Schon zum vierten Mal verkauft das ÖVP-geführte Land Niederösterreich die Wohnbaudarlehen seiner Häuslbauer an Finanzinstitute. Bisher gab es dafür schnelles Geld für das Land, aber langfristige Milliardenverluste.
Sie machen es schon wieder. Das Land Niederösterreich will seine Forderungen aus den Wohnbauförderungs-Darlehen der letzten Jahre verkaufen. Das verkündete Finanzlandesrat Ludwig Schleritzko (ÖVP) Ende Mai in einer Pressekonferenz. Schleritzko will also die Kredite, die Häuslbauer beim Land aufnehmen, auf den internationalen Finanzmärkten für schnelles Geld verscherbeln.
Dabei hat das Land bereits drei Mal – 2001, 2007 und 2011 – die ausstehenden Wohnbaudarlehen am internationalen Finanzmarkt verkauft. Mit Verlusten von insgesamt 2,3 Milliarden Euro. Betreiber des fragwürdigen Deals war der damalige Finanzlandesrat Wolfgang Sobotka (ÖVP), heute Nationalratspräsident und Vorsitzender des Ibiza-Untersuchungs-Ausschusses.
Ein Blick zurück: 2001 beschlossen Wolfgang Sobotka und der damalige Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP), dass für das Land Niederösterreich die Zeit reif sei, im internationalen Finanz-Business mitzumischen. 166.000 Wohnbau-Darlehen im Wert von 4,7 Milliarden Euro sollten an den Meistbietenden verkauft werden. Das war dann um 2,4 Milliarden Euro die „Citibank London“.
Die Käuferin hatte die Gewissheit, dass die 166.000 Häuslbauer ihre zinsgünstigen Darlehen zurückzahlen würden. Schließlich stand ja das Land Niederösterreich dafür gerade. Und das Land hatte über Nacht 2,6 Milliarden Euro zur spekulativen Verfügung. Diese Veranlagung werde ein jährliches Plus von 145 Millionen Euro bringen, tönte Sobotka im Dezember 2001. Dann traf ihn die Realität mit voller Wucht.
Schon nach einem Jahr stellte der Landesrechnungshof fest, dass das Fondsvermögen um fast acht Prozent geschrumpft statt gewachsen war. Für Sobotka & Co. kein Problem, sie verkauften 2007 wieder Wohnbaudarlehen. Diesmal im Wert von zwei Milliarden Euro, das Land Niederösterreich bekam dafür aber nur 840 Millionen Euro.
Der Rechnungshof errechnete im Jahr 2010 für den Stichtag 31.12.2008 bereits einen Schaden durch diese beiden Transaktionen in Höhe von knapp einer Milliarde Euro. Und dann kam die weltweite Finanzkrise, die Landesrat Sobotkas spekulative Anlagen entwertet hat wie ein Wohnungsbrand den Perserteppich. Das Online-Medium Addendum hat den Verlust wegen des Verkaufs der Darlehen mit 2,3 Milliarden Euro beziffert.
Hätte das Land also einfach die Häuslbauer weiter ihre Darlehen zurückzahlen lassen statt sich am internationalen Finanzparkett eine blutige Nase zu holen, dann wären um 2,3 Milliarden Euro mehr im Landesbudget. Hat das ÖVP-geführte Land aber nicht. Kein Wunder, dass die Pro-Kopf-Verschuldung Niederösterreichs mit 5.450 Euro die zweithöchste aller Bundesländer ist.
Und jetzt kommt es zur absurden Situation, dass das Land zur Begleichung ihrer Wohnbaudarlehens-Schulden die nächsten Wohnbaudarlehen auf den Markt wirft. Die sind laut Landesrat Schleritzko 1,65 Milliarden Euro wert. Wenigstens eines hat die ÖVP aus dem Sobotka-Desaster von damals gelernt: Die Verkaufserlöse werden nicht in dubiosen Fonds angelegt, sondern ohne Umwege zur Schuldentilgung des Landes eingesetzt. Das wurde vom Land Niederösterreich auch schon 2011 so gehandhabt, als man 16.700 Darlehen um 557 Millionen Euro an die landeseigene Hypo Niederösterreich verkaufte, um Schulden abzubauen, die man durch die vorherigen Verkäufe aufgebaut hatte.
Kein Wunder ist, dass der aktuelle Verkaufswunsch der Landes-ÖVP von den anderen Parteien im NÖ-Landtag skeptisch gesehen wird. „Schließlich müssten wir einem Deal zustimmen, von dem weder klar ist, was er dem Land einbringt, noch, unter welchen Umständen er umgesetzt wird“, so ein Landhaus-Jurist.
Sei´s drum. Die ÖVP hat im Landtag ohnedies mit 29 von insgesamt 56 Mandaten die absolute Mehrheit. Sie könnte im Notfall im Alleingang den jüngsten Verkauf der Darlehen beschließen.
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