Eine Weisung aus dem Justizministerium sorgt für große Aufregung. Ihr zufolge soll Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), gegen den Ermittlungen wegen Falschaussage laufen, nicht von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft einvernommen werden. Damit stellt sich Justizministerin Zadic (Grüne) gegen die unabhängige Justiz, um der ÖVP einen Wunsch zu erfüllen. Eine Anklage gegen Kurz wird dadurch unwahrscheinlicher.
Der vor wenigen Tagen zu Ende gegangene Ibiza-U-Ausschuss hat viele Einblicke in die politische Kultur Österreichs geboten. Besondere Höhepunkte waren die Aussagen von Bundeskanzler Sebastian Kurz und Finanzminister Gernot Blümel (beide ÖVP). Letzter entschlug sich zigfach der Aussage. Das ging sogar so weit, dass sich Blümel nicht mehr erinnern konnte, ob er nun einen Laptop hatte oder nicht. Etwas redseliger war Bundeskanzler Kurz. Seine Behauptung, sich nicht wesentlich in die Bestellung von Thomas Schmid zum Generaldirektor der ÖBAG eingemischt zu haben, wurde jedoch von Chat-Protokollen infrage gestellt. Seither ermittelt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft wegen Falschaussage gegen ihn. Bei einer Verurteilung drohen Kurz bis zu drei Jahre Haft. Seither tut die ÖVP alles, um die Arbeit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, welche die Ermittlungen leitet, zu diskreditieren. Sie spricht von politischer Motivation und bezweifelt die Unabhängigkeit der Justiz. Nicht zuletzt deshalb setzte es Kritik vonseiten der EU.
Am Montag wurde schließlich bekannt, dass die von der ÖVP attackierte Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft die Einvernahme von Kurz nicht durchführen wird. An ihrer Stelle soll ihn ein Richter oder eine Richterin befragen. Diese Vorgehensweise ist natürlich höchst ungewöhnlich. Die Weisung dazu kam direkt aus dem grün geführten Justizministerium. Laut der zuständigen Ministerin Alma Zadic (Grüne) besteht dabei kein politischer Hintergrund. Es ist aber vor allem angesichts der bestehenden Verhältnisse anzunehmen, dass genau das Gegenteil der Fall ist.
Das Justizministerium gab nämlich einem Antrag des Anwalts von Kurz statt, den die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft zuvor abgelehnt hatte. Inwiefern ein Richter, der nicht in die Ermittlungsarbeit eingebunden war, besser als die mit dem Fall befassten Staatsanwälte dazu geeignet ist, eine Befragung durchzuführen, bleibt ein Rätsel. Es ist davon auszugehen, dass Kurz gegenüber einem mit dem Fall unerfahrenen Richter eher in der Lage ist, die gegen ihn erhobenen schweren Vorwürfe zu entkräften. Damit sinken die Chancen auf Anklageerhebung gegen den Bundeskanzler drastisch.
Wenig überraschend ist die ÖVP über die Entscheidung von Zadic erfreut. Die Opposition kritisiert sie hingegen scharf. SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim spricht davon, dass gelebtes Recht gebogen werde und somit der Eindruck einer Zwei-Klassen-Justiz“ bestehe. Die NEOS bezeichnen Zadics Entscheidung als klar rechtswidrig und sehen „einen bedenklichen politischen Kniefall der Justizministerin vor dem türkisen Propaganda-Trommelfeuer“. Eine Reihe von grünen Handlungen in den letzten Monaten erhärten den Verdacht, dass die Entscheidung von Zadic parteipolitisch motiviert war.
Die ehemalige Aufdeckerpartei hat sich seit ihrer Regierungsbeteiligung nämlich regelmäßig vor die ÖVP gestellt. Zu ihrem kritischen Umgang mit Medien und Rechtsstaat schwiegen die Grünen. Im Nationalrat schmetterten sie gemeinsam mit der ÖVP eine Ministeranklage gegen Finanzminister Blümel ab. Dieser wollte dem Ibiza-U-Ausschuss bekanntlich wichtige Akten vorenthalten. Er lieferte sie erst nach Aufforderung durch den Bundespräsidenten. Höhepunkt der grünen Umfaller war die Entscheidung, den Ibiza-U-Ausschuss abzudrehen. Letztlich stellte die ehemalige Aufdeckerpartei die Interessen der Regierungskoalition immer wieder über jene des Staates. Zadics Kniefall vor Kurz ist daher nur der letzte Höhepunkt in einer langen Liste von grünen Umfallern. Auf der Strecke bleibt dabei die Bevölkerung.
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