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ÖVP attackiert nach Ermittlungen gegen Parteifreunde die Justiz – Kärntens Landeshauptmann Kaiser: „Wehret den Anfängen“

Foto: BKA/Dragan Tatic

Nach Ermittlungen gegen immer mehr Parteifreunde verschärft die ÖVP ihre Angriffe auf die unabhängige Justiz. Dagegen kommt jetzt scharfe Kritik aus Kärnten: Für Landeshauptmann Peter Kaiser ist die türkise Taktik eine „offensichtliche Einschüchterung“. Mittlerweile ist auch die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler für den Rücktritt von Kurz, wenn er angeklagt wird.

Für die ÖVP wird es immer enger: Die Staatsanwaltschaft ermittelt mittlerweile gegen zehn führende türkise Politiker und Vertraute, allen voran gegen Bundeskanzler Sebastian Kurz selbst. Für alle gilt die Unschuldsvermutung.

Die Strategie der ÖVP lautet offensichtlich: Angriff ist die beste Verteidigung. Vom Kanzler abwärts attackieren mehrere Parteigranden den Rechtsstaat. Wegen der türkisen Angriffe auf die unabhängige Justiz kommt jetzt scharfe Kritik aus Kärnten. Für Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) ist die ÖVP-Taktik „mehr als bedenklich“ und eine „offensichtliche Einschüchterung“.

„Ich sehe es als Aufgabe eines liberalen Demokraten, egal welcher politischen Richtung er angehört, dass wir den Anfängen wehren und ganz klar machen, dass dieser Rechtsstaat verteidigt wird“, sagt Kaiser.

ÖVP-Angriffe auf die Justiz nach Ermittlungen gegen Parteifreunde

Die Volkspartei attackiert die Justiz bereits seit mehreren Monaten. Als im Februar bekannt wurde, dass die Staatsanwaltschaft Gernot Blümel offiziell als Beschuldigten führt und eine Hausdurchsuchung beim Finanzminister anordnete, rückte der Kanzler persönlich aus. Kurz warf der ermittelnden Korruptions-Staatsanwaltschaft (WKStA) „Verfehlungen“ vor und ortete „dringenden Änderungsbedarf“ bei der Behörde.

Seitdem reißen die ÖVP-Angriffe auf den Rechtsstaat nicht mehr ab. Erst kürzlich bezeichnete ÖVP-Klubchef August Wöginger die Ermittlungen gegen eine andere Parteifreundin als „politisch motiviert“.

Für Kärntens Landeshauptmann Kaiser führt das zu „Entwicklungen, die in manchen europäischen Mitgliedsstaaten bereits passieren“ – damit spielt er auf unterdrückerische Regime in Osteuropa an. Das sieht auch die Justiz selbst so. Die Präsidentin der österreichischen Richtervereinigung, Sabine Matejka, warnt: „Ich möchte Österreich nicht mit Ungarn und insbesondere nicht mit Polen vergleichen, aber auch dort hat man sich am Anfang wahrscheinlich nichts gedacht und gemeint, es sind nur einzelne Vorfälle.“

Statt den Ablenkungsmanövern der Regierung, sagt Kaiser, „wünsche ich mir, dass Österreich die Trennung in Legislative, Exekutive und Justiz ernst nimmt.“

Gegen diese ÖVPler ermittelt die Staatsanwaltschaft, die ÖVP reagiert mit Angriffen auf die Justiz
Für diese 10 ÖVP-Politiker und Vertraute gilt derzeit die Unschuldsvermutung.

„Fast alle Staatsanwälte der WKStA sind unter ÖVP-Ministern ernannt worden“

Auch die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler hat offenbar genug. In einer Umfrage des renommierten Gallup-Instituts sind 58% der Österreicher für den Rücktritt von Sebastian Kurz, wenn er wegen Falschaussage angeklagt wird. Finanzminister Blümel halten zwei Drittel für sofort rücktrittsreif, weil er ein Urteil des Verfassungsgerichtshofes zunächst nicht eingehalten hatte.

Derzeit läuft ein Ermittlungsverfahren gegen den Kanzler. Ob es zu einer Anklage kommt, steht noch nicht fest, gilt aber als wahrscheinlich. Kurz hatte im Untersuchungs-Ausschuss behauptet, er sei nicht in die Bestellung seines Freundes Thomas Schmid zum ÖBAG-Chef eingebunden gewesen. Die Staatsanwaltschaft vermutet das Gegenteil und sieht in den Chat-Protokollen den Beweis dafür, dass Kurz gelogen hat.

Rechtsexperten können die ÖVP-Kritik an der Justiz nicht nachvollziehen. Offizielle Ermittlungen werden erst dann eingeleitet, wenn ein sogenannter „begründeter Anfangsverdacht“ mit ausreichend Beweisen vorliegt. Das ist bei Kurz der Fall – man könne also nicht von politischen Anklagen sprechen, hier ermittle die unabhängige Justiz von sich aus.

Der türkise Vorwurf, die Staatsanwaltschaft sei parteipolitisch motiviert, hält der Verfassungsjurist Heinz Mayer ohnehin für absurd: „Fast alle Staatsanwälte der WKStA sind unter ÖVP-Ministern ernannt worden“.

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Foto: Pexels/Cedric Fauntleroy

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