch Arbeit verdient, desto mehr Steuern zahlt man. Diese „progressive“ Besteuerung gibt es bei Vermögen nicht. // Grafik: Moment-Institut

Während Arbeitseinkommen progressiv besteuert werden, sind die Steuern auf Vermögen gedeckelt. Anders ausgedrückt: Je mehr man durch Arbeit verdient, umso höhere Steuern zahlt man. Die Besteuerung von Vermögen hingegen steigt nicht an.

Diese seit Jahrzehnten praktizierte Ungleichbehandlung von Einkommen hat sich mittlerweile deutlich auf die Vermögensverteilung in Österreich ausgewirkt. Vermögensbezogenen Steuern machten im Jahr 2017 nur 0,5% des BIP aus. Im Jahr 1969 lag dieser Anteil noch bei 4%. Das in Österreich vorhandene Vermögen verteilt sich auf immer weniger Köpfe. Zu keinem Zeitpunkt in der zweiten Republik war Vermögen so ungleich besteuert wie jetzt.

Die ungleiche Besteuerung hat Folgen. Laut einer Studie der Arbeiterkammer besitzt das reichste Prozent der Bevölkerung 39% am Gesamtvermögen. Die reichsten 5 Prozent besitzen bereits 55%. Die „unteren“ 50 Prozent besitzen hingegen nur mehr 2,8%. Auch ein Generationswechsel ändert nichts an der Vermögensverteilung, weil es in Österreich keine Erbschaftssteuer gibt. Es entsteht ein Automatismus, bei dem sich Vermögen selbstständig vermehrt.

Es fehlt nicht am Geld, sondern am politischen Willen

Was in normalen Zeiten schon ein großes Problem ist, wird in der Krise zum untragbaren Missstand. Corona hat zu Rekord-Arbeitslosigkeit geführt. Hinzu kommen unzählige Menschen, die in Kurzarbeit sind. Daher sinken auch die Steuereinnahmen, weil immer weniger Menschen einen Job haben. Folglich geht auch der Konsum zurück. Die wichtigsten Einkommensquellen des Staates schwächeln in der Krise. Gleichzeit explodieren die Kosten für Hilfsprogramme. Bis jetzt gibt es seitens der Regierung noch keine Vorschläge, wie diesem Dilemma begegnet werden soll.

Dabei gäbe es Konzepte und praktische Beispiele, wie über vermögensbezogene Steuern die finanziellen Auswirkungen der Krise erfolgreich bekämpft werden könnten.

Wer für die Corona-Krise zahlt: Argentinien & Spanien bitten Superreiche zur Kasse

Argentinien machte weltweit Schlagzeilen, als es als erstes Land seine reichsten 12.000 Bürgerinnen und Bürger zu einer Corona-Sondersteuer verpflichtete, um einen Teil der Krisenkosten zu bewältigen. Die inländischen Vermögen der Reichsten in Argentinien sollen in Zukunft mit 3,5% besteuert werden, ihr ausländisches Vermögen sogar mit 5,25%. Ein Drittel der Corona-bedingten Kosten will das Land dadurch abdecken.

In Europa hat Spanien als eines der erstes Länder damit begonnen, auf das Vermögen der Superreichen im Land zuzugreifen. Für Jahreseinkommen über 300.000€ hat die Regierung in Madrid die Kapitalertragssteuer (für Einkünfte aus Aktien oder Fonds) um 3% erhöht. Für Einkünfte über 200.000€ um 2%. Auch die Vermögenssteuer wurde angehoben. Für Vermögen über 10 Millionen Euro wird eine Steuer von 1% fällig. Die Einkünfte aus diesen Steuern stecken die Spanier in ihr Gesundheits- und Sozialsystem.

Millionäre fordern: Besteuert uns – wir wollen einen Beitrag leisten!

Internationales Aufsehen erregte auch ein offener Brief mit dem Titel „Millionaiers for humanity“ (Millionäre für Menschlichkeit). Millionäre aus der ganzen Welt erklären sich bereit, durch Sonderabgaben einen Teil der Krisenkosten zu übernehmen.

Die Auswirkungen dieser Krise werden Jahrzehnte lang anhalten. Sie könnte eine halbe Milliarde Menschen mehr in die Armut treiben. Hunderte von Millionen Menschen werden ihre Arbeit verlieren, wenn Unternehmen schließen, einige davon dauerhaft. Wir müssen unsere Welt neu ausbalancieren, bevor es zu spät ist. Es wird keine weitere Chance geben. Also bitte. Besteuern Sie uns. Besteuern Sie uns. Besteuern Sie uns. Es ist die richtige Wahl. Es ist die einzige Wahl.

Österreichische Millionäre finden sich allerdings nicht unter den Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern. Hierzulande sieht man noch keinen Anlass, über vermögensbezogene Steuern nachzudenken. Wenn es nach den Plänen der türkis-grünen Regierung geht, sollen die arbeitenden Menschen auch in Corona-Zeiten die finanzielle Hauptlast tragen.

Modelle für ein gerechteres Steuersystem

SPÖ, Arbeiterkammer und Gewerkschaft fordern schon seit langem die Einführung von Reichensteuern. So könnten Gelder für wichtige Investitionen wie Bildung, Infrastruktur, Soziales und vor allem zur Bewältigung der Kosten in Folge der Corona-Krise lukriert werden.

Das berühmte Einfamilienhaus oder Sparbuch der Oma wäre davon nicht betroffen. Je nach Modell werden lediglich die reichsten 4 bis 7 Prozent der Bevölkerung stärker besteuert. Das aktuelle SPÖ-Modell etwa sieht für die Besteuerung von Vermögen eine Staffelung vor.

  • Freibetrag bis 1. Mio. €
  • 1 – 2 Mio. €: Besteuerung mit 1%,
  • 2 – 3 Mio. €: Besteuerung mit 2%
  • ab 3 Mio. €: Besteuerung mit 3%

Basierend auf Modellrechnungen der Johannes Kepler Universität Linz würden bei diesem Vermögenssteuermodell 11,1 Milliarden Euro an zusätzlichen Steuergeldern eingenommen werden. Eventuelle Steuertricksereien und Steuerflucht wurden in diesen Berechnung bereits einkalkuliert.

Klare Zustimmung für Reichensteuer

Eine Reichensteuer trifft auch in der Bevölkerung auf breite Zustimmung. In einer Umfrage des Momentum Instituts sprachen sich 58% der Befragten für eine Besteuerung von Superreichen aus. Die panische Abwehrhaltung der Regierung gegenüber vermögensbezogenem Steuer entspricht weder dem Willen der Menschen in diesem Land noch wirtschaftlicher Notwendigkeit und Vernunft. Sie spiegelt einzig und allein die Interessen der vermögenden Klientel der ÖVP wider.

Stefan Neulinger

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