Wissen

Interview mit einem Bestatter: „Wir leben jeden Tag, wir sterben nur einmal.“

Wir alle sterben früher oder später. Wohl gerade deshalb reden die meisten Menschen nicht gern darüber. Die NeueZeit hat zum Beginn der kalten und düsteren Jahreszeit mit einem Bestatter gesprochen und gefragt, was passiert, wenn unsere Zeit gekommen ist. 

NeueZeit: Ein Sprichwort besagt „Arm oder reich, der Tod macht alle gleich.“ Was haben alle Toten, die du bestatten durftest, gemeinsam?

Arm oder reich, schwarz oder weiß, am Ende des Tages sind alle gleich. Oder? Wenn man sich die Gräber ansieht, dann gibt es auch dort Unterschiede. Von Feudal bis Armengrab, Marmorgrabstein bis Holzkreuz, Gruftbeisetzung bis Sozialbegräbnis.

Warum machst du diesen Beruf beziehungsweise wie kam es dazu?

Ich hatte die Möglichkeit während meiner Bundesheerzeit ein wenig Geld dazu zu verdienen und konnte ein wenig in die Materie hinein schnuppern. Eigentlich hatte ich meine gesamte Berufszeit (43 Jahre) immer mit Leuten zu tun – und ich habe es immer gerne gemacht. Nach einer Pensionierung eines Mitarbeiters, wurde ich gefragt, ob ich nicht bei der Bestattung Wiener Neustadt beginnen möchte. Damals, seit 18 Jahren an der Militärakademie, ließ ich mich drei Jahre karenzieren und begann dann 2002 als Bestatter.

Foto von Casey Horner auf Unsplash

Wie lange machst du deinen Job schon?

Diesen Job mache ich bereits seit 21 Jahren. Ich bin geprüfter Bestatter und mache es gerne.

Was findest du schön an deinem Beruf?

Menschen helfen zu können, das habe ich immer gerne gemacht. Für sie da zu sein, sie in schweren Stunden zu unterstützen.

Was waren die prägendsten Eindrücke, die du in deinem Beruf erlebt hast?

Begräbnisse, die nicht nach dem gleichen Schema ablaufen. Extrem traurige Kinderbegräbnisse, Doppel-Beerdigungen nach Unfällen, aber auch lustige Episoden, mit viel Musik, die Trauergäste haben getanzt und mit Wein am Grab angestoßen.

Foto von Payam Moin Afshari auf Unsplash

Was ist das Besondere an deinem Job?

Es ist kein Sterbefall der gleiche. Egal ob arm oder reich, schwarz oder weiß… Weil nicht jeder Mensch gleich ist. Man erfährt in den Gesprächen mit den Angehörigen oft sehr viel, manchmal auch wenig, aber immer etwas anderes. Zuhören zu können, ist eine Gabe, die vielleicht nicht viele haben. Dankbarkeit zu erhalten, für Hilfe, die ich geleistet habe, die mir nichts gekostet hat, außer für Angehörige da zu sein.

Was hättest du gern, dass die Menschen über deinen Beruf wissen sollen?

Dass wir keine Maschinen sind und auch uns manche Schicksale sehr nahe gehen.

Gibt es Aspekte, die du gar nicht magst?

Falsche Menschen; Personen (Familienangehörige/ Freunde) die versprechen die Wünsche der Verstorbenen zu erfüllen und dann nichts davon umsetzen.

Setzen sich die Menschen deiner Meinung nach genug mit der eigenen Sterblichkeit auseinander?

Foto von Gerhard Kupfer auf Unsplash

Manche ja – wenn sie älter werden; dann beginnen sie über das Leben, aber auch den Tod nachzudenken. Sie wollen ihren Kindern nicht zur Last fallen, und wollen ihre Begräbnis nicht nur vorher bezahlen, sondern auch selbst gestalten.  Sarg aussuchen, Parten gestalten, auch welche Musik beim eigenen Begräbnis gespielt werden soll.

Gibt es noch etwas, das du den Menschen mitgeben möchtest?

Wir leben jeden Tag, wir sterben nur einmal und nicht umgekehrt.

NeueZeit Redaktion

Ähnliche Artikel

  • Politik

20 Jahre Fixstrom-Garantie in Trumau: Über 1.370 Menschen bilden größte Energiegemeinschaft Österreichs

20-jährige Fixstrom-Garantie überzeugte bereits mehr als 600 Mitgliedshaushalte: In Trumau gibt es seit Juli 2024…

2. Dezember 2024
  • Oberösterreich

Tatort Gemeindeamt: Jede 2. Gemeinde in OÖ könnte 2025 vor finanziellem Ruin stehen

Der Krimi um die Gemeindefinanzen in Oberösterreich will einfach nicht enden. Jede zweite Gemeinde könnte…

29. November 2024
  • Wirtschaft

Von Millionenhilfen zu Massenkündigungen: Wie KTM in die Insolvenz fuhr

KTM, Europas größter Motorradhersteller, ist insolvent. Das Unternehmen, geführt von ÖVP-Unterstützer Stefan Pierer, kämpft bereits…

29. November 2024
  • Wissen

Esperanto: Eine Friedenssprache erobert die Welt

Eine Sprache der Hoffnung und für den Frieden: die möchte Ludwik Lejzer Zamenhof den Menschen,…

28. November 2024
  • Steiermark

50 Euro für Muttermal-Vorsorge: Steirische Patient:innen müssen plötzlich zahlen

In der Steiermark verlangen manche Hautärzt:innen seit Juli 50 Euro für die Ganzkörperkontrolle von Muttermalen…

27. November 2024
  • Oberösterreich

Arbeitgeber filmt Sporttrainerin in Umkleide! AK erkämpft 7.000 Euro Schadensersatz für die Betroffene

In Oberösterreich filmt der Betreiber eines Fitnessstudios eine Sporttrainerin heimlich in der Umkleidekabine. Sie bemerkt…

25. November 2024