Gesellschaft

Gesundheit vor Profit: Pharmakonzerne sollen Patente offenlegen, damit mehr Corona-Impfstoff produziert werden kann

In der Forschung nach Corona-Impfstoffen steckt viel Steuergeld, aber die Gewinne kassieren nur die Pharma-Riesen. Aus Profitgier halten sie ihre Patente geheim und verhindern so, dass genug Impfstoff produziert wird. Jetzt fordern internationale Gesundheits-Experten: In Krisenzeiten dürfen sich Staaten nicht von Konzernen an der Nase herumführen lassen. Pharma-Riesen sollen ihre Patente öffentlich machen. So könnten Hersteller auf der ganzen Welt schneller und mehr Impfstoff produzieren.

Die Corona-Schutzimpfungen sollen die Pandemie besiegen und endlich eine Rückkehr ins normale Leben ermöglichen. Darin sind sich Gesundheits-Experten wie Politik einig. Die Einigkeit endet dort, wo es um die Verantwortung für das aktuelle Impf-Desaster geht: Der Impf-Plan der Regierung wackelt, weil die Pharmafirmen Pfizer und Astra Zeneca weniger Dosen liefern wollen. Wer ist schuld, dass wir zu wenig Impfungen haben?

Die türkis-grüne Bundesregierung putzt sich an der Europäischen Union ab. Die EU habe die Kaufverträge für die Impfungen ausgehandelt, man habe keinen Einfluss darauf. Das lässt man in Brüssel nicht gelten: Österreich sei an den Verhandlungen beteiligt und habe ausgerechnet auf den Impfstoff von Astra Zeneca gesetzt – die Zulassung des Mittels ist aber noch nicht da.

Pharmakonzerne sollen ihr Wissen weitergeben, damit mehrere Hersteller Corona-Impfungen produzieren können

Während sich die Politik gegenseitig die Schuld zuschiebt, machen jetzt internationale Gesundheits-Experten in einem Bericht des deutschen Fernsehsenders NDR einen wenig beachteten, aber einfachen Vorschlag: Die Pharmakonzerne sollen das Wissen und die Patente zur Herstellung ihrer Corona-Impfmittel für andere freigeben – dann könnte viel schneller und viel mehr Impfstoff produziert werden. Denn, so die Experten, Profitinteressen dürfen nicht über die Gesundheit bestimmen.

Wie viel Corona Impfungen kosten

Die rasche Entwicklung von Corona-Schutzimpfungen war nicht nur eine herausragende Leistung der Wissenschaft. In der Forschung steckt auch viel Steuergeld. Regierungen weltweit zahlten Pharmafirmen riesige Summen. Sie finanzierten die Erforschung des Impfmittels – und müssen jetzt ein zweites Mal zahlen: Die Bestellung von Impfdosen kostet Milliarden.

Wie viel Österreich an die Pharmariesen zahlt, wird geheim gehalten. Es gibt nur Vermutungen. Sie reichen, je nach Hersteller, von 1,78€ bis 14,84€ pro Dosis. Klar ist also jedenfalls: Die Corona-Impfungen sind teuer – und deshalb auch für die Pharmakonzerne ein Jahrhundert-Geschäft.

Vor diesem Hintergrund überrascht es wenig, dass Astra Zeneca Südafrika vollständig beliefern will, während europäische Länder mit Ausfällen rechnen müssen. Südafrika zahlt für eine Impfdosis angeblich zweieinhalb mal so viel wie die EU-Staaten.

Corona-Impfstoff: Viel Steuergeld für die Forschung, aber Gewinne nur für die Pharmakonzerne

In den Corona-Impfstoffen steckt viel öffentliches Forschungsgeld. Deshalb sollen die Pharmakonzerne ihre Patente jetzt weitergeben, fordern internationale Gesundheits-Experten von Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen oder Amnesty International. So könnten mehrere Hersteller auf der ganzen Welt mit der Produktion beginnen und schneller mehr Impfdosen produzieren. Die Patent-Weitergabe sei in einer Ausnahmesituation wie einer Pandemie absolut gerechtfertigt. Das Regierungen riesige Summen an Privatkonzerne zahlen, aber keine Bedingungen daran geknüpft sind, sei ein großes Politikversagen.

„Dies ist ein Notfall, in dem Regierungen jeden Schritt der Pharmakonzerne subventioniert haben. Von der Forschung und Entwicklung bis zur Frage, wer am Ende kauft. Die Konzerne sind nur ein kleines Risiko eingegangen. Und dieses Risiko verschwand nahezu, als die Pandemie sich ausgebreitet hat“, sagt Suerie Moon, Co-Direktorin des Global Health Centre. Impf-Technologien sollten daher als öffentliches Gut zur Verfügung gestellt werden, sodass „alle auf der Welt davon profitieren“.

Profit vor Gesundheit: Pharmakonzerne verweigern die Patentweitergabe

Die Weltgesundheitsorganisation WHO rief die Pharmafirmen bereits im Mai 2020 dazu auf, ihre Daten und Patente zu teilen. Aber bis heute hat kein einziges Unternehmen seine Rechte freigegeben. Das liegt wohl an den beinharten Profitinteressen der Pharmakonzerne. Wer Patente weiter gibt, verliert einen Teil seines Gewinns. Dabei gäbe es auch dafür bereits Lösungsvorschläge. So könnte etwa eine Firma, die ihre Patente offenlegt, am Umsatz beteiligt werden, wenn ein anderes Unternehmen das patentierte Herstellungsverfahren anwendet.

Trotzdem: Die Pharmakonzerne halten ihre Forschungsergebnisse streng geheim und versuchen, möglichst viel Geld aus der Corona-Pandemie zu schlagen. Die Regierungen – Türkis-Grün mit dabei an vorderster Front – laufen den privaten Unternehmen mit Milliarden hinterher, anstatt sie in die Verantwortung zu nehmen. Profitinteressen scheinen mächtiger als die Gesundheits-Interessen der Menschen zu sein.

Philipp Stadler

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