Erneut wird der Personalmangel in der Gastronomie beklagt. Die Regierung setzt auf Druckmittel und Sanktionen gegenüber Arbeitslosen. Ein Restaurant in der Steiermark schlägt einen anderen Weg ein: Die 4-Tage-Woche soll neues Personal anlocken und bereits angestellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter motivieren.
Es ist ein immer wiederkehrendes Thema: die Personalknappheit in der Gastronomie. Seit einigen Wochen läuft erneut eine Debatte über den Arbeitermangel in Branchen wie dem Tourismus oder der Gastronomie. Als Lösung setzt die Regierung auf eine „konsequentere“ Vermittlung der Arbeitslosen. Man sei während der Corona-Phase zu nachsichtig gewesen, so ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher. Jetzt soll mithilfe von Sanktionen mehr Druck auf Arbeitslose ausgeübt werden.
Auch Mario Pulker, ÖVP-Gastronomieobmann, fordert eine Verschärfung der Zumutbarkeitsbestimmungen für arbeitslos Gemeldete. Ein Job gilt etwa dann als „nicht zumutbar“, wenn der Weg in die Arbeit länger als zwei Stunden pro Tag in Anspruch nimmt. Die ÖVP will das zumutbare Pendeln in die Arbeit verlängern.
Laut Pulker würden manche „einfach nicht mehr diesen großen Willen zeigen, sich wieder eingliedern zu lassen in den normalen Arbeitsalltag“. Trägt also reine Arbeitsunwilligkeit Schuld an der Personalknappheit?
Die türkis-grüne Regierung legt den Fokus auf Arbeitslose – laut AMS waren in den letzten drei Monaten jedoch weniger als 27.000 Menschen in der Branche „Beherbergung und Gastronomie“ arbeitslos gemeldet. Im Jänner 2020 waren es noch rund 34.000.
Gestiegen sind jedoch die Anfragen auf Umschulungen. Laut Arbeiterkammer wechselt jeder Dritte Lehrling den Beruf. Es hätten sich auch viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beruflich neu orientiert. Immer mehr Menschen verlassen die Gastro – gehen aber nicht zwingend in die Arbeitslosigkeit über.
Der Mangel in Gastro und Tourismus ist kein bloßes Symptom der Corona-Krise; er scheint im Wesen der Branche zu liegen. Laut Arbeiterkammer sind die Ursachen unbezahlte Überstunden, Arbeit auf Abruf und geringe Ruhezeiten.
Gerade dieses Problem versuchen immer mehr Betriebe selbstständig zu lösen. Während die Regierung den Druck auf die verbleibenden Jobsuchenden erhöht, schaffen manche Lokale stattdessen bessere Arbeitsbedingungen – so wie das steirische Restaurant „Schicker“ in Kapfenberg.
Franz Friessnegg, der dortige Chef, führt in seinem Betrieb die 4-Tage-Woche ein. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine Arbeitszeitverkürzung, sondern eine Arbeitszeitverdichtung. Wer also Vollzeit arbeitet, steht zehn Stunden pro Tag im Lokal. Dadurch können seine Beschäftigten drei freie Tage in der Woche genießen.
Friessnegg ist es wichtig, den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die Möglichkeit zu einer ausgewogenen Work-Life-Balance zu bieten. Von Forderungen, den Druck auf Arbeitssuchende zu erhöhen, um mehr Leute in die Gastro zu zwingen, hält er nichts.
Auch die Tischlerei „Schneider“ in Murau wirbt mit einer 4-Tage-Woche. Da die Arbeitslosigkeit in der steirischen Gemeinde Neumarkt mit 2,6 Prozent sehr niedrig ist, findet sich nur schwer neues Personal. Daher setzt Johannes Forstner, Inhaber der Tischlerei, auf die verkürzte Arbeitswoche. Wie auch Friessnegg ist er der Überzeugung, dass angenehmere Arbeitszeiten für mehr Personal, bessere Leistungen und mehr Zufriedenheit unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sorgen.
Das Restaurant Schicker und die Tischlerei Schneider zeigen: Bessere Arbeitsbedingungen sorgen für mehr Personal – eine Win-Win Situation für Betrieb und Beschäftigte.
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