Bis zu 38.000 Wohnungen stehen in Graz leer. Trotzdem schreitet die Verbauung der Stadt weiter voran. Das ist vor allem auf die Aktivitäten privater Wohnbaukonzerne zurückzuführen, die Wohnanlagen zu Spekulationszwecken errichten. Als Folge steigen die Mietpreise seit Jahren gewaltig. Eine neue Umfrage zeigt, dass sich 70 Prozent der Grazer Bevölkerung für eine Leerstandsabgabe aussprechen.
Wohnen wird in Graz immer teurer
Mitte Juli sorgte eine Wohnungsstudie in Graz für große Aufregung. Aus ihr ging hervor, dass die Mietpreise in der steirischen Landeshauptstadt innerhalb eines Jahres um gewaltige 20 Prozent gestiegen sind. Mit einen Durchschnittspreis von 9,59 pro Quadratmeter ist Wohnen sogar teurer als in Wien. Grund dafür sind unterschiedliche Ansätze im Wohnbaubereich. Während Wien auf Gemeindewohnungen setzt, wird der Wohnungsmarkt in Graz weitgehend von privaten Investoren dominiert. Alleine 2019 investierten sie 250 Millionen Euro. Als Folge stehen trotz massiver Verbauung bis zu 38.000 Wohnungen leer. Eine genaue Angabe des Leerstandes ist nicht möglich, da die schwarz-blaue Stadtregierung unter Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) seit Jahren eine Erhebung blockiert. In der Zwischenzeit wird munter weitergebaut, was zur Versiegelung der wenigen verbliebenen Grünflächen führt. Welche Auswirkungen das in ökologischer Hinsicht haben kann, zeigten die schweren Überschwemmungen Ende Juli.
70 Prozent der Bevölkerung sind für eine Leerstandsabgabe in Graz
Wie sehr sich die Wohnungskrise in den letzten Jahren zugespitzt hat, zeigt eine neue Umfrage der Kleinen Zeitung. Ganze 70 Prozent der Befragten sprachen sich für die Einführung einer Leerstandsabgabe aus. Diese soll von allen Vermietern, die Wohnungen mehr als 6 Monate leer stehen lassen, bezahlt werden. 42 Prozent gaben an, eine Leerstandsabgabe für „voll gerechtfertigt“ zu halten. Weitere 28 Prozent finden sie „eher gerechtfertigt“. Nur 22 Prozent sprachen sich explizit dagegen aus. Für die Grazer Politik ist das Ergebnis ein Handlungsauftrag. Ein Blick über die Stadtgrenzen zeigt, dass man anderswo bereits weiter ist. Das Land Salzburg ist bereits dabei, eine Leerstandsabgabe zu planen. Sogar der Salzburger ÖVP-Bürgermeister Harald Preuner sprach sich dafür aus.
ÖVP und FPÖ lehnten SPÖ-Antrag für eine Leerstandsabgabe in Graz ab
Im Grazer Gemeinderat kämpft die SPÖ für die Durchführung einer Leerstandserhebung und die Einführung einer Leerstandsabgabe. Ein entsprechender Antrag wurde im Juli eingebracht. Im Zuge der Debatte schlossen sich KPÖ und Grüne dem sozialdemokratischen Vorschlag an. Die schwarz-blaue Rathauskoalition stimmte jedoch dagegen und verhinderte so die Einführung der Leerstandsabgabe. Die neue Umfrage dürfte jetzt jedoch frischen Wind in die Debatte bringen. Der Grazer SPÖ-Chef Michael Ehmann betonte als Reaktion darauf erneut: „Wir sind für die Leerstandserhebung und die Abgabe, fordern aber auch eine Mobilisierungsabgabe für Immobilienentwickler. Die soll fällig werden, wenn Projekte nach einem Jahr nicht zu 70 Prozent verwertet sind.“
Im Kampf gegen die Verbauung will die SPÖ sogar einen Schritt weitergehen. Sie spricht sich für einen Baustopp aus. Kein profitorientiertes Investorenprojekt, das mehr als 8 Wohneinheiten umfasst, soll mehr genehmigt werden. Der Baustopp würde so lange gelten, bis der Stadtentwicklungsausschuss Vorschläge zur Bekämpfung der Verbauung vorlegt. Ein entsprechender Antrag wurde wie die Leerstandserhebung und die Leerstandsabgabe von der schwarz-blauen Rathauskoalition abgelehnt. Vor der Gemeinderatswahl am 26. September findet noch eine Gemeinderatssitzung statt. Mit einer Mehrheit für die Leerstandsabgabe und die anderen sozialdemokratischen Ideen ist nicht zu rechnen. Nach der Gemeinderatswahl könnten neue politische Mehrheitsverhältnisse die Lage jedoch schnell ändern.