Oberösterreich

Nur jeder 5. Armutsgefährdete bekommt in OÖ Wohnbeihilfe

Die Arbeiterkammer OÖ hat zum ersten Mal einen „Wohnzufriedenheitsindex“ erheben lassen. Die Ergebnisse sind durchwachsen. Aber ein Trend zieht sich durch: Je niedriger das Einkommen, desto unzufriedener sind die Oberösterreicherinnen und Oberösterreicher mit ihrer Wohnsituation.

Gemischt. So fällt der erste „Wohnzufriedenheitsindex“ der Arbeiterkammer aus. Die Oberösterreicherinnen und Oberösterreicher sind zufrieden mit ihrer Wohnumgebung und ihren eigenen vier Wänden, aber unzufrieden mit der Politik.

Das sagen 1.000 im Auftrag der AK befragte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Durchgeführt hat die große Wohn-Umfrage das Institut für empirische Sozialforschung (IFES), das einen Zufriedenheitsindex von 69 von 100 möglichen Punkten errechnet hat. IFES-Geschäftsführer Reinhard Raml fasst das so zusammen: „Es ist ein gutes Ergebnis, mit sehr viel Luft nach oben.“

Mit der Wohnpolitik sind die Oberösterreicher:innen am unzufriedensten

Der Index misst fünf verschiedene Kategorien (siehe Grafik). Insgesamt stufen 8% der Befragten ihre Wohnsituation als „auszeichnet“ ein, für 27% ist sie „sehr gut“. Fast genauso viele sehen ihre Wohnlage hingegen „kritisch“ (19%) oder sogar „schlecht“ (15%).

Grafik: AK OÖ

Am unzufriedensten sind die oberösterreichischen Beschäftigten mit der Wohnpolitik. 64% empfinden diese als „schlecht“, nur 3% als „ausgezeichnet“. „Man sieht ganz deutlich ein starkes Bedürfnis der Menschen, in der Wohnpolitik etwas voranzubringen“, sagt Raml.

Nur 19% der Armutsgefährdeten bekommen Wohnbeihilfe

Diesen Ball greift Arbeiterkammer-Präsident Andreas Stangl gleich mit einer Fülle an Forderungen an die Politik auf. Etwa: Die Wohnbauhilfe soll ausgeweitet werden. Denn derzeit bekommen laut der Studie nur 19% der Personen mit weniger als 1.350 Euro Einkommen (das entspricht in etwa der Armutsschwelle) Wohnbeihilfe ausbezahlt. In anderen Worten: Nur jeder 5. Armutsgefährdete in OÖ bezieht Wohnbeihilfe.

Zu wenig, findet Stangl. Die Arbeiterkammer fordert, die Einkommensgrenze sowie die maximal förderbare Miete anzuheben. Momentan zahlt das Land Wohnbeihilfe nur dann aus, wenn die Miete unter sieben Euro pro Quadratmeter liegt. Derart günstige Wohnungen sind in Zeiten der Teuerung aber immer schwieriger zu bekommen. Das will die Arbeiterkammer ändern. Für den Ausbau der Wohnbeihilfe solle das Land die finanziellen Mittel von 55 Millionen auf 110 Millionen Euro pro Jahr verdoppeln.

Der Trend geht allerdings in die andere Richtung. 2009 zahlte das Land OÖ noch 83,6 Millionen Euro an Wohnbeihilfe aus. 2021 waren es nur mehr 54,5 Millionen – obwohl die Mieten jedes Jahr steigen.

Wohn-Zufriedenheit steigt mit dem Einkommen

So unzufrieden die Oberösterreicherinnen und Oberösterreicher mit der Wohnpolitik sind, so zufrieden sind sie mit ihrer eigenen Bleibe und ihrer Wohnumgebung. Durchwachsen fällt der Index der Arbeiterkammer in den beiden Kategorien „Leistbarkeit“ und „Lage“ aus. Hier gibt jeweils rund die Hälfte der Befragten an, Probleme zu haben.

Wenig überraschend: Je niedriger das Einkommen, desto schlechter beurteilen die Befragten die Leistbarkeit ihrer Wohnung oder ihres Hauses. Bis zur Armutsschwelle (Einkommen bis 1.350 Euro) geben 57% an, ihre Bleibe sei schlecht leistbar. Bei Einkommen über 3.000 Euro pro Monat tun das nur mehr 12%. Auch in anderen Kategorien sinkt die Zufriedenheit, je geringer der monatliche Verdienst ist.

Arbeiterkammer will Heizkosten & Mieten deckeln

Daher, so AK-Präsident Stangl, müsse es mehr öffentliche Unterstützung für die explodierenden Wohnkosten geben. Neben der Ausweitung der Wohnbeihilfe fordert Stangl einen „Wärmepreisdeckel“ nach burgenländischem Vorbild. Das Burgenland übernimmt einen Teil der Heizkosten, wenn sie einen gewissen Prozentsatz des Netto-Einkommens übersteigen. Einen solchen Preisdeckel fürs Heizen hatte zuletzt auch die SPÖ im oberösterreichischen Landtag beantragt – der Vorschlag scheiterte aber an den Gegenstimmen von ÖVP, FPÖ und NEOS.

Die AK OÖ will nicht nur die Heizkosten, sondern auch die Mieten gesetzlich deckeln. Derzeit ist per Gesetz festgeschrieben, dass gewisse Mietverträge mit dem Verbraucherpreis-Index (also in etwa der Teuerung) mitsteigen. Diese Regelung zu ändern, fiele in den Zuständigkeitsbereich der Bundesregierung. Und auch dafür gibt es ein Vorbild: Die dänische Regierung deckelt Mieterhöhungen bis 2024 mit jährlich maximal vier Prozent – das liegt deutlich unter der Inflationsrate. Erhöhungen darüber hinaus müssen sogar rückgängig gemacht werden (die NeueZeit hat berichtet).

NeueZeit Redaktion

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